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Mittwoch, 14. März 2018, 10:22

Saint Louis (Airfix)

Als kleine Erholung von dem Augenpulver der holländischen schwarzen Perle möchte ich mich ein bisschen mit einem der Airfix-Klassiker beschäftigen. In einer Bausatzvorstellung der Saint Louis haben Dirk und Markus schon einiges über den Bausatz und seine Geschichte zusammengetragen. Ich möchte daher nur folgendes sagen: Es scheint ein bisschen merkwürdig, dass ein Schiff des 17. Jahrhunderts, zu dem es eigentlich herzlich wenig historisches Material gibt, es tatsächlich zu drei verschiedenen Bausätzen gebracht hat. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Saint Louis so etwas wie das französische Pendant zur schwedischen Vasa und zur englischen Sovereign of the Seas ist. Tatsächlich ist die Verwandtschaft zur Vasa ausgesprochen deutlich und sogar historisch verbürgt; es scheint, dass der holländische Schiffsbauer, der für die schwedische Krone arbeitete, den Bau des französischen Schiffes auf einer holländischen Werft beobachtet und von dort Anregungen für seine letztlich fatale Konstruktion mitgenommen hat.
Die folgenden drei Abbildungen, zwei Kupferstiche und ein Gemälde, gelten als Beleg für die Existenz der Saint Louis als einer Art Typschiff für eine französische Flotte, die anfangs der 1620er Jahre neu aufgestellt werden sollte.







Zur Bausatzgeschichte werde ich später und vielleicht an anderer Stelle noch mehr sagen. Hier nur so viel: Der Airfix-Bausatz von 1973 ist der letzte in der Reihe und nach denen von Lindberg und Heller sicherlich der beste, da er sich an dem zuvor konstruierten Bausatz der Vasa und damit an zuverlässigem historischen Material orientiert. Leider gehört der Bausatz nicht zu denen, die in letzter Zeit neu aufgelegt worden sind. Das liegt vermutlich an der, im Vergleich zur Vasa, geringen Popularität des Vorbilds.

Als Maßstab wird stets 1:144 angegeben. Sollte ich in einer schwachen Stunde mal Lust bekommen, zu messen und zu rechnen (was ich seit meiner Abiarbeit nur noch selten tue), werde ich versuchen, das nachzuprüfen, soweit das überhaupt möglich ist.
Schließlich noch drei Fotos vom lose zusammengebundenen Modell. Es repräsentiert meines Erachtens sehr schön die Frühzeit jenes Schiffstyps, der in den europäischen Marinen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts Standard war. Das Heck ist noch sehr hoch und schmal, die namensgebende Galion flach und ausladend. Der holländische Ursprung ist mehr als deutlich.







Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

2

Mittwoch, 14. März 2018, 12:13

Hallo Schmidt,

Die Saint Louis habe ich ewig nicht gesehen. Das sieht sehr interessant aus - kennst Du die Rekonstruktion von Björn Landström? Schön, dass Du Dich ihr annimmst. Wie sehen denn Deine Pläne aus - doch sicherlich nicht schnöde oob?

Viele Grüße
Lars

3

Mittwoch, 14. März 2018, 13:19

Ich denke, die Rekonstruktion von Landström hat womöglich einen wesentlichen Anteil zumindest an der Konstruktion der Modelle von Heller und Airfix gehabt. Die Illustration auf der Schachtel des Heller-Modells ist jedenfalls praktisch eine Kopie der Zeichnung von Landström. Weniger bekannt ist Landströms zweite Version aus seinem Buch über die Vasa. (Ich weiß nicht, ob ich sie hier zeigen darf, ohne Rechte zu verletzen!)
Schnöde oob kommt natürlich nicht infrage, aber diesmal soll im Vordergrund meiner Planungen das Ziel stehen, das Modell in absehbarer Zeit – festhalten! – fertigzustellen....
Schmidt
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Beiträge: 1 217

Realname: Dirk Wörner

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4

Mittwoch, 14. März 2018, 13:51

Hallo Schmidt..... :wink:

Yoooooo....da bin ich aber dabei und melde mich umgehend als Vornesitzer an. Ich bin absolut gespannt, wie du dieses, aus meiner Sicht, schöne Modell farblich gestaltest. Bin mir sicher, das wird wieder ein Fest. :thumbsup: Ein Baubericht von dir, auf den ich mich besonders freue. Vielleicht Inspiriert er mich ja, dann auch mal irgendwann meine St. Louis anzugehen (obwohl das in Anbetracht mein La Real länger dauern wird :grins: ). Wunsche dir gutes gelingen viel Spaß beim Bau der Holländischen Französin.

Deine Erlaubnis mal vorausgesetzt stelle ich hier mal den Link zur Bausatzvorstellung ein.....mit Interessanter Diskussion.

Gruß, Dirk. :ok:

5

Mittwoch, 14. März 2018, 19:23

ein paar zusätzliche Infos quer durch die Bausatzwelt der Kunststoff Saint Louis Kits 1. Teil

Die Saint Louis mit den Augen Landströms ... Boxtops im Vergleich

Im konkreten Fall der Saint Louis existieren die schon von Schmidt vorgestellten Graphiken aus dem 16/17. Jahrhundert auf denen in mehrfacher Variation voller Stolz die in Holland zugekauften Neubauten der französischen Flotte unter Kardinal Richelieu fein detailliert gezeigt werden. Diese Dateien finden sich im Netz teilweise in sehr hoher Auflösung mit wirklich erstaunlichen Details.

Es handelt sich in erster Linie um das Schiff "Saint Louis" von 1626 in verschiedenen Stadien von der Überführungsfahrt, noch unter holländischer Beflaggung, bis hin zum Einsatz in Frankreich. Historisch hatte das Schiff mehrere Namen.

DIverse feine Unterschiede in den Graphiken zeigen mögliche Unterschiede ... entweder in der Wahrnehmung der Zeichner / Kopierer oder auch möglicher kleinerer Variationen im doch recht langen Schiffsleben von 1626 bis 1641 ... andere Quellen datienren sogar bis 1649/50.

Der wohl berühmteste Kopierer (nein nicht Xerox), besser Neuinterpretierer der Neuzeit ist sicherlich der Schwede Björn Landström
Dessen überaus anschauliche und farbenfrohe Graphiken lassen uns sehr viele oft vergessene Schifftypen mit heutigen Augen neu erleben.
Sein vermutlich bekanntestes Buch "Das Schiff" ist ein über 300 Seiten gehendes Werk vom Anbeginn des Bootsbaus bis hin zu den modernsten Schiffen der Neuzeit ... bis Stand 1961.

Oft verwendete er als Vorlagen ganz einfach alte Stiche, Graphiken und Modelle ... so auch bei der Saint Louis die schon oben beschriebenen.

Der Saint Louis verpaßte er mit der ihm typischen Akribie und einem bis heute sehr ansprechenden Farbfinish eine ausgesprochen attraktive Erscheinung, die dem damals wohl wichtigsten französischen Schiff gut gestanden hätte.
Zur Erinnerung hier nochmals der Link innerhalb des Forums in den anderen Baubericht



Wer weiß .. vielleicht befriedigte er damit auch nur eine im historischen Background existierende Erwartungshaltung ... oder auch Schönheitsideal.

Egal wie ... das Blau mit güldenen Applikationen war sicherlich eine gute Wahl hinsichtlich der Corporate Identity französisch royaler Farben ... symbolisiert es doch bis heute in stark vereinfachter Form Schönheit, Eleganz eines feudalen französischen Imperiums.

Landströms Bild ist aber keine exakte Kopie der historischen Graphik sondern etwas stärker geneigt mit besserer Sicht auf die Decks und eigenen kleinen Interpretationen diverser Details.

Im Nachhinein wird das Blau an Schiffen dieser Epoche sehr kontrovers diskutiert ... was aber nichts an der Attraktivität der Farbgebung als solches ändert.

Da es sich um ein sehr attraktives Farbschema handelte wurden auch die Modellhersteller darauf aufmerksam .
Wer auch immer sein Modell mit dieser Farbkombination anstrich konnte einfach sicher sein, daß er da ein Modell eines Königs würdig geschaffen hatte.
Sex sells und Königsblau mit Gold ist da bei einem Schiff fast unschlagbar.

Die Boxtops:

PYRO war die erste Firma im Plastikmodellbereich, die das Landström-Farbschema so übernahm.



Im Jahr 1966 erschien der Kit " Saint Louis French Man O War".
PYROs Deckelbild erinnerte durch das Farbschema auf den ersten Blick frappierend an Landström.
Es war aber nur das Farbschema ... denn bei genauerer Betrachtung orientiert es sich auch im Darstellungswinkel viel mehr an der zugrunde liegenden Graphik aus dem 17. Jahrhundert.
PYROs Deckelbild war in der Hinsicht, daß sie das Schiff einem Modell gleich aus dem Wasser nahmen und mit vollem Rumpf darstellten, sehr mutig.

Hinzu kommen noch ein paar individuelle Eigenheiten die vermutlich die Eigenheiten des Modells rechtfertigen sollten.
Da wäre zum Beispiel die eigenwillige Neuinterpretation des Seitengalerie, der Laterne und der unglücklich nach unten abknickende Galionsbereich . ( Im Modell stimmt der glücklicherweise wieder)

Damit sind schon ein paar gravierende Unterschiede sowohl zur Originalgraphik als auch zu der Landströms geschaffen, dessen Farbschema weitgehend übernommen wurde ... allerdings erweitert durch diverse in Rot gehaltene Bereiche. Mit dem Rot lag PYRO historisch auf einer wahrscheinlich korrekteren Linie als Landström.

Der PYRO-Kit wurde in den frühen 70ern von der Nachfolgefirma LIFE-LIKE wieder aufgelegt.



Nach LIFE-LIKEs Ende wurden die Formen von LINDBERG übernommen.
Erstauflage 1980 #855
LINDBERG setzte zusätzlich ein paar Segel und das Schiff wieder ins Wasser... leider ausgesprochen hochbeinig .. da hätten sie besser mal die 500 Jahre alte Originalgraphik genauer angeschaut.



Es wurde in einer Kooperation 1983 bei REVELL einmal aufgelegt #5415.



LINDBERG selbst verwendete die Form wieder in eigener Auflage ab 1990 ( #70855) als Saint Louis

und seit 1994 als "Henry Morgan" Piratenschiff als zweiten Vertriebsweg ... in verschiedenen Verpackungen bis heute.



Seit der Jolly Roger Serie, ab etwa 2015, sieht man sie aus deutlich tieferer Perspektive ... noch immer mit Hochwasserhosen ... die historische Graphik wurde aufgegeben ... und noch immer im klassischen blau-weiß-roten Farbschema aus den 60ies ... und wundersamer Vergrößerung des Maßstabs auf 1/130 ( Papier ist ja sooo geduldig )





HELLER folgte mit einer eigenen "Le Saint Louis" im Jahr 1978, der Rumpf war identisch mit der 1977 erschienenen "La Couronne", historisch war die Couronne aber ein Nachbau der Saint Louis



Auch bei Heller ist man auf den ersten Blick von Landströms Farbschema gefangen .. das hatte er wirklich gut gemacht.

Was auf den ersten Blick wie eine Spiegelung von Landströms Bild wirkt basiert, wie auch das Landströmbild selbst, bei genauerer Betrachtung in vielen Details auf der Originalgraphik ...
Dazu kommt eine enorme Zahl HELLER-typischer Eigenheiten die sich gravierend sowohl von der Originalgraphik als auch vom Landström unterscheiden.
Sei es die reduzierte Zahl der Decks, die Laternen, die Seitentaschen, Türmchen, Deckskrümmungen, Galion, praktisch alle Geländer, Zurrings, Mastwicklungen ... man kann fast nicht aufhören.
Die neuen HELLER Saint Louis Kits haben übrigens alle eine vom klassischen Vorbild abweichende vollkommen neue Deckelgraphik.





AIRFIX ... der Dritte im Bunde ...



1973 trat mit AIRFIX´ "The Saint Louis" ein weiterer Akteur aufs Parkett ... weitere bekannte Wiederauflagen 1975 und 1988.
Wieder durfte Landströms Corporate Identity Farbschema glänzen.
Vielleicht hätte sonst keiner geglaubt, daß es die Saint Louis sein soll ?

Die Graphik ist vollkommen neu ... aus gänzlich anderem Betrachtungswinkel und nimmt doch die wesentlichen Elemente der historischen Graphik auf.
Erfrischend zu sehen, daß man gelernt hatte, daß in einer wirklichkeitsgetreuen Darstellung bei weitem nicht alle Stückpforten vollkommen unrealistisch offen stehen müssen.

Auch AIRFIXs Zeichner baut natürlich typische Elemente des Modells ein um die Eigenheiten des Bausatzes zu rechtfetigen.
Da wäre eine weitere Interpretation der Seitentaschen und Toilettentürmchen, der sehr mager detaillierte Bugbereich, die Zahl der Eingangstüren in den oberen Decks, die Laterne, und noch diverse weiter Zierbänder und stark vereinfachte Geländerelemente.

Später mehr zu den Kits selbst.

FAZIT:
Unglaublich wie sehr ein prägnantes Farbschema zu einer Vereinheitlichung beiträgt und so effektiv von Details ablenken kann.
Kein Wunder, daß sich in späteren Jahrhunderten Schemata wie der Nelson-Checker oder auch moderne Camouflage-Tarnanstriche so erfolgreich durchgesetzt haben.
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

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6

Mittwoch, 14. März 2018, 20:11

Hallo Markus,

im Schiffsbereich bin ich ja ehr ein stiller Mitleser (ich träume ja davon mal ein Schiff zu bauen, aber der Platz) aber ich will hier doch mal schreiben das ich deinen kleinen Exkurs in Geschichte (insbesondere Modellbaugeschicht) unglaublich spannend und auch gut geschrieben finde.

Egal was jetzt noch kommt, dein Baubericht ist jetzt schon spitze!!!

Gruß Knut

7

Mittwoch, 14. März 2018, 20:21

Vielen Dank an Markus für die ausführlichen Erklärungen zum Farbschema. Der fast schon geschichtliche Abriss der verschiedenen Hersteller, die sich mit dem Modell (Vorbild) beschäftigt haben ist schon sehr interessant zu lesen. Ich bin schon jetzt auf die Schmidtsche Umsetzung gespannt und werde auf jeden Fall mit Neugier alle Fortschritte beobachten.
Im Bau: Le Glorieux 1:150 von Heller
Fertig: HMS Beagle 1:96, Gorch Fock 1:253, HMS Victory 1:225, Cutty Sark 1:350
Nach dem Modell ist vor dem Modell: USS Constitution 1:96 von Revell, in Warteposition.


8

Mittwoch, 14. März 2018, 20:52

Markus, vielen Dank! Schöner und informativer hätte ich mir das nicht wünschen können! :five:
Ich bin schon sehr gespannt auf deine Kommentare zu den Kits.
Und ich staune immer noch darüber, dass sich innerhalb von sieben Jahren drei Hersteller unabhängig voneinander an diesem Modell versucht haben.
Schmidt
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9

Mittwoch, 14. März 2018, 21:21

Super eine neue Arbeit da schau ich dir gerne zu.
Ich hab leider noch keine Zeit ein neues Projekt anzugehen kommt aber bestimmt wieder.
mfg Christian
Der Nachbar hört AC/DC ob er will oder nicht :cracy:

10

Donnerstag, 15. März 2018, 11:26

Es beginnt mit einer Standardmaßnahme an den Airfix-Kits, dem Öffnen der Stückpforten. Man braucht dazu eine viereckige Feile mit möglichst scharfen Kanten, also keine Diamantfeile. Die Arbeit ging ganz schnell von der Hand; den Kunststoff des Bausatzes empfand ich als recht weich und kein bisschen spröde. Wenn man mit großer Sorgfalt (und mit zwei übereinander getragenen Lupenbrillen) arbeitet, kann man sogar einen Trempelrahmen stehen lassen.



Anschließend habe ich eine Lafettenattrappe gebaut, die sich von hinten an die Bordwand kleben lässt.



Hier geht sie bereits in die Serienproduktion.



Und hier eine erste Stellprobe. Verwendet werden die Halbrohre des Bausatzes, die übrigens eine winzige Gravur besitzen, von der ich nicht weiß, ob man sie mit Farbe irgendwie ins Reich der Sichtbarkeit hervorlocken kann.



Schmidt
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11

Donnerstag, 15. März 2018, 11:42

Wie dick ist denn die Bordwand? Das Geschütz schaut ziemlich weit raus, die Perspektive kann allerdings auch täuschen.
Die Gravur kommt eventuell hervor, wenn Du mit wässrigem, oder stark verdünntem grau (als würdest Du eine Patina auftragen) die Rohre benetzt.
Versuch?
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Nach dem Modell ist vor dem Modell: USS Constitution 1:96 von Revell, in Warteposition.


12

Donnerstag, 15. März 2018, 12:12

Absolut toll, Deine Lafettenatrappe!

Das kommt 10 x besser als nur in einen Klotz gesteckt :thumbsup: :respekt:

"Alles, was ein Mensch sich heute vorstellen kann, werden andere Menschen einst verwirklichen." - Jules Verne


Eine großartige Modellbauzeit wünscht
Ray

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13

Donnerstag, 15. März 2018, 12:39

Muss ich Ray völlig Recht geben... :ok: :ok: :ok:
der Franz :abhau:


im Bau: Nao Victoria 1:50





14

Donnerstag, 15. März 2018, 12:51

Saint Louis & Vasa : Ansichten eines Pos ... denn auch ein schöner Hintern kann entzücken

Danke für Eure netten Kommentare zu Teil 1 ... und der der nächste folgt sogleich:


Da haben wir also zwei Schiffe die zeitlich sehr nah beieinander liegen ... die Saint Louis aber in der Planung geschätzte drei bis fünf Jahre früher.
Schmidt hatte das ja schon genauer beschrieben.
So wirklich sehr gravierende Unterschiede sind nicht erkennbar ... vielleicht die nicht (mehr) vorhandenen vorderen Toilettentürmchen bei der Vasa.
( Dafür hatte diese die Kapitänskeramik im Obergeschoß mit besserer Aussicht )

Ihr merkt schon ... heute konzentriere ich mich auf das Heck ... aus gutem Grund
Bei der Saint Louis ist irritierend, daß es keinerlei historische Ansichten des Hecks gibt .. in den Kits alles nur Mutmaßungen und Phantasien.

Was es allerdings gibt sind im Grunde übereinstimmende historische Dreiviertel-Ansichten.
Ihnen ist allen gemeinsam, daß die Seitengallerien am Heck so auskragen, daß es aus der gleichen Perspektive den hinteren Türmen und den Seitentaschen der Vasa entspricht.
Daraus kann man zwingend folgern, daß die hinteren Türme genau wie bei der Vasa weiter hinten am Heck gestanden haben müssen ... und daß sie voll rund waren ... nicht nur halbrund und angepappt.

Bei der Vasa ist am Heck der sehr typische Doppel-Schwung holländischer Schiffe klar erkennbar und anhand des Originals glasklar nachweisbar ... er ist auch an diversen weiteren für das Ausland gebauten Exportschiffen klar erkennbar ...
Darum halte ich es für sehr wahrscheinlich, daß das typisch holländische Schiff Saint Louis ... in Holland für Frankreich gebaut ... also rein holländischer Bauart ... selbstverständlich auch am Heck typisch holländisch war.
Es spricht also sehr viel dafür, daß die Saint Louis ganz selbstverständlich ein typisch holländisches Heck mit dem Doppelschwung wie auch die Vasa hatte .. ( nur nicht doppelstöckig )

Vielleicht war die Saint Louis weniger bunt ... vielleicht hatte sie im Heckspiegel weniger Figürchen ... aber bestimmt mit einer netten Darstellung ... Schnitzereien und/oder Bild oberhalb der Fensterreihe.

Leider haben sich alle Herstellers der vorgestellten drei Plastikmodelle nicht an dieser, durch die historischen Graphiken und der real existierenden Vasa gegebenen, Wahrscheinlichkeit orientiert sondern die eigene Designabteilung einfach mal so frei flottierend machen lassen ...

Was bedeutet das nun für die drei vorliegenden Modelle ?

HELLER liegt mit der freien Interpretation eines umlaufenden Heckbalkons ziemlich heftig daneben.
Das ist noch nicht mal in der Nähe der historischen Darstellungen.
Einzig das Wappen im Heckspiegel hat schon was ...

PYRO/LINDBERGs halbierte Türmchen mit umlaufendem Balkon sind anhand der historischen Graphiken auch nicht haltbar.
Der Heckspiegel ... jo mei ... fast schon spartanisch ... die Stückpforten an dieser Stelle unbedienbar und wie da jemals Geschütze hin sollen erschließt sich nur in irgendwelchen dunklen Gehirnwindungen des Pyrokonstrukteurs. Mit einem Schiff holländischer Bauart hat das nichts zu tun.
Dennoch gibts als einziger Kit für die oberen Heckräume Fenster sowie eigenständige Laternen.

AIRFIX liegt wohl am nächsten dran ... vielleicht auch schon unter dem Eindruck des Vasa-Fundes ... dennoch ist das Heck irgendwie zu flach ... zu "englisch" ... zu sehr an den Prince-Kit angelehnt.

Die Seitentaschen der AIRFIX Saint Louis sind deutlich zu schmal, ragen nicht weit genug seitlich raus ... die hinteren Türme zu weit nach vorne gerückt.
Das deutlich dreidimensionalere Heck der Vasa würde sich als als Transplantat inklusive der unteren Seitentaschen gut machen ... ihr deutlich mehr dreidimensionalen Charakter verschaffen als der windkanalmäßig flach gespülte Bausatzrumpf.

Der Bereich des Wappens im Heckspiegel ist wie bei allen drei Kits natürlich reine Phantasie ... sieht aber auch durchaus wahrscheinlich aus ..
die angegossenen Mikrolaternchen wirken irgendwie unpassend ... weder in Größe noch Art der Befestigung.

Demnächst gehts weiter in Teil 3
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

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15

Donnerstag, 15. März 2018, 13:30

Markus,
mit der Heckgestaltung der Bausätze gehst du rechtens hart ins Gericht. Lass mich sie ein bisschen in Schutz nehmen. Das ist schon eine verdammt schwierige Aufgabe, auf so schmaler Materialbasis ein 300 Jahre altes Schiff zu rekonstruieren. Die Lösung, die Airfix gefunden hat, empfinde ich immerhin als in sich einigermaßen stimmig. Was du „zu Englisch“ nennst, verstehe ich. Aber wir sind, als die Saint Louis 1620 konstruiert wird, noch in einer Phase, in der nicht alle Holländer so holländisch aussahen, wie wir es aus den späteren Abbildungen gewohnt sind. Ich denke auch, dass die Konstrukteure sich auf die Kupferstiche berufen können, wenn sie die kleinen Türmchen nicht freistehend konstruieren, sondern sich an die Bordwand anlehnen lassen. Eine Übernahme des Vasa-Hecks halte ich für bedingt erwägenswert, allerdings sind dort die Türmchen nur einstöckig, während man bei Airfix die zweistöckigen Türmchen doch immerhin ganz nett nachempfunden hat.
Schmidt
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16

Donnerstag, 15. März 2018, 13:42

Hi Schmidt.... :wink:

Das mit der Lafetten Attrappe ist ja Obergenial. Hat für mich schon wieder Nachahmungscharakter. :thumbsup: Nur eines ist mir noch unklar..... du hast dir einen Prototypen gemacht (denke ich), von dem du Abformst. Gießt du dann alle weiteren die du brauchst einzeln...oder wie machst du das? Müsstest dann ja für jedes Teil extra Resin plus Härter anrühren und Abgießen.

Das mit dem Abformen könnte für mich ein Thema werden bei der La Reale, denn die Drehbassen sind nicht so prall und ich möchte versuchen, ob ich vielleicht was besseres hin bekomme.

Hey Markus.... sehr tolle und ausführliche Erklärungen zum Thema St. Louis. Ich staune immer wieder, was du alles weißt. Echt großes Kino :respekt:



Gruß, Dirk. :ok:

17

Donnerstag, 15. März 2018, 14:56

Die Antwort lautet: 1,6, 18. Aus der ersten Form, die aus dem Original gewonnen wurde, gieße ich fünf weitere Abgüsse, die ich dann neben das Original klebe. Daraus mache ich eine Sechserform. Zwei Abgüsse aus der Sechserform zu den ersten sechs Abgüssen geklebt, ergeben eine 18erform.
Das Teil sieht einfach aus, bietet aber Luftblasen schöne Verweilräume. Außerdem kann man sich bei Formen mit so vielen Einzelteilen nicht so gut um die einzelnen Füllungen kümmern, weil einem die Zeit davonläuft, bis das Kunstharz abbindet. Ich brauchte zwei Abgüsse aus der 18erform, um genug Material plus beruhigende Reserve zu haben. Tatsächlich aber hätte ich für solche Arbeiten gerne einen Gehilfen oder eine Gehilfin in der Werkstatt, die das für mich erledigen. Es gibt spannendere Tätigkeiten. Dennoch natürlich kein Vergleich mit der Einzelherstellung. Man würde sich dann wahrscheinlich nicht für ein derart ausgestaltetes Teil entscheiden.
Schmidt
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18

Donnerstag, 15. März 2018, 17:58

Hi Schmidt... :wink:

Danke dir für die Antwort. Abformen ist bei mir noch so ein Thema... da muss ich noch viel üben. Vor allem.... brauche ich erst mal besseres Abformsilikon und Resin. Mit dem Zeuges, mit dem ich meine ersten Gehversuche gemacht habe ist eher so ein billiges Marke Ebay. Mal sehen... irgendwo hast du schon mal geschrieben, woher du das beziehst.

Gruß, Dirk. :ok:

19

Donnerstag, 15. März 2018, 19:03

Super Idee mit den Lafetten ... eine überzeugende Illusion ... dazu gehört aber auch Deine extrem feine Feilarbeit der Stückpforten !

Gehe ich hart ins Gericht mit insbesondere diesem Detail um ... ? Ja ... da hast Du Recht ... wie Du weißt habe ich mir anläßlich dieses Threads die Kits wieder zu Gemüte geführt.
Schließlich liegen sie ja alle drei vor mir ... inklusive der Vasa alle viere ... und nicht erst seit heute.
Ich sehe diesen Bereich bei den Kits einfach wie fremde Puzzleteile aus denen diese Firmen einfach irgendein Phantasieprodukt gemacht haben.

Ich habe mir dutzende andere Graphiken holländischer Schiffe aus ähnlicher Position angeschaut ... nachdem diese eine der klassischen Standardansichten ist fällt das relativ leicht .
Halbrelieftürme sind nach meinem Empfinden recht deutlich von vollplastischen Türmen zu unterscheiden.
Wenn damalige Künstler einen angepappten Halbturm gezeichnet haben dann ist er in der Regel auch als solcher Halbturm zu erkennen.
Im Unterschied dazu erkenne ich aber in den Graphiken zur Saint Louis keine Halbtürme sondern vollplastische Elemente wie auf der Vasa.

Vielleicht liegt es einfach daran, daß mich insbesondere dieser Bereich bei diesen Kits immer schon gestört hat ...
mir immer schon einfach falsch vorkam weil einfach keines der Hecks jemals zu den historischen Graphiken gepaßt hat ... ohne das aber begründen zu können.
Erst im Zusammenspiel mit der Vasa wurde ein Schuh draus ... erhielt für mich schlagartig eine einfache und klare Logik.
Diese Hecks haben für mich die Ästhetik eines über drei Seiten zusammen gehörenden Gesamtkunstwerkes.

Die Vasa wurde 1961 geborgen ... PYRO hätte es 1966 also wissen können ... AIRFIX hätte es 1973 wissen sollen ... HELLER hätte es 1978 wissen müssen.
Die Formgebung der historischen Graphiken erzwingt geradezu die äußeren Randkonturen des Seitentaschen/Heckbereichs eines holländischen Schiffs .
Das, wie schon gesagt, fast zeitgleich gebaute Heck der Vasa ist im Grunde nur das "missing link".

Mir geht es nicht darum wie hoch der jeweilige Toilettenturm ist ... die sind doch auf fast allen Schiffen unterschiedlich hoch ...
und ja, AIRFIX hat die Höhe schön wiedergegeben ... nur nicht das Volumen.
Es geht mir insbesondere beim hinteren Turm darum wie nah er am Heck steht und damit einen sauberen Abschluß bildet ...
über den damit eingebundenen Heckspiegel hinweg als Designeinheit zur anderen Seite.
Das vergleichbare Teil an der Vasa schreit einen ja geradezu an das nach derselben Konstruktion zu machen.

Neue Technik/Design ist ja selten ein Zustand bei dem über Nacht etwas Neues vom Himmer fällt sondern meist ein stetig fortschreitender Prozess in dem immer wieder neue Dinge ausprobiert und übernommen ... oder aber auch verworfen werden.

So geht doch dieser lange Übergangsprozess bei den Galeonen zum Zeitpunkt von Saint Louis und Vasa auf seinen Endpunkt zu ...
deshalb nach meiner Einschätzung auch am typisch holländischen Heck bereits sehr weit fortgeschritten.
Die einfachen platten Hecks mit oder ohne Balkone sehe ich grob bis Anfang des 17. Jahrhunderts ... ( und sie sind mit Sicherheit auch nicht schlagartig über Nacht verschwunden. )

Bereits in einem Gemälde des frühen 17. Jahrhunderts ist bei der englischen Prince Royal von 1610-1666 ein sehr ähnliches Grundkonzept wie bei der holländischen Saint Louis mit Seitentaschen erkennbar.
Das aber schon rund 15 Jahre vor deren Stapellauf ... eine verdammt lange Zeit in der man sich sicher jede Menge Technik gegenseitig abgeschaut hat:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c…ing-in-1613.jpg

Wenn ich mir das dazugehörige Heck auf dem van de Velde Gemälde dazu anschaue ... dann sehe ich das technische Gegenstück zur SL ... nur eben mit englischem Design
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c…l_Prince%27.jpg
Ich kann keinen Grund erkennen warum die Saint Louis von 1626 nicht ein typisch holländisches Heck hätte haben sollen.

Langes Plädoyer ... sollen doch die Geschworenen ... ach was solls ... es geht weiter mit einem weiteren Sitzungsbereich
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

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20

Donnerstag, 15. März 2018, 21:28

Moin,

Die Vasa wurde 1961 geborgen ... PYRO hätte es 1966 also wissen können ... Heller hätte es 1969 wissen sollen ... Airfix hätte es 1973 wissen müssen.
Die Formgebung der historischen Graphiken erzwingt geradezu die äußeren Randkonturen des Seitentaschen/Heckbereichs eines holländischen Schiffs .
Das, wie schon gesagt, fast zeitgleich gebaute Heck der Vasa ist im Grunde nur das "missing link".


Die Vasa befand sich nach der Bergung noch in einem ziemlich desolaten Zustand. Galion und der gesamte Bereich des Hecks lagen in Einzelteilen um den Fundort verstreut und wurden zum Teil erst in den Folgejahren von Tauchern geborgen. Vor der Rekonstruktion galt es zunächst, die Funde zu sichern und im Einzelnen zu dokumentieren. Erst dann konnte man mit dem Puzzle beginnen - und das ohne Anleitung :)

Die ersten Rekonstruktionen, wie z.B. die erste VASA von Billing Boats waren daher noch ziemlich phantasievoll.

Eine sehr gute Beschreibung dieser ersten Phase findet sich in „VASA 1 - The Archeology of a Swedish Warship of 1628“, die im Vasa Museum erschienen ist.

Viele Grüße
Lars

21

Freitag, 16. März 2018, 01:29

Ein wirklich gutes Argument ... das würde die Hersteller natürlich in dieser Hinsicht klar entlasten ... das Buch kenne ich leider nur vom Titel her.

Hier geht es aber um die Vasa nur insoweit als ich sie als Vergleichs-Technologieträger miteinbeziehe.
Bisher war ich davon ausgegangen, daß nach der Öffnung des ersten Museums Februar 1962 parallel zur Konservierung ein kontinuierlicher Aufbau mit Zugangsmöglichkeiten der Öffentlichkeit statt fand.
Denn sonst könnte es ja kaum Photos von 1986 geben die ein in weiten Teilen restauriertes Schiff zeigen.
Es muß sich also in diesen 25 Jahren enorm viel getan haben.

Unter der Prämisse, daß die Hersteller bis 1973 tatsächlich wenig zusätzlichen Wissenstransfer aus der Vasa hatten erklärt das sicher fehlendes Detailwissen.
Vielleicht sah man bei den Modellherstellern zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht die nahe Verwandschaft der beiden Schiffe und ignorierte deshalb die Forschung um die Vasa weitgehend.

Zumindest von PYRO weiß man, daß die wirtschaftliche Lage der Firma in den späten 60ern ziemlich mau war und so auch nicht viel Geld für Recherche vorhanden war ... keine drei Jahre danach war es vorbei mit der Firma.
Bei HELLER hingegen ist der Kit mit einem enormen Detailaufwand betrieben .. da gabs noch Geld aus dem Rußlandgeschäft.
Der AIRFIX-Kit spiegelt mit seiner Mischung aus extrem guten Details und gleichzeit primitiven Elementen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Plastikmodellhersteller in der ersten Ölkriese.

Reihenweise weitere historische Graphiken und Gemälde hätte es aber sehr wohl gegeben .. denn nach solchen sind ja die Modelle gemacht worden.
In weiteren Teilen werde ich zeigen, daß da noch ganz andere Böcke im einen oder anderen Saint Louis Kits versteckt sind.
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

"When all else fails ... Read the instructions" ( LINDBERG 1965 )

Youth, talent, hard work, and enthusiasm are no match for old age and treachery !
( In memoriam Prof. John A. Tilley, † 20.07.2017 )

22

Freitag, 16. März 2018, 02:03

Entsorgung Zwei Punkt Null ... oder auch die Toilettentürmchen im Bugbereich :

Wenn wir schon beim Thema sind würde ich gerne noch einen draufsetzen ... im wahrsten Sinne des Wortes ... vor allem weil das Bauteil alle drei Hersteller eher stiefmütterlich behandelt haben.

Zentrales Thema ist hierbei das menschliche Maß ohne dessen Berücksichtigung diverse Bauteile schlichtweg unbenützbar sind.
Es versteht sich, daß um zu diesenToilettentürmchen Zugang zu bekommen ein Loch in der Spantenstruktur der Schiffswand geschaffen werden muß.
Will man nicht nur den Allerwertesten nach draußen hängen ( so wie bei der Zweitverwendung einer Stückpforte ) dann muß das Loch groß genug sein um durchzugehen.



Schon Van de Velde dokumentierte, daß Stückpforten nicht nur für Kanonen Verwendung fanden.

Durch die Werke des exakt zu dieser Zeit lebenden und bekannte Werke schaffenden Rubens (1577-1640) wissen wir, daß die Menschen damals vielleicht ein paar Zentimeter kleiner waren ... ganz sicher aber nicht weniger umfangreich. In diesem Zusammenhang kann ich einen Besuch im Madrider Prado Museum nur empfehlen.

Der Raum im Häuserl muß demzufolge groß genug sein um sich darin teilweise seiner Kleider zu entledigen.
Es muß ebenfalls eine Sitzgelegenheit mit Schwerkraftentsorgung enthalten sein.
Die Größe eines heutigen Baustellentoilettenhäuschens können wir also als gegeben annehmen.
Die flach gehaltene Variante einer französischen Autobahntoilette braucht erfahrungsgemäß auch nicht weniger Platz ... aber erkennbar höheres Zielvermögen.
Ein an die Bordwand gepapptes Halbrelief, wie in den drei Kits, ist somit aus rein praktischen Gründen sehr unwahrscheinlich.

Wie schon weiter oben angemerkt wußten das die Hersteller auch und malten die Türmchen auf den Schachteln so umfangreich, daß es auch den voll dreidimensionalen, benutzbaren Bauteilen in den historischen Gemälden entspricht.
Nur in den Bausätzen selbst hat das keiner gut gelöst ... zum Teil so unglücklich hoch positioniert, daß man hinaufklettern müßte.
Die Anschlüsse der höchst merkwürdigen Halbtürmchen bis hinein in die Reling/ Geländer wirken in keinem Fall überzeugend.

Die Schwerkraftentsorgung bei allen drei vorliegenden flachen Türmchen an den Modellen hätte durch den bauchigen Rumpf zwingend für diverse Bremsspuren gesorgt ... teils in die nächstliegende Stückpforte ... neeee, oder ?
Es baut sich doch keiner diverse Toiletten außerhalb des Schiffes um sich das Ganze wieder in den Kahn zu holen ... wie man an den historischen Graphiken sieht konnten unsere Altvorderen das funktional besser als unsere Bausatzhersteller.

Bei allen drei erhältlichen Modellen von PYRO, AIRFIX und HELLER kann man von einem überschlägigen Maßstab von 1/150 plusminus 10 ausgehen ... egal was nun die Hersteller auf ihre Schachteln geschrieben haben.
Eine Dimensionierung wie bei REVELLS Vasa in 1/150 mit seinen vollrunden Türmchen kann man also als gegeben voraussetzen.
Somit ist also auch eine angenommende Auskragung der Türmchen von 8 bis 10 Millimeter als wahrscheinlich anzunehmen ... als umgerechnetes Äquivalent zum Dixi mini mit rund 80x90 cm ...
das ist schon seeeehr knapp ... nur statt dünner Blechwände eben mit einer etwas massiveren Holzständerkonstruktion.
( Disclaimer: trotz des beschxxxx Themas, das ich mir selber gewählt habe (fatal) , soll das keine Schleichwerbung sein ! ... Oh, Mann war der flach ! )

Aber weder PYRO noch HELLER noch AIRFIX erfüllen diese Voraussetzungen ... nicht bei den Bugtoiletten (und auch nicht bei den Seitentaschen.)
Vielleicht bekommt man die Bugtoiletten mit Silikon, Resine und den Turmhütchen aus der Vasa in die dritte Dimension ?
Schon zwei oder drei Millimeter mehr würden realistischer aussehen, zu mehr Struktur führen ... sieht man eindrucksvoll bei REVELLS Vasa.

Genug der Sanitärprosa ... weiter gehts demnächst mit diversen Eigenheiten der drei Kits.
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

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23

Freitag, 16. März 2018, 09:17

Markus, im Großen und Ganzen hast du recht. Ich frage mich, ob die Konstrukteure der Modelle eigentlich gewusst haben, dass die Seitengalerien weniger zum Promenieren und mehr zum ...ren gedacht waren.
Ich möchte aber die Airfix-Variante wieder ein bisschen in Schutz nehmen. Die Fotos unten zeigen die drei Türmchen von der Rückseite der Bordwand mit je einem N-Preiser. Gut, am Bug ist es schon etwas knapp, aber in den Türmchen auf den Seitengalerien könnte man auch – die Sonntagsausgabe der FAZ lesen, ohne an die Seitenwände zu stoßen. :D







Und da wir schon bei diesem Bereich des Modells sind, kann ich gleich ein Bild von meiner Fensteröffnung zeigen. Dafür braucht es allerdings noch scharfkantigere Feilen und am besten eine dritte Lupenbrille. Bei der Prince hatte ich die gravierten Fenster belassen, die am Louis aber sind größer und schlechter graviert. Außerdem verspreche ich mir von selbst gemachten Fenstern etwas mehr Struktur in den Türmchen.



Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

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24

Freitag, 16. März 2018, 10:01

Wow... jetzt bin ich sehr gespannt, was du als Gitter für die Fensterchen nimmst..... 8o

Gruß, Dirk. :ok:

25

Freitag, 16. März 2018, 11:09

Tja, gute Frage. Ich weiß es selbst noch nicht. Mit der Öffnung der Fenster wollte ich mich einfach mal schnell unter Druck setzen. Unter anderem steht auch noch eine ganze Dose durchsichtiges Kunstharz im Regal. Abgüsse damit haben damals bei den Laternen der Prince nicht zu meiner Zufriedenheit funktioniert. Ich hatte das auf eine Unverträglichkeit zwischen meinem Silikon und dem Kunstharz zurückgeführt. Vielleicht lässt sich da noch etwas machen.
Schmidt
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26

Freitag, 16. März 2018, 11:41

Zitat

Wow... jetzt bin ich sehr gespannt, was du als Gitter für die Fensterchen nimmst..... 8o

Zitat

Tja, gute Frage. Ich weiß es selbst noch nicht.
Vielleicht zweckentfremdeten Maschenzaun von Saemann? Hier gibt's mal ein Foto davon. Ist bei Saemann in verschiedenen Maßstäben zu bekommen...

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27

Freitag, 16. März 2018, 14:29

Yooooo.... das ist gar keine schlechte Idee. Einfach mal im Modellbahn Zubehör Spur N oder Z nachsehen. Vielleicht ist da was dabei.

Gruß, Dirk. :ok:

28

Freitag, 16. März 2018, 16:29

Höchst interessant. Und was soll ich mal probieren? N oder Z?

Hier das frisch belüftete Mannschaftsklo.



Noch ein Wort in der Dixi-Debatte. Meister Landström hatte in „Das Schiff“ von 1961 noch keine Rekonstruktion der Vasa. Was nun wirklich nicht verwundert, da wurde das Wrack ja gerade erst gehoben. 1983 widmete er der Vasa ein ganzes Buch, für das er auch die Saint Louis noch einmal zeichnete, größer, detaillierter und mit einigen Abweichungen von seiner ersten Fassung. Hier ein kleiner Ausschnitt aus der Zeichnung, der es meines Erachtens nahelegt, dass Landström zumindest den Dachbereich der Klotürmchen für freistehend hielt. Den Aufwand, das am Modell nachzuempfinden, werde ich aber sicher nicht treiben, liefe das doch auf eine komplette Neukonstruktion der gesamten Seitengalerien und des vorderen Dixis hinaus.



Zurück zur Behandlung der Bordwand. Unterhalb der Rüsten sind sinnwidriger Weise Püttingeisen aufgraviert.



Die müssen natürlich weg. Bei der Gelegenheit habe ich die ganze Bordwand mit Schleifpapier und Glasfaserradierer behandelt, anschließend die Plankenfugen mit dem Scaler nachgezogen, sodass sie jetzt um einiges schmäler sind.



Schmidt
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29

Freitag, 16. März 2018, 17:27

Wobei die ketzerische Frage: Waren das wirklich Toiletten oder nur Zierde? Bei er Vasa ist das ja für die Seitentaschen auch nicht gesichert, soweit ich mich erinnern kann. Stückpforten hinten und seitliche Rohre bei den Holländern aber allbekannt.

Aber wie üblich goile Arbeit!

Lieber Gruß, Daniel
... keine Angst, der will doch nur spielen ...



Feinste Ätzteile für HMS Victory 1:100
http://www.dafinismus.de

30

Freitag, 16. März 2018, 19:53

Ich denke Landström hatte einfach am real existierenden Vorbild der Vasa erkannt, daß die folgenden beiden Ausschnitte aus den eingangs gezeigten Referenzbildern einfach unglaublich nah an der Wirklichkeit waren ... und hat dementsprechend seine Interpretation aktualisiert ... in meinen Augen hätte er sogar die Dächer noch konsequenter an die Türme anpassen müssen. So hält das bei der Vasa gegen Nässe von oben dicht und so war es auch bei der Saint Louis bereits vor 400 Jahren gezeichnet worden. Man sieht deutlich wie sich das mittlere Dach auch oben an der Bordwand um die Rundung der Türme anschmiegt ... da gibts keine offenen Locher.





Ich weiß was Du mit den eingestellten Figuren zeigen willst und ich verstehe, daß Du die Taschen so lassen willst wie sie sind.
Um eine Neukonstruktion zu vermeiden hätte ich an die Taschen der gleich großen Vasa gedacht ... aber ich glaube die hattest du an dem anderen Kit verhackstückt.

Ich hatte das Folgende schon heute nachmittag geschrieben ... deshalb doch nochmals zur Erläuterung meiner Argumentation wegen der zu flachen Taschen und Türme ...
bin jetzt froh, daß mir Landström da zu Hilfe kam.

Das generelle Problem an den Erkern und Seitentaschen ist ihre geringe Tiefe.
Nimm zum Beispiel den Frontturm als Halbrelief ... ich habe dazu deinen Aufnahmen mal die Decks eingezeichnet.



Die grüne Linie zeigt den Bereich wo man überhaupt ein Sitzbrett montieren könnte.
Es würde bedeuten, daß man um auf den Topf zu kommen erst mal rund einen Dreiviertelmeter nach oben steigen müßte.

Und da gibt es auch kein riesiges Loch in der Bordwand das sich zum Erker öffnet ... sondern eine möglichst kleine Türöffnung, die ich so um die 60cm einschätze ...
einfach um auch dort die maximale Stabilität der Bordwand zu erhalten.

Man tritt also durch dieese Öffnung der Bordwand nach draußen ins Türmchen.
Aber an der unteren Rundung dieses Erkerchens gibt es maximal 15 bis 20 Zentimeter Fußraum.

Bedeutet, daß der Nutzraum des Erkers beim AIRFIX-Modell rund um einen halben bis dreiviertel Meter nach unten abgesenkt werden muß um überhaupt reingehen zu können ... also das Türmchen tiefer sitzen müßte.
Jetzt ist er außerhalb der Bordwand mit 3-4mm nur mit einer inneren lichten Weite von etwa 40 bis 45cm ausgestattet.
Um wirklich nutzbar zu sein müßte er den hexagonalen Grundriß einer Bienenwabe haben und mit einer der Seiten an die Schiffswandung anschließen.
So ergäbe sich Platz für ein schmales Sitzbrett und minimaler Bewegungsraum.

Ein analoges Problem ist auch im Bereich der Seitentaschen.
Dort wo die Figur ist schwebt sie in der Luft vor einem riesigen Loch in der Bordwand ... gibt es so aber nicht.
Stell Dir dort den Raum vor wenn die Tasche an der Außenkante der Bordwand abgeschnitten wird. Das ist das was im Moment wirklich zur Verfügung steht ... nicht genug !

Ich habe dein Photo gedreht um den Verlauf des Decks leichter nachvollziehbar zu machen ... mir ist schonklar, daß das leicht ansteigt ... was aber am Verlauf nichts ändert.
In Schiffen dieser Epoche gab es noch kein durchlaufendes Deck. Das kam erst ein Jahrzehnt später.
DIe Abstufung im Decksverlauf der Saint Louis ist an den Stückpforten von außen sehr gut ablesbar.



Da geht es sinngemäß um ein halbes Deck runter ... das Fragezeichen an der letzten Stückpforte ist dehalb da weil es in einigen Graphiken weiter unten sitzt ... ist auch sinnvoller.



Die Unterkante der Tasche ist also in etwa auf Höhe des Decks ... deshalb muß sie dort breiter werden um durch die Kurve am unteren Rand innerhalb der Tasche überhaupt gehen zu können ... um überhaupt eine Art Fußboden zu haben.
Die Oberkante der Tasche ist in etwa der nächsthöhere Decksboden.
Das ist auch sinnvoll so weil auf diese Art und Weise die Seitentaschen oben und unten an den auskragenden Decksbalken konstruktiv befestigt werden können.
Um auf diese Seitentaschen hinaustreten zu können haben wir eben nicht eine riesige Öffnung, die zum Zeitungslesen reicht, sondern nur kleine Türen in der Bordwand .. das heißt der Raum außerhalb der Bordwand muß den entsprechenden Bewegungsraum bieten.

An der Unterkante des seitlichen Kassetten-/Fensterbandes haben wir demzufolge eine einigermaßen passende Sitzhöhe für die Toiletten ... wenn man drin steht kann man aus den Fenstern der Türme rausschauen.
Wenn man das so höhenmäßig einordnet ist auch im dem Dachfeld dazwischen einigermaßen ein leicht gebücktes Durchgehen möglich.

Alles in allem ist das der Grund warum die Seitentaschen bei AIRFIX nicht breit genug sind ... um warum sie in der REVELL Vasa nachvollziehbar breit genug sind ... die paar Millimeter mehr machen das aus.

In der letzten Skizze hatte ich auch noch die Möglichkeit eines Zugangs aus einem Deck höher angedacht ... das dann aber wegen der Zwiebelform des Dachs verworfen ...
da kann man von oben nicht vernünftig rein ... ist mir im Zuge der Zeichnung klar geworden.
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

"When all else fails ... Read the instructions" ( LINDBERG 1965 )

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