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Samstag, 23. September 2017, 15:07

Dau (oder Dhow) aus Lamu (Kenia)

Hier

Schwerin am Mittelmeer?

hat mir letzte Woche die Schwarmintelligenz dieses Forums (aber vor allem Markus) geholfen, herauszubekommen, was ich mir vorletzten Freitag in Schwerin in einem Antiquitätengeschäft gekauft habe.



Es handelt sich dabei ohne jeden Zweifel um das Modell einer Dau (oder Dhow) des Typs, der wohl ausschließlich auf der Insel Lamu vor Kenia gebaut und benutzt wird. Besondere Kennzeichen sind der gerade Steven, die Reling aus Matten oder Textil, der Schmuck am Bug und insbesondere das Fehlen von Decksplanken, um mehr Ladung verstauen zu können.



Es ist recht interessant, sich Fotos der Originale anzusehen, weil man damit eine gewisse Ahnung davon bekommt, wie improvisiert Holzschiffe in der Vergangenheit gebaut worden sind. Was sicher nicht nur für Afrika gilt.

Wahrscheinlich wird sich nicht klären lassen, wie das Modell aus Kenia nach Schwerin gekommen ist. Es spricht aber einiges dafür, dass dies schon zu DDR-Zeiten geschah, möglicherweise als Gastgeschenk einer politischen Delegation. Andere Fotos solcher Modelle im Netz zeigen, dass die Takelage für Transportzwecke demontierbar war – und vielfach von den Besitzern nicht korrekt wiederaufgebaut wurde.
Ich hatte anfangs vorgehabt, das Modell ein wenig aufzurüsten und unter anderem ein Lateinersegel zu setzen. Das habe ich verworfen und nicht mehr getan, als Beschädigungen zu reparieren, das Modell zu entstauben und die Takelage wieder zu richten. Alles kein besonderes Problem; das Funktionieren eines Lateinersegel ist ja keine höhere Wissenschaft. Einzig unklar ist mir noch, welche Funktion das Tau mit dem Block hat, dass oben am Mast befestigt ist und nach vorne weist. Als ich das Modell erhielt, war der Läufer um die Rah gewickelt, genau wie auf dem ersten Bild zu erkennen. Das ergibt freilich keinen Sinn. Vielleicht ist es ein Vorstag?

Im folgenden noch ein paar Detailaufnahmen. Die Plattform achten mit dem kleinen Steuerrad wirkt ein wenig unwahrscheinlich, ich habe sie allerdings auch an anderen Modellen wiedergefunden.









Im Netz ist unter anderem ein Foto zu finden, dass ein Geschäft für diese Modelle auf Lamu zeigt. Massenware für Touristen können sie nicht gewesen sein, schon wegen der Größe. Ich bezweifle nun allerdings, dass es dieses Handwerk und diesen Geschäftszweig noch gibt. Die Länder an der ostafrikanischen Küste erleben seit Jahrzehnten durch Krieg, Bürgerkrieg und Hunger einen gewaltigen ökonomischen Niedergang. Ob heutzutage der Tourismus auf Lamu ausreicht, die Schiffsmodellbauer zu ernähren? Ich fürchte, nein.
Ich habe für mein Modell, das immerhin 120 an 80 cm misst, einen Platz im Badezimmer gefunden. Das ist nicht ganz üblich so, aber ich denke, genau dieses Modell wird mit der Luftfeuchtigkeit und mit der Sonne durch das Südfenster gut zurecht kommen. Sein Anblick stimmt teils heiter, teils traurig. Einerseits ist es meiner Meinung nach ein sehr schönes Dokument eines etwas anderen, doch auch sehr zu respektierenden, traditionellen Modellbaus. Andererseits erinnert es an eine Region dieser Welt, des nun wahrlich nicht gut geht.

Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

2

Sonntag, 24. September 2017, 12:34

Vielen Dank für die Vorstellung dieses eher ungewöhnlichen aber interessanten Modells. :ok:
Es passt zwar eher am Rande nur in Deinen Beitrag, aber ich wollte es Euch nicht vorenthalten: Ich bin gestern von Kreta wiedergekommen. In Chania/ Kreta habe ich die "Minoa" besichtigt, eine Rekonstruktion eines minoischen Küstenschiffes, welches um ca. 1500 vor Christus gefahren wurde. Ich fand die Bauweise sehr interessant, die Rekonstruktion ist seefähig und mit den gleichen Materialien und Werkzeugen wie das Original gebaut. Bemerkenswert ist, dass der Kiel aus einem 22m langen Zypressenstamm hergestellt wurde, der am Vorder- und Achtersteven auf der Werft hochgebogen wurde. Auch die Spanten wurden über Flaschenzüge beim Bau bogenförmig hochgebogen und daran dann die Planaken mit Seilen festgebunden/ "angenäht" ! Abgedichtet wurde der Rumpf dann später mit einer Kalfarerung aus Hanf/ Werg und Baumharz/Teer und Rinderfett. Die gesamte Außenhülle des Rumpfes wurde mit einem Textilgewebe überzogen und ebenfalls mit dem eben beschriebenen Gemisch imprägniert.
Damit der Rumpf sich nicht wieder "entspannt" wurde außen eine Art Rahmenkontruktion um den Rumpf gelegt aus dicken Zypressenhölzern. Dieser umgab den gesamten Rumpf und hatte die Form eines liegenenden "A". An diesen wurden auch die Dollen für die Riemen angebracht, sowie die Steuerruder. Das Schiff hatte auch ein einfaches Rahsegel, welches an einem einzelnen Mast gesetzt werden konnte, wenn der Wind günstig stand.
Echt erstaunlich, was die Menschen damals schon so gebaut haben, der Drang, das Meer zu befahren, muss offensichtlich bereits sehr lange im Menschen vorhanden sein, so dieses Beispiel...

Schöne Grüße

Chris :ahoi:

Hier mal ein Videolink .
"Go and tell Lord Grenville that the tide is on the turn. It's time to haul the anchor up and leave the land astern. We'll be gone before the dawn returns. Like voices on the wind..." (A. S.)

"Mayflower"

"La Santissima Madre"



3

Samstag, 30. September 2017, 12:54

Nach längerem Suchen habe ich eine sehr „westliche“ Darstellung einer Dau aus Lamu gefunden, sie stammt aus einem 50 Jahre alten Buch und ist in einem 40 Jahre alten Buch reproduziert, das den Originaltext und die Übersetzung eines arabischen „Langgedichtes" enthält, in dem der Bau und der Betrieb eines solchen Fahrzeugs beschrieben wird. Auf der Zeichnung lassen sich praktisch alle Details meines Modells aus Schwerin wiederfinden. Ich konnte so auch den Flaggenstock, den ich unten im Schiff gefunden hatte, an die richtige Position setzen.





Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

4

Samstag, 28. Oktober 2017, 09:57

Hallo Schmidt,

Ungefähr zur gleichen Zeit habe ich zufällig ein Angebot gesehen an dem ich nicht vorbeiklicken konnte: Die arabische Dau von Mondfeld. Sehr interessantes Buch, in dem ich gestern Abend im Bett noch ein paar Seiten gelesen habe und plötzlich kam mir ein Schiff auf einer Tafel, zumindest die Form, sehr bekannt vor.
Die Beden oder auch Badan. Die neuere Bauform der Beden sieht exakt wie deine aus, wenn auch das Modell auf der Tafel keine Verzierungen trägt und die Geflechtmatten an der Reling fehlen. Dennoch: Dau ist generell ja nur ein Sammelbegriff für einen Schiffstyp mit regionalen Varianten, so ist die Beden die einzige Dau, die eben diese markante Rumpfform hat.
Alle Daus haben eins gemeinsam: das Dausegel. Es ist im Unterschied zum Lateinersegel nicht dreieckig sondern trapezförmig, bisschen wie das Lateinersegel mit angeschlagenem Bonet. Es besteht die begründete Vermutung, dass die Lateinersegel eben genau auf die Dausegel zurückzuführen sind.
Zu dem einzelnen Tau: Bei allen einmastigen Daus konnte ich bisher kein Vorstag sehen. Mondfeld schreibt zur Takelage der Beden: "Die Takelage ist denkbar einfach". Ich vermute eher, dass es sich dabei um das Fall handelt, aber das hast du, glaube ich, schon selbst rausgefunden.

Im Museum in Paris gibt es Dau Modelle unter anderem von der Beden. Davon sind auch die zwei Tafeln.

Wenn du möchtest kann ich dir da mal was zukommen lassen.

Grüße

Dany
Im Bau: Halve Maen

5

Sonntag, 29. Oktober 2017, 13:50

Gern!
Und danke!
Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

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