Liebe Modellbaukollegen,
ich habe mal wieder was fertig bekommen, was ich Euch nicht vorenthalten möchte: eine Heinkel He 112. Aber seht selbst...
Geschichte
Die He 112 war Ernst Heinkels Beitrag zum Wettbewerb des RLM für einen Nachfolger der Jäger-Erstausstattung der Luftwaffe (Arado
Ar 65,
Ar 68 und Heinkel
He 51). Neben Heinkel wünschte das RLM auch eine Beteiligung von Arado (
Ar 80) und Focke-Wulf (
Fw 159) an der Ausschreibung zum sogenannten „Rüstungsflugzeug IV“, später wurden noch die Bayerischen Flugzeugwerke (
Bf 109) hinzugezogen. Sowohl die Ar 80 als auch die Fw 159 schieden bald aus der Konkurrenz aus, da ihre Konzepte in Zeiten raschen technischen Fortschritts schnell überholt waren. Übrigens plagten beide Muster Probleme mit dem Einziehfahrwerk; Arado setzte daher letztlich auf ein feststehendes. Von der Fw 159 wird erzählt, dass das Hydrauliksystem zu schwach ausgelegt war und Werkspilot Wolfgang Stein daher bei der Landung, nach einem bis dahin komplikationslosem Erstflug am 16.12.1935, nur jeweils ein Fahrwerksbein gegen den Fahrtwind ausfahren konnte: war das linke draußen, kam das rechte nicht nach, war das rechte draußen, blieb das linke stecken – das Flugzeug „strampelte“ also in der Luft mit den Beinen - man stelle sich das mal vor! Er flog noch die Tanks leer, landete auf dem Bauch (also dem des Flugzeugs

) und kam mit Schrammen davon, die Maschine aber war ein Totalschaden. /1/
Jedenfalls machten Heinkel und Messerschmitt mit ihren Entwürfen das Rennen unter sich aus. Es ist bekannt, dass sich letztlich die Bf 109 durchsetzen konnte. Für die geschichtlich interessierten Leser eine kurze Zusammenfassung, was gegen bzw. für die He 112 sprach:
- Für gute Flugleistungen und –eigenschaften setzte Heinkels Chefentwickler, der berühmte Siegfried Günter /2/, auf Knickflügel mit elliptischem Grundriss, wie sie schon bei seiner He 70 erfolgreich angewendet wurden. Das führte aber zu relativ schweren und mit hohem Material- und Zeitaufwand herzustellenden Tragflächen. Messerschmitt sprach von 6.000 h für eine komplette 109, Heinkel wollte die Bauzeit für die 112 von 40.000 h bei den Prototypen auf 15.000 senken /3/. Vorteil Bf 109. Außerdem, auch wenn sicher nicht von entscheidender Bedeutung, bestand eine erhöhte Verwechslungsgefahr mit der Supermarine Spitfire, die ebenfalls elliptische Tragflächen besaß.
- Auf Grund der insgesamt robusteren Bauweise waren, zumindest die ersten A-Versuchsmuster der He 112, der Bf 109 leistungsmäßig leicht unterlegen. Heinkel ließ die 112 ständig verbessern, am Ende waren beide Konkurrenten ebenbürtig, die Heinkel teilweise sogar besser. Aber da war das Rennen schon entschieden. Und man entwickelte noch immer an der 112 herum... Vorteil Bf 109.
- Entgegen dem Wunsche des RLM war das Fahrwerk der He 112 nicht am Rumpf angeschlagen (damit sollten die Rümpfe ohne weitere Hilfsmittel mit der Eisenbahn transportfähig sein und Tragflächenwechsel feldmäßig auch ohne Stützkonstruktionen für den Rumpf ermöglicht werden) und die Kabine (zumindest bei den ersten Varianten) offen gestaltet. Das mochten zwar die Piloten, aber nicht das RLM. Formaler Vorteil Bf 109. Als eine der größten Schwachstellen der Bf 109 entpuppte sich das quasi geforderte Schmalspurfahrwerk, das im Einsatz zu zahllosen Start- und Landeunfällen führte. In allen späteren Ausschreibungen hat das RLM auf derartige Vorgaben verzichtet. Unterm Strich Vorteil He 112.
- Piloten, die beide Typen geflogen haben, sollen die He 112 bevorzugt haben. U.a. waren Start- und Landeeigenschaften wesentlich unkritischer sowie die Steuerdrücke gleichmäßiger. Vorteil He 112.
- Allerdings brachte Gerhard Nitschke bei einem Vergleichsfliegen am 15.04.1936 die He 112 V-2 „D-IHGE“ nicht mehr aus dem Flachtrudeln heraus und musste aussteigen. Das bedeutete neben einem Flugzeug-Totalschaden (Nitschke kam glimpflich davon) auch einen Imageschaden für die He 112. Vorteil Bf 109.
Hier ein Überblick über die Evolution der He 112:

Quelle: /4/
Die He 112 wurde ständig überarbeitet und verbessert. So erhielten spätere Versuchsmuster unterschiedlichste Motoren, kürzere und spitzere Tragflächen, einen dünneren sogenannten „Schneidenrumpf“ mit aufgesetzter blasenförmiger und geschlossener Cockpitverglasung, was zu ausgezeichneten Sichtverhältnissen führte. In /5/ heißt es, dass der Entwurf auf diese Weise noch einiges an Eleganz gewann. Würde ich so stehen lassen…
Insgesamt sind etwa 100 Exemplare der He 112 gebaut worden, wovon die meisten exportiert wurden (Japan, Spanien, Rumänien, Ungarn). Nur während der Zeit der Sudetenkrise flogen kurzzeitig 12 Maschinen bei der Luftwaffe.
Heinkel gestand die Niederlage gegen Messerschnitt nur widerwillig ein und forcierte einen neuen Entwurf, um doch noch ins Jäger-Geschäft zu kommen, die
He 100. Aber das ist eine andere
Geschichte. Eine gewisse Bedeutung erlangte die He 112 noch als Testflugzeug; Heinkel stellte einige zur Erprobung von Waltherschen (He 112 V-3 „D-IDMO“) und von-Braunschen (He 112 V-4 „D-IPMY“) Raketentriebwerken zur Verfügung /6/.
Für einen Vergleich der Leistungsdaten, die wirklich nahe beieinander lagen (sogar leichte Vorteile bei den späten He 112er-Versionen), seien /7/, /8/ und /9/ empfohlen. Und wer noch an einem Bericht interessiert ist, wie die Schweizer im Sommer 1937 die He 112 (A-03 „D-IZMY“ und V-7 „D-IKIK“) beurteilten, der kann mal in /10/ schmökern.
Literatur:
/1/ http ://www.fliegerweb.com/de/lexicon/Geschichte/Focke+Wulf+Fw+159-686
/2/ Hans Dieter Köhler: Die deutsche Luftfahrt: Ernst Heinkel - Pionier der Schnellflugzeuge, Bernard & Graefe, 2. Auflage, 1999
/3/ Heinkel und Messerschmitt im Duell: Der Jägerwettstreit, Flugzeug Classic, 07/2016, S. 13 ff
/4/ https ://www.rcgroups.com/forums/showthread.php?2010425-Heinkel-He-112
/5/ Heinkel He 112, Jagdflugzeugkonkurrent der Bf 109, Flugzeug Classic Special, Deutsche Kolbenmotor-Jagdflugzeuge 1933-1945, 01/2008, S. 14 ff
/6/ Heinkel He 112: Hoffnungsjäger, Klassiker der Luftfahrt, 02/2006, S. 10 ff
/7/ https ://www.fighter-planes.com/info/bf109.htm
/8/ http ://www.airpages.ru/eng/lw/bf109bcd.shtml
/9/ Messerschmitt Bf 109, Teil 1, V-1 – D: Der Beginn einer langen Entwicklungsgeschichte, Flugzeug Classic Special, Deutsche Kolbenmotor-Jagdflugzeuge 1933-1945, 01/2008, S. 25 ff
/10/ Heinkel He 112: Heinkel-Jäger unter der Lupe, Klassiker der Luftfahrt, 02/2008, S. 52