Hallo, liebe Mitbastler,
nachdem ich
hier den Baubericht meiner Interpretation der Mikojan-Gurewitsch E-152-1 vorgestellt habe, möchte ich noch ein paar Fotos für die Galerie zeigen und ein paar Infos zum Drumherum geben.
Was hat mich an dem Modell gereizt?
Nun, es war ein kompromisslos auf Leistung, sprich Geschwindigkeit, getrimmter Entwurf, ähnlich dem etwas älteren und kleineren Lockheed F-104 „Starfighter“. Natürlich hinkt der direkte Vergleich etwas, die E-152 war ein schwerer Abfangjäger, die F-104, zumindest bei den späteren Versionen, eher ein Jabo.
(Die F-104C habe ich vor vielen vielen Jahren mal gebaut)
Trotzdem ist es vielleicht interessant, ein paar technische Daten gegenüberzustellen:
Bevor ich mehr Fotos zeige, entführe ich Euch noch kurz in die Geschichte, um das Ganze besser einordnen zu können. Da müsst Ihr jetzt durch.
Kleiner Historischer Abriss
Mitte der 1950er Jahre war die Jagd nach Geschwindigkeits-Weltrekorden ein Zweikampf zwischen den Amerikanern und Briten geworden. Aber auch Mikojan wusste, dass er potente Flugzeuge bauen konnte und setzte sich für die Erlaubnis ein, in das Geschehen eingreifen zu dürfen. Ohne Prestige ging es eben auch in der damaligen Sowjetunion nicht. Dafür wurde zunächst die E-6/3 „E-66“ vorbereitet, ein Prototyp der bekannten MiG-21F, die immerhin schnell genug war, den bestehenden Geschwindigkeitsrekord der Lockheed 183 YF-104A „Starfighter“ (Speedy) zu überbieten. Doch lange hielt die Bestmarke nicht, die amerikanischen Muster Convair 8-24 F-106A „Delta Dart“ und McDonnell XF4H-1 „Phantom II“ (Skyburner) waren schneller.
Geschwindigkeitsweltrekorde über Mach 1
Just zu dieser Zeit entwickelte das OKB Tumanski mit dem
R-15 ein Einwellen-Einstrom-Hochleistungstriebwerk, das auf Höhenleistung optimiert war. Primär als Antrieb für die Marschflugkörper Tu-121 und Tu-123 vorgesehen, war die Auslegung auf eine Lebensdauer von 50 Stunden (freundlich umschrieben als Verschleißtriebwerk, etwas direkter als „Wegwerftriebwerk“) keine wesentliche Einschränkung. Allerdings erwuchs bald auch der Wunsch, einen überragenden schweren Abfangjäger mit einem weiterentwickelten R-15 auszurüsten. Das OKB Tumanski erhielt einen entsprechenden Auftrag und die OKBs von Suchoi und MiG parallel Aufträge, passende Flugzeuge zu entwickeln. Suchoi leitete aus der T-3 die T-37 ab, die Titan- und andere „exotische“ Legierungen erhalten sollte. Sie wurde zwar gebaut, aber offenbar nie im Flug erprobt. Bei MiG entstand der Entwurf E-150, der der T-37 sehr ähnlich sah. Beide Muster hatten eine ähnliche Grundauslegung, einen ähnlichen Einlaufkegel am Bug ("Oswatitsch-dreifach-Stoßdiffusor") und am Heck einen sogenannten Schubverstärker, eine nachgeschaltete Lavaldüse, die den Schub des R-15 ab Mach 2,5 fast verdoppelte. Im Unterschied zu Suchoi setzte man beim MiG-Entwurf weitgehend Edelstahl ein. Da sich das Triebwerk als äußerst zickig herausstellte und länger als gedacht bis zur Einsatzreife brauchte – die E-150 wurde bereits im Dezember 1958 fertiggestellt, flog aber erst im Juli 1960 zum ersten Mal – , entschloss man sich, die E-150 zur E-152 weiterzuentwickeln und die Variante E-152A mit zwei R-11F-300, den Triebwerken der MiG-21, im verbreiterten Heck auszurüsten. Eine Besonderheit aller E-152 war, dass der Stoßwellendiffusor fest und der Einlassring verschiebbar war, um die Luftzufuhr zum Triebwerk zu regeln. Im Juni 1959 fertiggestellt, konnte die E-152A schließlich am 10.07.1959 zum Erstflug starten. Und das Muster war tatsächlich schnell: 2500 km/h in 20.000 m Höhe.
Doch Mikojan hatte noch ein weiteres As im Ärmel: die E-152-1 - mit dem neuen Supertriebwerk R-15F-300. Ihr Potenzial war enorm: selbst mit 2 K-9-Raketenattrappen (NATO-Code AA 3 „Anab“) an den Flügelspitzen betrug die Spitzengeschwindigkeit in 16,2 km Höhe 2650 km/h, in „sauberem“ Zustand, inoffiziell erzielt am 07.06.1962, sogar 3030 km/h in 15,4 km Höhe. Und es gelangen auch die ersehnten offiziellen Rekorde:
- 07.10.1961: Weltrekord auf geschlossener 100 km-Strecke (2401 km/h, Spitze 2730 km/h, Pilot: Alexander Fedotow)
- 07.07.1962: Weltrekord auf gerader 15/25 km-Strecke (2681 km/h, Pilot: Georgi Mossolow)
- 11.09.1962: Weltrekord Horizontalflug (22.670 m, Pilot: Pjotr Ostapenko)
Aber damit war die Geschichte keinesfalls zu Ende. Der zweite Prototyp E-152-2, mit der man neue Waffensysteme testen wollte, wurde ab dem 21.09.1961 eingeflogen. Die Erprobung wurde aber bereits im Juli 1962, nach dem 16. Flug, wegen andauernder Triebwerksschwierigkeiten aufgegeben und das Flugzeug umgebaut: ein weitreichendes Radar im Stoßwellendiffusor, größere Kraftstofftanks, einen dickeren Rückenwulst, seitlich am Bug Halterungen für Canards, wahlweise Tragflächenverlängerungen oder Startschienen für Raketen und das verbesserte und zuverlässigere R-15B-300-Triebwerk. Das Muster erhielt die Bezeichnung E-152P und später E-152M. Mit einem attraktiven weiß-bauen Anstrich und dem Bugkennzeichen „E-166“, gefolgt von drei Sternen und Nennung der drei Weltrekorde, wurde es 1967 bei der Luftparade in Domodedjowo als Rekordflugzeug E-166 vorgestellt (die FAI-Listen weisen als Rekordflugzeugtyp eine E-166 (modifizierte Ye-152) mit dem fiktiven Triebwerk TRD P-166 bzw. Tumanski R-11 aus) und steht auch heute noch im Luftwaffenmuseum Monino – aber es ist wohl in Wirklichkeit nur die „Schwester“ des eigentlichen Rekordlers…
Anhaltende Probleme mit dem Antrieb führten schließlich zur Einstellung des Programms, wobei die Erfahrungen in die Entwicklung der E-155, der späteren erfolgreichen MiG-25 (mit je 2 abermals weiterentwickelten R-15B(D)-300), einflossen und die Pläne der E-152M nach China verkauft wurden und dort zur Shenyang J-8 führten.
Für die, die sich noch mehr in die Thematik vertiefen wollen:
[1] Ferdinand C. W. Käsmann, Weltrekordflugzeuge, Band 2: Die schnellsten Jets der Welt, 2., durchgesehene Auflage / Sonderausgabe in einem Band, AVIATIC VERLAG GmbH, Oberhaching, 1999, S. 91 ff und S. 100 ff
[2]
http://testpilot.ru/en/rossiya-e/mikoyan/e150/#pll_switcher
[3] Mikojan E-150/E-152, Triebwerk mit Pilotensitz, Klassiker der Luftfahrt, 01/2014, S. 50 ff
[4]
https://de.wikipedia.org/wiki/Mikojan-Gurewitsch_Je-152
[5]
https://www.thisdayinaviation.com/tag/mi…evich-ye-152-1/
[6]
http://testpilot.ru/en/rossiya-e/mikoyan/e152/
[7]
https://testpilot.ru/russia/sukhoi/t/37/t37_e.htm
[8]
https://de.wikipedia.org/wiki/Lockheed_F-104
[9]
https://en.wikipedia.org/wiki/Lockheed_F-104_Starfighter
[10]
http://www.fliegerweb.com/de/lexicon/Ges…Starfighter-687
So, geschafft. Für alle, die bis hier durchgehalten haben (oder wissen, wo das Scrollrad auf der Maus ist), kommen jetzt noch ein paar Fotos. Ohne Text, versprochen. Dafür mit Nachbrenner...
Mit Rauch...
... und ohne Rauch als Vergleich