Wer sich, wie ich, für die Schiffe des 17. Jahrhunderts interessiert, kommt eigentlich, so weit es Plastikbausätze angeht, nicht an der Wappen von Hamburg vorbei. (Zum Vorbild muss ich wohl nicht viel sagen.) Das Modell wurde um 1965 von der Firma Lindberg entwickelt und später von Revell übernommen. Vorlage für die Konstrukteure waren die Pläne der Rekonstruktionen, die seit den 1930er Jahren von deutschen Schifffahrtshistorikern entworfen und publiziert wurden. Wie das Original genau aussah, weiß kein Mensch. Aber es wurde von einem holländischen Schiffbaumeister gebaut und wird den Holländern dieser Größe und dieser Epoche zum Verwechseln ähnlich gesehen haben.
Von einem Bau haben mich bislang verschiedene Bauberichte abgehalten, auch der von unserem Modellbaukollegen Dirk (Diwo), der über eine lange Liste von Unzulänglichkeiten des Bausatzes berichtet. Da soll, schlicht formuliert, einfach gar nichts zusammenpassen.
Plastik: Wappen von Hamburg 1/133 Revell
Ich selbst habe das Modell vor fünfzig Jahren als Junge gebaut. Ich erinnere mich nicht an besondere bauliche Probleme, aber das wird daran liegen, dass es mir damals bei JEDEM Modell schwergefallen ist, Rumpf, Decks und Heck einigermaßen sauber zusammen zu bekommen. Ich erinnere mich allerdings an die schönen vorgeformten Wanten, die sich viel einfacher montieren ließen als die schlabbrigen Netze von Airfix und Revell.
Nun, da die Ludwigs nach ihren umfangreichen Schönheitsoperationen in die eher langweilige Abteilung „Takeln nach Vorschrift“ überstellt werden, habe ich mir die WvH einmal genauer angesehen.
Ganz schlecht ist das ja nicht. Die Anmutung eines holländischen Zweideckers ist ganz gut getroffen, um Welten besser als zum Beispiel bei der Gouda aus dem Hause Pyro, die später auch von Revell übernommen wurde. Aber was sollen bitte die außen liegenden Rahmen um die Stückpforten? Hat da vielleicht jemand den Plan missverstanden? Warum werden die Barkhölzer permanent von den Stückpforten angeknabbert, auch wenn das gar nicht nötig wäre? Und warum ziehen sich insbesondere im Bugbereich die Linien wieder zusammen? Das alles ist doch sehr störend. Die Formgebung der holländischen Schiffe besticht doch gerade durch die Schlichtheit und den biederen Schwung ihrer Linien. So kann ich das nicht bauen!
Also habe ich MS und Polystyrol zur Hand genommen und versucht, damit die angefressen Barghölzer wieder zu heilen. Ich zeige zwei vorher/nachher-Bilder vom Bugbereich, wo ich überdies versucht habe, den Schwung des obersten Bargholzes und die Struktur der Ankerscheuer zu überarbeiten.
Aber nein! Ein Baubericht ist das noch nicht. Erst muss ein Farbüberzug zeigen, ob sich die Anmutung des Rumpfes tatsächlich mit diesen Mitteln zur Genüge verbessern lässt.
Und es gibt weitere Probleme, zum Beispiel den Heckspiegel.
Auf den ersten Blick ist alles vorhanden, was einen zünftigen holländischen Heckspiegel ausmacht: die Fensterreihe, unterbrochen von einer jugendlichen FKK-Schalmaienkapelle, die seitlichen Ausbuchtungen, an denen die Seitengalerien enden, der Bereich für das Wappen, das von den üblichen steigenden Löwen gehalten wird, und im oberen Bereich erkennt man sogar die Rudimente des obligatorischen Vorhangs. Aber wie schlicht, oder sagen wir es deutlich: wie ärmlich. Und wie lieblos ist das alles arrangiert: ganz ohne Schwung. Ein Bild des legendären Hohenzollernmodells, das im Krieg verloren gegangen ist und seit einigen Jahren rekonstruiert wird, zeigt, wie ein Holländer von seiner Schmuckseite betrachtet tatsächlich aussieht. Da hat alles Fülle, und vor allem Schwung!
Es gibt also viel zu tun. Werde ich es anpacken? Je ne sais pas. Time will tell.
Schmidt