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Guten Abend allerseits,
es gehört zur (zugegeben noch kleinen) Tradition in diesem Baubericht, dass zum vorläufigen Abschluss eines größeren Bauabschnittes eine
kleine Fotogeschichte erzählt wird, deren Handlung eben jenen Bereich zur Bühne hat.
Die Aufnahmen bilden dabei zwangsläufig keine fertigen Bauzustände ab und nehmen daraus resultierende Unstimmigkeiten in Kauf. Bei
zunehmender Fertigstellung des Modells wirkt es dann aber realistischer.
So geschehen im letzten Jahr, wo es anlässlich der Heckbeleuchtung einen festlichen Ball an Bord der Soleil Royal gab,
(siehe Seite 18, Beitrag Nr. 512 u. 513 ). Wer dort die kleine Geschichte verfolgt hat, wird sich über manche Ungereimtheiten insgeheim
etwas gewundert haben.
• Seit wann werden Bälle auf Segelschiffen veranstaltet ?
• Warum mussten die Mannschaften dabei unbedingt unter Deck bleiben?
• Und wer war für das Versäumnis der nicht gesetzten Positionslampen verantwortlich?
Einige Antworten findet man in der Fortsetzung der Geschichte, die nun langsam Fahrt aufnimmt. Deren Handlung verläuft zeitlich parallel
zum Ball, „beleuchtet“ jedoch den Abend aus einer anderen Sichtweise und ereignet sich vornehmlich auf dem fast abgeschlossenen
Bauabschnitt des Galions.
Abschließend noch ein Tipp: Da sich die Geschichte vornehmlich während der Nacht abspielt ist es besser das Zimmer abdunkeln, sonst sind
die Aufnahmen nicht gut zu sehen. Wer daneben auch Interesse an der Geschichte hat, sollte sich noch einmal den ersten Teil durchlesen,
Plastik: Einladung zum Kaminabend an Bord der Soleil Royal
denn die heutige Fortsetzung nimmt des Öfteren Bezug auf die vorhergehende Handlung.
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Prolog:
6.00 Uhr
Zur Morgendämmerung setzte die Soleil Royal Kurs zum Treffpunkt auf der verabredeten Insel…..
…und nahm ihre Position unweit der anderen Schiffe ein, die in der geschützten Bucht bereits vor Anker lagen.
8.00 Uhr
Kaum jemand fand die Zeit sich auszuruhen, denn der Tag war mit allerlei Vorbereitungen für den Ball erfüllt, der am späten Nachmittag
beginnen sollte und zu dem allerlei hochstehende Gäste der anderen, teils fremdländischen Schiffe eingeladen waren.
15.00 Uhr
Wie verabredet kamen dann am Nachmittag die Gäste der anderen Schiffen an Bord, feierten den Ball und nicht zuletzt sich selbst…
18.00 Uhr
Nach den letzten Instruktionen an die eigenen Mannschaften setzten auch die Offiziere der vor Anker liegenden Schiffe mit den Beibooten
über und freuten sich auf die Abwechslung und das gute Essen an diesem Abend….
20.00 Uhr
Man unterhielt sich, aß und trank, pflegte Kontakte, schloss Freundschaften und ließ es sich die ganze Nacht hindurch einfach gutgehen.
4.00 Uhr
So verstrich die Zeit, als sich plötzlich die Wachen aufgeregt unterhielten. Die Hecklaternen waren nicht beleuchtet! Was für eine Blamage,
wenn das die Offiziere der anderen Schiffe mitbekämen würde es Häme ohne Ende setzen.
Die Wache kümmerte sich gerade noch rechtzeitig vor der Morgendämmerung darum, bevor die Mannschaften auf den anderen Schiffen
etwas davon mitbekamen.
Merkwürdig, erst bei der Morgendämmerung fällt auf, dass die Hecklaternen nicht befeuert waren? Also entweder hatte die Wache völlig
verschlafen, oder es gab andere Gründe dafür…
6.00 Uhr
So ging der Ball zu Ende und auch die hartnäckigsten Gäste mussten irgendwann zu ihren eigenen Schiffen zurück.
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2. Teil
Doch die Nacht verlief keineswegs so harmonisch wie zuvor geschildert. Drehen wir noch einmal die Zeit ein paar Stunden zurück…
22.00 Uhr
Lieutenant Dumont war während des Balls der diensthabende Offizier, der es aber vorzog, einen kleinen Ball intimerer Art im oberen
Kaminzimmer des Schiffes zu veranstalten, das ansonsten nur hohen Persönlichkeiten als Unterkunft vorbehalten war. Nun, in gewisser Weise
gab es schon solch eine Persönlichkeit, denn einziger Gast des Lieutenants war Inès, die Tochter von Kapitän Bettencourt, die sich aufgrund
eines plötzlichen Migräneanfalls zum Leidwesen vieler Gäste an der Teilnahme des Balls entschuldigen ließ.
23.30 Uhr:
Beide feierten ihren ganz privaten Ball, bis die Zweisamkeit durch mehrmaliges Klopfen an der Tür unsanft gestört wurde.
„Sind Sie in der Kammer Sir ? Ich habe Sie gesucht und ihre Stimme gehört.“
„Juste un moment Sergent“, antwortete Dumont.
„Lieutenant, Sir. Pardon!, Sergent Laval mit der Wache Sir, wir haben ein Problem.“
„Mon dieux cheri, wenn Sie mich hier finden… Mein Vater verbannt dich auf ewig auf die Felsen oder Schlimmeres“,flüsterte Inès.
„Psssst.. ma chère, sei leise und rasch nach draußen auf den Balkon, danach versuche ich die Burschen abzuwimmeln“, sagte der Lieutenant.
In Windeseile flüchtete die Tochter des Kapitäns auf die Galerie des Schiffes und lehnte sich mit klopfendem Herzen dicht an das Fenster,
um möglichst viel von der Unterhaltung verstehen zu können...
„Entrez Sergent!“
„Entschuldigen Sie unser Eindringen Sir, aber es duldet keinen Aufschub.“
„Was gibt es denn so Wichtiges Laval, ist jemand von den Gästen vielleicht über Bord gegangen?“, fragte der Lieutenant.
„Sie wissen ja, dass sich heute während des Balls außer der Wache niemand von der Mannschaft auf den Decks aufhalten darf, also habe ich
meine Inspektionsrunden häufiger als üblich durchgeführt und…“
„Kommen Sie zur Sache und spannen Sie mich doch nicht so auf die Folter!“, unterbrach Dumont den Sergent.
„Hands liegt sturzbetrunken auf dem Vorschiff Sir“, antwortete Laval. „Ich habe ihn noch nicht zur Rede gestellt, Sie wissen ja, er ist ein
Heißsporn und mit dem Messer schnell zur Hand. Ich hielt es für besser, Sie zuerst zu informieren.“
„Gut gemacht Sergent, wir brauchen gerade heute Abend kein solches Aufsehen.“
„Darum habe ich auch Verstärkung mitgebracht Sir, wir sollten ihn zur Rede stellen“, erwiderte Laval.
„Zur Rede stellen? Den Kerl lass ich im hintersten Loch des Schiffes schmoren“, entgegnete Lieutenant Dumont.
„Gehen wir Sergent und nehmen Sie ihre Männer mit. Sie sollen sich bewaffnen, falls Hands durchdrehen sollte.“
Die beiden verließen die Kammer und gingen mit der Wache über das Oberdeck in Richtung Vorschiff. Dumont war dabei insgeheim heilfroh,
dass der Sergent nicht auf den Gedanken kam nachzufragen, was der Lieutenant überhaupt in der Kabine zu suchen hatte.
Auf den Decks war tatsächlich niemand zu sehen, die Mannschaften hielten sich offensichtlich an die Order.
0.00 Uhr:
Auf dem Vorderdeck angekommen deutete Laval vielsagend in Richtung Galion und meinte lakonisch: „Schauen Sie sich das an Sir, Hands
schläft seinen Rausch aus.“
Der Lieutenant blickte nach unten und erwiderte kopfschüttelnd: „Nur kein Aufsehen erregen, Gott sei Dank sind die Galionstüren geschlossen,
da bekommen die Mannschaften nichts davon mit. Los, die Schanzstufen hinunter und dann nichts wie in Eisen mit dem Kerl.“
Auf dem Deck angekommen rüttelte Laval den Matrosen heftig an den Schultern.
„Hands! Werd‘ wach Kerl! Dafür kommst du in Ketten!“
„Sir…
Sir…
Sir !!“ „Da stimmt etwas nicht“, dabei drehte er den schlaffen Körper auf den Rücken und blickte in die glanzlosen Augen des Mannes.