Bevor es hier so richtig losgeht kletter ich wieder Mal in die Galerie ... da ist noch ein Plätzchen frei.
Mann ... hier oben steht doch tatsächlich noch ein alter Projektor rum ! Als die Bilder laufen lernten ...
Ich frickel gerade ein paar Zelluloidrollen zusammen ...
Darf ich euch in im Zusammenhang mit diesem Baubericht ein wenig in die Mitte des 19. Jahrhunderts mitnehmen ?
Jules Verne strickte aus den damals bereits vorhandenen Techniken eine Zukunfsvision, die ihrer Zeit , nun ... sagen wir mal , wenigstens ein paar Jahre voraus war.
Laßt es mich so ausdrücken ... die Zeit war einfach reif dafür ...
Aber wieso sage ich nicht weit mehr Jahre als nur ein paar Jahre?
Nun ganz einfach ... weil die technische Wirklichkeit des 19. Jahrhunderts schon ein sehr überraschendes Stück weiter war als wir das aus heutiger Sicht einschätzen.
( Klar das Ding mit dem Nuklear- oder Fusionsreaktor der Nautilus ist noch eine ganz andere Nummer .. )
Sternzeit ... tja ... wir befinden uns im Jahr 1869 ... es erscheint Julus Vernes Roman 20.000 Meilen unter dem Meer, dem dieser Baubericht zugrunde liegt.
Wie beschreibt Jules Vernes dieses U-Boot ? Glatte Oberfläche, kleiner Turm, großer Heckpropeller, Elektroantrieb ...
Nun ... zäumen wir diese Geschichte doch ein wenig von hinten auf:
Bereits 1798, also 70 Jahre vor Verne, wurde ein Nautilus genanntes U-Boot von Robert Fulton konzipiert ! Auch schon ganz nett.
Kennt ihr Peral ?
Peral war ein genialer spanischer Ingenieur. Bereits 1889, Jahrzehnte vor dem ersten Weltkrieg und noch viel weiter vor den, technisch für die bis heute wegweisenden, U-Booten des WK II baute er nur wenige Jahre nach Vernes Roman ein U-Boot mit Elektroantrieb, Heckpropeller,und erfolgreicher Fähigkeit zum Torpedoabschuß ... im Jahr 1889 ! Bemerkenswert ...
Beachtet den Mini-Turm
Genau wie auch heutige auf Batterien oder Akkus basierende Technologien bei Dauerhaftigkeit und Reichweite hoffnungslos versagen ging es ihm schon damals ... ihm ging schlicht und einfach die Energie seiner Akkus zu früh aus. Im Grunde hatte man das erst im WK II so richtig in den Griff bekommen.
Auch die Steuerung war klar verbesserungswürdig ... aber kann man das einem der ersten Projekte dieser Art wirklich verübeln ? Wohl kaum ... woher hätte er das auch wissen sollen ? Es wurde nicht weiterentwickelt, geriet in Vergessenheit ...
Dieses frühe moderne U-Boot existiert nach 140 Jahren noch immer und ist heutzutage im spanischen Cartagena frei zu besichtigen.
Nehmen wir eine weitere bis heute existierende Technologie ... den Elektromotor ... so wie er in der Nautilus zum Einsatz kommt.
Erfunden wurde er bereits vor fast 200 Jahren !
Bereits im Mitte der 1830er Jahre ging es los ... zu Ende der 1830er Jahre waren die E-Motoren bereits serienreif ... und schon in den 1860ern begannen E-Motoren vielerorts die Dampfmaschinen zu ersetzen ... noch bis heute sind einige E-Lok-Oldtimer aus dem späten 19. Jahrhundert noch immer funktionsfähig bzw im musealen Einsatz.
Erinnern wir uns an dieser Stelle, daß Vernes Roman von 1869 ist.
Er verwendete zu diesem Zeitpunkt also eine bereits seit drei Jahrzehnten gut eingeführte Technologie ..
Laßt mich einen weiteren Sprung in die Vergangenheit machen ... zu den Steamern Winans .
Die Winans waren ausgesprochen erfolgreiche Unternehmer, die sich im Boom des Lokomitiv- und Eisenbahnbaus ein riesiges Vermögen erarbeitet hatten.
Dann versuchten sie sich mit ebenfalls fast schon radikal visionären Konzepten im Schiffsbau ... genug Geld für die Entwicklung Ihrer Traumschiffe hatten sie ja.
Wie später auch der schon oben beschriebene Peral hatten auch sie das Problem die ersten Pioniere ihrer Art zu sein.
Für Form und Steuerung hätten sie dringend eine Technologie des 20. Jahrhunderts gebraucht.
Aber wenigstens haben sie es versucht ... so geht Forschung und Technik.
So weit so gut ... aber wie sah das denn nun aus was da so besonders war ?
Das tolle ist an diesem Punkt, daß wir von der damalig neuen Photographie profitieren und dazu auch noch einige ausgezeichnete Stiche vorhanden sind. Eine nicht sehr umfangreiche aber eindrucksvolle Dokumentation einer noch heute modern anmutenden Technologie.
Winans Steamer hatten einen beidseits spitz zulaufenden zigarrenförmigen Grundkörper, der die Form späterer U-Boote direkt vorauszunehmen scheint.
Diese Schiffe waren aber keine U-Boote sondern ausschließlich für den Betrieb an der Oberfläche gebaut ... in der irrigen Hoffnung dadurch die Bewegung durch den Wellengang minimieren zu können.
Der Antrieb erfolgte mit modernsten Dampfmaschinen auf ... und jetzt kommt's ... eine mittig um den kompletten Rumpf herum verlaufende "Schraube" ... vielleicht eher "Turbinenschaufel" ... ( mag man fast als Gegenstück zum Impeller als "Expeller" bezeichnen ? )
Radiale Schaufeln ... in gewisser Weise revolutionär ... und als nagelneue Technik dieser Art, wenigstens in dieser Größe, hatte das System natürlich jede Menge Kinderkrankheiten ... wurde, wie wir heute anhand der heute existierenden Schiffen wissen, nicht weiterentwickelt.
https://www.vernianera.com/CigarBoats.html
Die Schiffe Wynans hatten damals großes Publikumsinteresse beim Stapellauf und auch in der damaligen Presse.
Es gab so einige Probefahrten ... das Schiff lag weit nicht so ruhig im Wasser wie man sich das erträumt hatte.
Spätere Schiffe hatten dann bei noch immer vorhandener Zigarrenform dann bereits große Propeller an Bug und Heck.
Ohne die Dampfmaschinen möchte man an dieser Stelle fast schon die Grundform eines modernen U-Boots erkennen.
https://www.vernianera.com/Winans/RossWinans.html
Ach so ... da war doch noch etwas ... wir befinden uns hier in den Jahren 1858 bis 1861 ... also grob ein ganzes Jahrzehnt vor Erscheinen von Jules Vernes Roman !
Es ist davon auszugehen, daß dem technisch versierten Verne diese Schiffe und Technologie bekannt waren.
Können wir es uns also erlauben diese , meines Erachtens bis heute faszinierende, glatte schlanke Form des Steamers, verbunden mit der damals schon erfolgreichen Technologie als Basis der noch sehr viel weiter gehenden Phantasie Jules Vernes zu sehen ?
Ich meine ja ... um nochmals den Bogen zur Einleitung zu schlagen ... ja, die Zeit war einfach reif dafür !
Ist eine bereits damals schon glatte, stromlinienförmige Technologie, so wie Verne die Nautilus beschreibt, deswegen langweilig ?
Kommt schon, die Dinger sehen einfach geil aus, oder ?
Das war damals das Modernste des Modernen ... State of the Art ... High Tech ... so wie heute Prototypen ( wenn auch diese Schiffe nicht sonderlich erfolgreich waren )
Muß es deswegen eine fast schon opulent ausgeschmückte Steampunktechnologie a la Disney sein ?
Keineswegs ... vor 150 Jahren war die wirklich existierende Technologie und Oberflächentechnik schon wesentlich weiter als es uns eine rückschauend verklärte rosa Vergangenheitsbrille des eingehenden 21. Jahrhunderts gerne glauben machen möchte.
Eine faszinierende Zeit dieses 19. Jahrhundert ... mal aus anderer Perspektive betrachtet ... voller Science ... aber auch Fiction ... in der manche Träume Wirklichkeit wurden.
Hau rein Ray ... was auch immer Du machst ...das Holz muß glühen !