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Samstag, 8. Februar 2020, 20:41

Mercury Atlas - Friendship 7 LV von New Ware in 1/144



Liebe Modellbaukollegen und Raumfahrtfreunde,

nachdem ich den Bausatz der Mercury Atlas - Friendship 7 LV von New Ware schon vorgestellt habe, möchte ich Euch auch mein Ergebnis mal zeigen. Doch zunächst etwas Geschichte.

Die „Atlas“ war in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes. Sie war die erste amerikanische Interkontinentalrakete und insofern nicht nur das Gegenstück zur sowjetischen „R-7“, der berühmten „Semjorka“, sondern sie brachte auch den ersten Amerikaner, John Herschel Glenn Jr., mit seinem Raumschiff vom Typ „Mercury“ mit dem Individualnamen „Friendship 7“ in eine Erdumlaufbahn. Sie war 1½ – stufig aufgebaut, d.h. zum Start wurden alle 3 Triebwerke gezündet und nach 135 sek die äußeren beiden, „Booster“ genannt, mit einem Teil der unteren Raketenverkleidung abgeworfen, während das mittlere Triebwerk, „Sustainer“ genannt, bis zum Erreichen des Orbits weiterlief. Die Treibstofftanks hatten keine eigene Hülle, die Tankhülle bildete gleichzeitig den Raketenkörper. Das Blech dieser Hülle war so dünn, dass die Rakete nur mit unter Druck gesetzten Tanks aufgerichtet werden konnte, ansonsten wäre sie wie ein ganz wenig aufgepumpter Luftballon zusammengeknickt (was tatsächlich auch während eines frühen Testfluges mal passiert ist, trotz Druck im Tank). Aber so erreichte man, dass die leere Rakete, die ja auch in den Orbit gelangte, eine Masse von lediglich 2,3 t /1/ aufwies. Interessant ist auch, dass die „Atlas“, genau wie die „R-7“, als Interkontinentalrakete nur eine sehr kurze Einsatzzeit hatte, beide wurden schließlich mit nicht lagerfähigem Oxidator (flüssigem Sauerstoff) betrieben, aber sie haben exzellente und über Jahrzehnte eingesetzte Trägerraketenfamilien begründet.


Links „Atlas Mercury“, rechts „R-7 ‚Wostok‘“, jeweils in 1/144

Hier ein Vergleich der wichtigsten Daten beider Raketen, jeweils in der Konfiguration zum Start des ersten Kosmo- bzw. Astronauten:


Daten nach /1,/2/,/3/

Doch nun zum Modell. Zum Bau gibt es nicht viel zu sagen, die paar Teile sind schnell zusammengefügt. Da das Modell auf Grund des nach unten herausragenden Abgasrohres der Triebwerksturbinen nicht auf den Düsen stehen kann, musste ich mir zum Aufstellen etwas überlegen. Ich habe mich entschieden, 3 Löcher zentrisch in die Triebwerksböden zu bohren



und dort zurechtgesägte Kanülenstücken einzukleben. In die Kanülen ragen dann 3 Edelstahldrähte, die ihrerseits in der Base befestigt sind. Damit man nicht aus Versehen mit den Spitzen der Stahldrähte mit der Zeit das Resin am inneren Kanülenende kaputt macht, habe ich die Kanülen mit kleinen Stahlkugeln aus Kugelschreiberminen verschlossen:





Diese Enden kommen selbstverständlich in den Raketenkörper. Eingesetzt sieht das dann so aus:



Die Base besteht aus einem 4mm dicken quadratischen Stück Plexiglas, in das ich, passend zu den Kanülenabständen im Raketenboden, 3 Edelstahldrähte eingeklebt habe.



Dieses Stück Plexiglas lässt sich in eine größere Base einsetzen, in die ich 3 LEDs eingebaut habe, die als Effektlicht von unten in die Triebwerke leuchten:



Da vom eigentlichen Bau nach Plan, einschließlich dem Ersatz der Spitze des Launch Escape Towers durch eine Stecknadel, nicht viel zu tun und zu berichten ist, habe ich mir gedacht, probier mal was bei der Lackierung und nimm nicht die geliebten Revell Aquas. Ich habe mich für Xtreme Metal von AK Interactive und Molotow Liquid Chrome entschieden. Meine Erfahrungen dazu in Kürze:

Xtreme Metal lässt sich sehr gut verarbeiten und verklebt die Airbrush bei weitem nicht so schnell wie Revell Aquas, mit denen ich mich bei längeren Lackierungen z. T. millimeterweise vorquälen muss. Die Reinigung ist mit der entsprechenden Verdünnung von AK schnell und problemlos möglich, ebenso ein Entlacken, wenn man mit dem Lackierergebnis mal nicht zufrieden sein sollte. Auch kleinere Lackreparaturen gehen problemlos und sind, wenn man es vorsichtig macht, hinterher nicht zu sehen. Ganz im Gegensatz zu den Revell Aquas. Die Beständigkeit gegenüber Abklebebändern ist für ein Metalliclack ordentlich, wobei im Werbevideo schon kurz nach dem Auftragen mit Tamiyaband gearbeitet wird, ohne dass die Lackoberfläche leidet, aber selbst mit Sensitivband habe ich die Erfahrung gemacht, dass da immer ein paar Partikel kleben bleiben und man das der Lackoberfläche ansieht. Aber es ist auch nicht so, dass man die gesamte Lackschicht abzieht. Polieren geht nicht wirklich, obwohl der Hersteller das behauptet, man reibt selbst mit weichesten Tüchern in kürzester Zeit die (angenehm dünne) Lackschicht weg. Versiegeln, auch von Decals, geht mit „Intermediate Gauzy Agent“, ebenfalls von AK. Der Spiegelgrad ist insgesamt, ob mit oder ohne Gauzy, eher mäßig.


AK bietet viele Farbtöne in der Reihe Xtreme Metal an, ich habe mich ein wenig ausgetobt mit „White Alu“, „Duralumin“, „Steel“, „Exhaust“, „Burnt Metal“...

Molotow Liquid Chrome ist ein alkoholbasierter Lack und erzeugt einen echten Spiegelglanzeffekt:



Allerdings braucht man eine gewisse Schichtdicke, und selbst nach einer Woche Trocknungszeit auf einem Heizkörper in der Winterzeit bleibt die Oberfläche empfindlich. Also nicht anfassen! Selbst mit weichen Pinseln hinterlässt man Kratzspuren – nach dem Trocknen wohlgemerkt! So ziemlich alle Lösungsmittel, die ich da habe, greifen die Oberfläche an (Revell Aqua Color Mix, Revell Color Mix, Terpentinersatz, Feuerzeugbenzin), d.h. machen sie stumpf oder lösen den Lack sogar an. Alkohol (Spiritus oder Isopropanol) und Aceton habe ich gar nicht erst getestet. Versiegeln ist daher nur sehr schwer möglich, einzig das „Intermediate Gauzy Agent“ ging einigermaßen. Aber es hält kaum; selbst mit Sensitiv-Klebeband kann man es wieder abziehen. Aber bevor ich gar nichts mache, habe ich es genommen (also aufgetragen, meinte ich :D ). Die Oberfläche wird nur leicht matter. Reinigen von Werkzeugen geht mit einfachem Spiritus. Unterm Strich war die Freude erst groß über den Spiegeleffekt, aber man muss sich genau überlegen, wann und wo man dieses Liquid Chrome im Modellbau einsetzen will, der Glanz ist sehr vergänglich.

Um die Eisschicht, die sich um den tiefkalten Sauerstofftank oft gebildet hat, zu imitieren, habe ich ein "kaltes" weiß (Aqua Color 301 + einen halben Tropfen Lufthansablau + viel Mattlack) aufgetragen. Es sollte nur ein Hauch bläulich sein und nicht ganz decken.

So, und nun noch ein paar Stimmungsbilder. Ich hoffe, ich habe Euren Geschmack getroffen.











/1/ Eugen Reichl: „Das Raketentypenbuch“, Motorbuchverlag 2007
/2/ Bernd Leitenberger: „Raketenlexikon“, Band 1: „US Trägerraketen“, Edition Raumfahrt, Books on Demand GmbH, 2009
/3/ Bernd Leitenberger: „Raketenlexikon“, Band 2: „Internationale Trägerraketen“, Edition Raumfahrt, Books on Demand GmbH, 2009
Liebe Grüße von nochsonBastler.

"Das erinnert mich an den Mann, der sich splitternackt auszog und in einen Kaktus sprang."
"Warum hat er das getan?"
"Er hielt das damals für eine blendende Idee!"

("Die glorreichen Sieben", Mirisch/Alpha, 1960)

2

Sonntag, 9. Februar 2020, 11:23

Super schönes Modell, wollte ich auch schön immer mal bauen (besonders nachdem ich sie im Raketengarten bewundert habe)! Leider nicht ganz günstig. Das Chrom gefällt mir sehr gut!

Auch die Startsequenz ist klasse dargestellt.
Schöne Grüße,
Simon

3

Sonntag, 9. Februar 2020, 16:07

Tolles Modell!
Weiß bestens zu gefallen. :ok:

"Alles, was ein Mensch sich heute vorstellen kann, werden andere Menschen einst verwirklichen." - Jules Verne


Eine großartige Modellbauzeit wünscht
Ray

4

Sonntag, 9. Februar 2020, 18:30

klasse! gefällt mir sehr gut!

5

Sonntag, 16. Februar 2020, 12:18

Hallo, Simon, Ray und weyoun,

dankeschön, Freut mich sehr! :rot:
Liebe Grüße von nochsonBastler.

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Beiträge: 1 817

Realname: Mike

Wohnort: Zwischen WÜ und TBB

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6

Sonntag, 16. Februar 2020, 20:58

Hi Dirk!

Den kleinen Resinklotz hast du handwerklich super gebaut.
Mit den LEDs macht das sehr viel her und wirkt wie ein lebendiges Szenario.
Auch bin ich überrascht, wieviele Details an der kleinen Rakete vorhanden sind.

Danke fürs zeigen!!! Die schönen Bilder und die ganzen Infos+Vergleich+Bauschritte lassen (zumindest bei mir) keine Fragen offen.
In diesem Sinne... 42!

Beiträge: 9 952

Realname: Bernd

Wohnort: Wetter/Hessen

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7

Montag, 17. Februar 2020, 08:12

Moin Dirk,

Da hast du ein wunderschönes Stück Weltraumgeschichte gebaut, echt klasse und gefällt mir super gut. :thumbsup:


LG Bernd
Leben beginnt dort, wo die Zeit egal ist! :wink:

Was es sonst noch von mir gibt, findet ihr << Hier >>

8

Sonntag, 23. Februar 2020, 20:02

Hallo Mike, hallo Bernd,

auch Euch vielen Dank für Euer Interesse! :wink:
Liebe Grüße von nochsonBastler.

"Das erinnert mich an den Mann, der sich splitternackt auszog und in einen Kaktus sprang."
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