Herzlichen Dank an alle, besonders an Marcus, für ihre aufmerksamen Rezensionen und Interpretationen meines Wassergottes. Ich habe mir inzwischen ein sehr kleines und handliches Bohr/Fräsgerät besorgt. Mal sehen, ob sich damit im Detail noch Verbesserungen erreichen lassen.
Der Argumentation, es handele sich hier um einen Flussgott, kann ich absolut folgen. Die ausgeschüttete Amphore steht dann womöglich für eine Quelle, Trauben und Blumen am Kopf für die Fruchtbarkeit der Flusstäler. Ich habe in die Gestaltung dieser Figur jetzt womöglich bereits ebenso viel Arbeit investiert wie in den Zusammenbau des Modells. Aber sie ist so dominant und sie prägt so sehr den (Epochen)Charakter des Schiffes, dass Abstriche hier sehr schwer wiegen würden.
Zu dem Balken am unteren Abschluss des Frontschotts: Stimmt, es gibt an meinem Modell einen, aber er ist ohne Zweifel nicht dominant genug. Ich hatte gewaltige Schwierigkeiten, das Teil einzupassen. Es war an der Oberkante fast 2 mm zu hoch, und unten fehlte der Durchlass für die Pinne. Ich musste so weit gehen, das Teil abzugießen und im halbweichen Zustand anzupassen. Da ist mir nicht alles gelungen, was ich mir vorgenommen hatte. (Anmerkung: Ich vermute, dass die Maßabweichung auf meine Kappe geht, weiß aber bis heute nicht, was ich falsch gemacht habe. Möglicherweise lag es an der Position der von mir zusätzlich angebrachten Auflagen für das Deck.)
Das Modell ist mittlerweile beinahe fertig für den Anstrich. Ich weiß noch nicht genau, welche Farben ich verwenden werde und mit welcher Ölfarben-Technik sie anschließend behandelt werden. Darüber muss ich noch nachdenken. Die Inneneinrichtung, die ich gerade noch einmal überarbeite, muss natürlich in das Farbkonzept einbezogen werden.
Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Ich fange mit dem Positiven an: Ich bin mir sicher, man kann aus diesem Bausatz eines der schönsten Plastikmodelle eines historischen Seglers bauen, die jemals auf den Markt gekommen sind. In diesem für ein Plastikmodell großen Maßstab (1:72) hält es die Konkurrenz mit ähnlich dimensionierten Modellen (Bounty, Mayflower, Golden Hind) locker aus. Deutlich ist zu sehen, dass die Existenz authentischer und detaillierter Pläne für die real existierende Utrecht in die Konstruktion des Modells durchgeschlagen ist. Ich würde mir sehr wünschen, dass aus dieser Produktion, noch andere, ähnliche Modelle entstehen würden. Das wäre nach dem weitgehenden Rückzug der großen Produzenten aus dem Segelschiffsbereich ein großer Fortschritt.
Damit zu dem, was eigenartig, aber nicht unbedingt negativ ist. Das Modell ist, wahrscheinlich kostenbedingt (Haltbarkeit der Form), aus einem eher weichen Kunststoff gegossen. Der lässt sich einerseits ganz gut gravieren, aber es ist sehr schwierig, die bei der Gravur „aufgeworfenen“ Plastikreste zu entfernen. Das gilt auch für Schleiferarbeiten aller Art. Besser man freundet sich mit der Material an, indem man vorher einmal an Gussästen das Schleifen und Sägen übt.
Und damit zum eher Negativen. Ich denke, dem Modell ist abzuspüren, dass es quasi ohne Umweg aus dem Computer in den Formenbau gegangen ist. Den Konstrukteuren mangelt es meines Erachtens an manchen Stellen an Erfahrung mit dem Zusammenbau und der Statik solcher Modelle. So wäre es zum Beispiel ein Leichtes gewesen, eine Auflage für das Deck zu konstruieren, die weniger heikel ist als die vorhandene. Auch am Heck, am Dach des Aufbaus und an anderen Stellen hätte es Hilfskonstruktionen und Anschlagleisten brauchen können. Manchmal ist daher beim Zusammenbau Improvisation angesagt, und die kann nur auf der Basis einer gewissen Erfahrung gut gelingen. Das Modell ist definitiv nichts für Anfänger!
Die Detaillierung der Ornamente, insbesondere die Gestaltung der Heckfigur, hätte ich mir ambitionierter gewünscht. Mir scheint, dass immer da, wo die Übertragung der Pläne in das Computerprogramm schwierig gewesen ist, die Qualität des Ergebnisses etwas gelitten hat. Das gilt unter anderem auch für die (Nicht)Existenz von Dübeln und Bolzen. Die gesamte Oberfläche ist absolut glatt. Das ist allerdings besser als eine aufliegende, unmaßstäbliche Maserung, erspart deren Abschleifen und gibt dem Modellbauer alle Möglichkeiten der Gestaltung.
Abschließend zum Preis: Der ist nicht niedrig. Aber wenn die Neuauflagen 50 und mehr Jahre alter Heller Modelle vom Hersteller für 60, 70 oder 80 € angeboten werden, akzeptiere ich einen Preis von über 100 € für diese Neukonstruktion.
Ein Update zu dieser Einschätzung wird erfolgen, wenn der Bau weiter fortgeschritten ist.
Schmidt