Hallo Rene,
besten Dank für Dein Interesse!
Hier jetzt zu den Unterschieden.
Auf Flickr und anderen Seiten kursiert diese Seitenaufnahme, fast im rechten Winkel. Aus einem Schlepper-Forum in den USA bekam ich ein interessantes Datenblatt zu "Long Beach" mit den Breiten- und Längenangaben. Da der Rumpf recht stimmig aussah und ich erst später einen Seitenriss fand, habe ich einfach die Breite von 7,32 m auf 1:108 gerechnet = 6,78 cm. Und ja, der Revell-Rumpf hat 6,7 cm Breite. Längen-Angaben sind nicht so leicht zu überprüfen, da es "Länge über alles" (26,5 m) gibt und registrierte Länge (24,7 m) und in Werftbaulisten noch mal andere Maße zu finden sind. Aber ok, der Revell-Rumpf passt mit hochgerechnet ca. 25 m recht gut, was auch der später gefundene Seitenriss im Buch "ST-Tugs" von J. O. Bijl bestätigt. Nur der Bug ist bei Revell nicht scharf genug.
Nachdem ich das erwähnte Seitenfoto auf 1:108 vergrößert habe, konnten in Abstimmung mit einer Vielzahl anderer Fotos die Unterschiede festgelegt werden.
Auf dem Foto sind die weißen Teile gescratcht, die Baugruppen sind nur aufeinander gelegt.
Kiel: fehlt bei Revell ganz; besonders bei der Schiffsschraube habe ich Verstärkungen zum Kiel eingebaut und den Wellentunnel neu aufgebaut
Ruder: verkleinert neu gebaut
Schraube: wird größer. Vermutlich hatte "Long Beach" eine dreiflügelige rechtsdrehende Schraube.
"Prallschutz" an den Seiten neu gebaut
Hauptdeck ist bei Revell zu dünn - ich habe es aufgedoppelt. Die Schanzkleidstützen habe ich neu gebaut. Außerdem kommt noch ein Handlauf drauf. Beim jüngsten Foto vermutlich aus Anfang der 1980er ist vorne ein mächtiger Gummi-Prallschutz angebaut und an den Seiten hängen Autoreifen.
Bug: Revell hat den Bug nicht so senkrecht. Ich habe ihn außerdem schärfer geschliffen. Leider noch nicht scharf genug, wie später gefundene Fotos zeigen.
Deckhaus: Der Hauptfehler bei Revell. Vereinfacht gesagt ist das Deckhaus bei Revell vorne rund und so nur bei sogenannten ST 327-Schleppern zu finden. "Long Beach" ist aber der Typ ST 257, bei dem das Deckhaus bugseitig rechtwinklig mit stark gerundeten Ecken ist. Die Türen-Anordnung ist dagegen vom ST 257 bei Revell. Ich vermute, dass dieser Fehler auch der Grund ist, wieso Revell-Deutschland den Bausatz nicht mehr unter "Long Beach" vertreibt, sondern ihn jetzt Harbor-Tug-Boat nennt und fertig. Es ist halt ein historischer Oldie-Bausatz aus den Pionierzeiten des Plastik-Modellbaues. Ich habe das Deckhaus also komplett neu gebaut. Bei den Bullaugen konnte ich leider nicht die Fertigware aus dem Zubehörhandel nehmen, weil sie nicht von außen aufgesetzt waren, wie meistens bei älteren Schiffen, sondern es sind nur die Schrauben/ Nieten zu sehen. Hab mir ganz schön einen abgebrochen.
Oberdeck: Neu gebaut. Bekommt noch eine Umrandung und neue Stützen.
Steuerhaus: Bei Revell zu niedrig, Fenster zu klein, außerdem fehlen untere Aufdoppelungen zum Oberdeck. Die Bullaugen habe ich so gelassen, obwohl sie nicht gaaanz richtig liegen. Den Sonnen-Regenschutz habe ich neu gebaut.
Schornstein: Bei Revell zu hoch. Außerdem muss er eine ca. 10 Grad Neigung heckwärts bekommen.
Schornsteinunterbau: Bei Revell ca. 30 % zu breit, Länge stimmt.
Masten: Werden neu gebaut. Ein Rettungsboot ist auf einem Foto von ca. 1956 noch zu sehen, in den 1970ern gibt es nur noch ein Rettungsfloß.
Ausrüstung: Vorne fehlt eine Winde und die Poller baue ich neu.
So, das sind die Unterschiede der Original-Long Beach zum Revell-Modell.
Noch ein Hinweis: Die DPC-Schlepper im St257-Design wurden auf einer Handvoll Werften gebaut und Pläne wurden nicht allzu eng ausgelegt. Nach dem Armyeinsatz (... nicht Navy!!) im Krieg wurden die meisten verkauft und weltweit zivil eingesetzt und häufig kräftig umgebaut. Nur wenige sind noch erhalten - Museumsschiffe von ST 257 sind mir nicht bekannt. Aber einige fahren noch, evtl. sogar noch die Long Beach, wenn dann wohl als "Clifford G." in Kalifornien.
So, genug Nietenzählerei. Die nächsten Wochen arbeitete ich am Oberdeck und lackiere. Wird ein bisschen dauern.
Beste Grüße Harald