Hallo zusammen,
wie bei meiner Kurzvorstellung im Userforum angekündigt, möchte ich als Wiedereinsteiger nach 28 Jahren Pause versuchen mein nächstes Projekt mit einem Baubericht zu beschreiben. Ich habe mir in den letzten Tagen zahlreiche Berichte und Tipps im Internet angesehen und bin jetzt ganz gespannt, dass alles mal selber am "lebenden" Objekt auszuprobieren. Nachdem ich in das ganze Thema Modellbau wieder rein kommen möchte, freue ich mich über Euer Feedback, Anregungen, Tipps, Kritik und Ermutigungen.
Aus Jugendtagen habe ich noch einen Bausatz der Ju-52/3m in 1:72 von Italeri in der Lufthansa Ausführung (Auflage ungefähr von 1986). Der Bausatz wird scheinbar immer noch mit fast der gleichen Verpackung verkauft. Der Bausatz ist noch unberührt, allerdings sind die Abziehbilder verloren gegangen (waren ursprünglich für zwei Versionen der Lufthansa und der Schweizer Ju-Air).
Als erstes heißt es dann, sich für eine konkrete Version zu entscheiden, die gebaut werden soll. Nach einer ersten Recherche in der Literatur und im Internet, ist mir erst mal bewusst geworden, wie viele unterschiedliche Versionen es von diesem Flugzeugtyp gab. Die Ju-52 war in der zivilen Ausführung bei über 20 Fluggesellschaften eingesetzt. Dabei wurden Motor, Cockpit, Passagierraum und natürlich Bemalung in unterschiedlichsten Versionen individuell zusammengesetzt. Ich bin zum Beispiel auf mindestens acht unterschiedlich ausgestattete Instrumentenanordnungen im Cockpit gestoßen.
Als Literatur habe ich mir die folgenden Bücher mal genauer angesehen:
- Heinz J. Nowarra: Die JU 52 – Flugzeug und Legend (ISBN 3-613-01105-0) aus dem Jahr 1986 (gibt es für ein paar Euro im Buch Antiquariat) – hat sehr viele gute s/w Bilder von Zivilmaschinen
- Helmut Erfurth: Flugzeug-Legende JU 52 (ISBN 9-783956-134012), 2013 – tolles Bildmaterial in s/w und in Farbe
- Wolfgang Miertsch: Vom Original zum Modell: Junkers Ju 52 –Zivilversion (ISBN3-7637-6015-6) – bietet viele Detailfotos und Zeichnungen, hat mich insgesamt aber doch enttäuscht. Würde bei dem Titel eine maßstabsgetreue Dreiseitensicht und ein paar Farbprofile von einzelnen Maschinen erwarten. Bei vielen Fotos fehlen genauere Angaben, um welche Version es sich handelt.
Nachdem ich es gerne farbig mag (die meisten zivilen Ju-52 sind im schlichten Aluminium-Schwarz), habe ich mich am Ende für die rot-schwarz-aluminium lackierte Maschine der Dänischen Fluglinie Det Norske Luftfartselskap DNL mit der Kennung OY-DAL und dem Namen Selandia entschieden. Herpa hat im Maßstab 1:144 vor einiger Zeit ein Fertigmodell von diesem Flieger herausgebracht. Das Flugzeug mit der Werknummer 5610 wurde 1936 ausgeliefert und flog die ganze Zeit für die DNL. Im Dezember 1942 ist es dann bei einem Unfall in Wien zerstört worden.
Zu dieser Maschine gibt es ein paar schöne Fotos, die mir als Vorlage dienen sollen:
https://www.oy-reg.dk/register/1813.html
https://images-01.delcampe-static.net/im…359/492_001.jpg
https://www.prints-online.com/image/9900…5ce660f85c1.jpg
https://www.edcoatescollection.com/ac5/R…ope/OY-DAL.html
Im Buch von Nowarra ist ein Flugbild von unten, mit den großen Neutralitätskennzeichen vom Beginn des Krieges.
Es gibt ein Farbprofil, dass scheint mir aber nicht sehr nah am Original zu sein
https://airliner.narod.ru/airliners1931-ju52/ju52-ddl.jpg
Die meisten Bilder zeigen den Anstrich von 1936. An dem werde ich mich orientieren. Kennt jemand noch weitere Fotos von der Maschine?
Wenn man die Fotos mit dem Bausatz vergleicht, ergeben sich folgende (Um-)baustellen:
- Die Motoren im Bausatz sind relativ grob detailliert und von vorne mit einem runden „Blech“ mit Lüftungsöffnungen teilverkleidet, im Original der OY-DAL gibt es diese Verkleidung nicht. Wenn man das Blech weglässt, stimmt die Form nicht und es fehlt an der Detaillierung.
- Der zentrale Motor hat eine deutlich längere Motorverkleidung, als der im Bausatz.
- Die Auspuffanlage der Seitenmotoren scheint nicht wie im Modell an der seitlichen Verkleidung nach außen geführt zu werden. Leider ist auf den Fotos nicht genau zu sehen, wo diese alternativ verlaufen. Erkennbar sind vielmehr Rohre, die wie gewinkelte Ofenrohre nach vorne (!) zeigen. Wahrscheinlich befindet sich der Auspuff nach hinten unter der Motorabdeckung. Bei der Traditionsmaschine der Lufthansa D-ANQI scheint das auch so zu sein.
- Das Cockpit ist im Bausatz nur sehr sparsam detailliert. Es fehlt die Gestaltung der Seitenwände und der Rückwand, die Armstützen für den Pilotensitz, die Gurte, ein paar größere Hebel, der „Notsitz“ für den Funker und der Tank über den Sitzen an der Rückwand.
- In der Kabine kann man noch Kopfkissen, Vorhänge und Gurte ergänzen
- Auf der rechten Rumpfseite befindet sich am Fenster hinter dem Cockpit eine Tür (diese fehlt im Bausatz)
- Spannend wird die Bemalung. Ich habe im Internet kein Angebot gefunden, bei dem Decals für diese Maschine angeboten werden. Bei der Wellblech Struktur ist das aber wahrscheinlich eh schwierig. Mal schauen ob man das mit Abkleben und selber bemalen hinbekommt.
Der Bausatz hat ja schon einige Jahre auf dem Buckel, aber es gibt in diesem Maßstab scheinbar nur die militärische Version von Heller als Alternative. Bei Britmodeller bin ich auf einen interessanten Bausatzvergleich gestoßen:
https://www.britmodeller.com/forums/inde…kit-comparison/. Beide Bausätze haben so einiges an Fehlern (Größe der Fenster, Dicke des Seitenruders, Wölbung der Rumpfunterseite), aber ich halte die Abweichungen für das Gesamterscheinungsbild nicht für so gravierend. Insbesondere wenn ich den
Aufwand bedenke, an der filigranen Wellblechstruktur etwas zu ändern. Mit den Änderungen oben, bin ich glaube ich schon voll ausgelastet.
So, jetzt soll es aber endlich losgehen. Zuerst habe ich mir die Motoren vorgenommen. Wenn ich das richtig identifiziert habe, handelt es sich um den Pratt & Whitney R1340 Wasp, bzw. den Nachbau von BMW. Für einen ersten Eindruck habe ich Sie mit Revell Aqua Color Eisen, metallic 36191 lackiert und dann ein Washing mit schwarzer Wasserfarbe gemacht. Ich bin ganz
begeistert, wie gut das Washing mit Wasserfarben funktioniert. Ich habe mir Pelikan Wasserfarben Schwarz, Dunkelgrau und Ocker besorgt, und damit experimentiert. Die Farbe verträgt sich sehr gut mit Acryfarbe und lässt sich im Zweifelsfall sehr gut wieder entfernen.
Das Aussehen der Bausatzteile hat nur sehr wenig mit dem Original zu tun und ich habe lange überlegt, was sich da tun lässt. Man könnte sich einen Ersatzmotor kaufen und es gibt tatsächlich eine wunderschöne Alternative als Nachrüstteil von der tschechischen Firma Radial Engines & Wheels 72
https://www.radial-engines.cz/product.php?id=72001. Für drei Motoren dann aber knapp 30 Euro auszugeben, war mir als Nachkömmling einer Schwäbin dann aber doch zu teuer. Außerdem hat das meinen Bastlerehrgeiz geweckt

.
Also habe ich mit selbsttrocknender Modelliermasse die Mitte der Motoren etwas belebt.
Dann eine kleine Orgie mit Draht (0,6 und 0,3 mm) und Sekundenkleber
und nach wenigen Tagen sieht das Ergebnis nun so aus:
Alles andere als perfekt, aber ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem Urzustand, oder? Leider haben die Zylinder nach mehreren Kleb- und Bemalungsgängen deutlich gelitten. Wahrscheinlich hätte man besser gespritzt, als per Hand bemalt. In der ersten Runde habe ich die Drähte zu sehr überstehen lassen und sie haben dann nicht mehr in die Verkleidung gepasst. Beim nachträglichen Abknipsen haben sich einige Drähte natürlich wieder gelöst

. Zum Schluss wurde alles noch einmal mit Silber trocken gemalt.
Als nächstes kommt die Gestaltung des Innenraums. Da stellt sich natürlich die Frage, wie viel will man da investieren, wenn man dann doch nichts davon sieht. Glücklicherweise ist die JU aber gegenüber anderen Fliegern (z.B. der DC-3) sehr großflächig verglast, so dass man vom Cockpit relativ viel gut erkennen kann. Erst mal habe ich den Innenraum nach Anleitung zusammen
gebaut und mich auch an die Farbvorgaben gehalten. Auf den Originalfotos sieht man ja nur Vorhänge und die Innenseite der Bordtür. Bei den Passagiersitzen habe ich noch Kopfkissen angebracht (ebenfalls aus der Modelliermasse) und auf dem letzen Doppelsitz einen Gurt. Ich möchte die Bordtür offen lassen und das ist am Ende der einzige Sitz, an dem man die Gurte sehen wird.
Im Cockpit habe ich dem Pilotensitz Armlehnen verpasst (aus Karton), Gurte angelegt (aus Alufolie) den runtergeklappten Sitz für den Funker ergänzt (wieder Karton) und auf dem kahlen Armaturenbrett das passende Decals einer DC-3 angebracht. Zusätzlich habe ich aus schwarzen Karton ein paar Zusatzarmarturen gebastelt. Besonders stolz bin ich auf die beiden Hebel
zwischen den Fußpedalen des Piloten (Karton und 0,6 mm Draht). An der Seite des Pilotensitzes gibt ein nun auch ein großes Stellrad (0,6 mm Draht). Das Ganze orientiert sich grob an Vorlagenfotos. Ich bin da aber nicht so detailverliebt, weil vieles eh nur schemenhaft zu erkennen ist. Die Kabinentür zum Cockpit ist offen, damit später mehr Licht in den Innenraum kommt. Die weißen Wände habe ich dann mit Silber trocken gemalt, um die Details heraus zu arbeiten. Dann noch ein Washing des Kabinenbodens mit den besagten Wasserfarben, dass es nicht
so neu aussieht.
Soviel für heut. Als nächstes kommen dann die Seitenwände und die Rückwand mit Tank für das Cockpit dran und die zusätzliche Tür muss in den Rumpf eingraviert werden.