Sie sind nicht angemeldet.

1

Samstag, 16. Juni 2012, 16:38

Ätzteile in der Photo-Positiv-Methode herstellen

Hallo,

hier "meine" Erfahrungen und Vorgehensweise bzgl. Ätzen. Sicher hat jemand hierzu im Forum schon einen Beitrag geschrieben, den ich bisher nicht entdeckt habe.

Angefangen habe ich vor 2 Jahren mit Ätzen im Direkt-Toner-Verfahren, siehe hierzu https://thomaspfeifer.net/platinen_aetzen.htm.
Jedoch finde ich es sehr schwierig immer die richtige Temperatur beim "Bügeln" zu erwischen, und dementsprechend waren auch die Resultate.

Also habe ich mich umgeschaut und bin jetzt auf das "professionelle" Ätzen mit kleinem Budget umgestiegen.
Wobei ich mich noch als Anfänger bezeichne, hab ich doch schon ein paar Ätzteile anfertigen können.

Eine gute Übersicht zu dieser Methode findet sich hier:

https://www.mikrocontroller.net/articles…Positiv-Methode

Kleines Budget heißt, man muß schon 200 bis 250 EUR zuerst investieren.
Es lohnt sich bei Utensilien wie UV-Lampe oder Ätzmittel Preise zu vergleichen.
Die UV Lampe "OSRAM Ultra Vitalux 300W E27" wurde von 35 bis 65 EUR angeboten !

Hier mal eine kleine Aufstellung der benötigten Utensilien:

1 Blech Messing 0,2 x 150 x 250 mm , beidseitge Photo-Positiv-Beschichtung oder
1 Blech Neusilber 0,2 x 100 x 250 mm , beidseitge Photo-Positiv-Beschichtung
(Neusilber ist härter als Messing, aber damit auch schwerer zum Biegen)
Natriumpersulfat(Ätzmittel), mind 250 g pro 1L Wasser
Natriumhydroxid (Entwickler) mind 15 g pro 1L Wasser
2 Behälter 1,5l zur Aufbewahrung der Lösungen
1 Tauch-Ätzanlage
1 Laserdrucker
1 Thermometer, resistent gegen Ätzmittel
1 flache Schale, mind. 1 L Fassungsvermögen
1 UV-Lampe,
Pinzetten
Overheadfolie für Laserdrucker
2 Glasscheiben



1.Vorlage erstellen und ausdrucken
Ich entwerfe meine Vorlagen mit dem Programm Gimp 2 . Dies ist zwar kein CAD-Programm , reicht aber für meine Zwecke aus.

https://www.gimp.org/

Die Vorlagen drucke ich auf Overhead-Folien aus. Da ich immer beidseitg ätze, muß ich die Vorlage in Gimp 2 immer einmal spiegeln.
Was aber dort recht einfach geht.

Wichtig beim Ausdrucken: Den Druckertreiber auf Folie einstellen. Sonst macht der Drucker daraus schön gewelltes Plastik.
Und gibt den Geist auf ! Wenn möglich auf 600 DPI und maximalen Tonerverbrauch einstellen.



2. Belichten
Der Ausdruck wird so geschnitten und verklebt (z.B. mit Tesafilm) , daß die Spiegelbilder sich genau überdecken
und eine Art Tasche entsteht, bei der auf einer Seite später das Blech eingeführt werden kann.

Zur Belichtung verwende ich eine "OSRAM Ultra Vitalux 300W E27", die ich in 30cm Abstand zu den Blechen ausrichte.
Bei gedämpften Licht entferne ich die Folien auf beiden Seiten des Blechs und schiebe diese in die Folien-"Tasche".
Damit die Folie glatt auf dem Blech aufliegt, lege ich die Tasche zwischen zwei Glasplatten.
Bevor ich aber belichte, decke ich die Folie lichtdicht ab und lasse die UV-Lampe erst 2-3 min brennen.
Erst dann hat sie die volle UV-Wirkung erreicht. Dann entferne ich Abdeckung und belichte die erste Seite 3 min.
Dann wende ich die beiden Glasplatten und belichte wieder 3 min.

Wenn das Entwicklerbad noch nicht angesetzt ist, die Bleche entnehmen und zuerst wieder lichtdicht abdecken.





(Durch die UV-Lampe erscheint die Aufnahme mit einem Grünstich :-) )

3. Entwickeln
Nun das Entwicklerbad nach Anleitung aus Natriumhydroxid und Wasser in der Schale ansetzen.
Am besten destilliertes Wasser bei hohem Härtgrad des Leitungswassers verwenden.

Je nach Frische der Lösung dauert es 1 bis mehrere Minuten bis die Stellen, die durch die UV-Lampe belichtet worden sind,
als blankes Metall erscheinen. Es bleiben nur die Stellen bedeckt, die durch die Vorlage verdeckt waren.

Achtung, die Lösung ist zwar nicht stark ätzend, aber trotzdem lieber Handschuhe dabei tragen.
Und es gibt Flecken auf der Kleidung.

Die Lösung aus der Schale in einen Aufbewahrungsbehälter umgiessen, da sie mehrmals verwendet werden kann.
Entsorgung nur über die örtliche Schadstoffsammelstelle !





4. Ätzen.
Nun kommt der spannendste Teil.

Das Ätzen in einer Tauch-Ätzanlage. Ich habe mir das preiswerteste Modell mit Luftzufuhr und Heizstab gekauft. Ein Thermometer fehlt.

Sie reicht aber für meine Zwecke aus.

Etwas 250-300g Natriumpersulfat wird in 1L (destilliertes) Wasser nach Anleitung aufgelöst und in den Behälter der Ätzanlage eingefüllt.



Der Heizstab sollte zu Beginn auf Maximum eingestellt werden, um schnell die geforderten 50 Grad zu erreichen.
Die Temperatur sollte nie unter 45 Grad und über 55 Grad liegen.
Also bei Zeiten wieder herunterregeln. Auch heizt der ausgeschaltete Heizstab nach !
Wichtig: Warmes Wasser steigt immer nach oben. Also auf der Höhe messen wo auch die Bleche später hängen werden !

Wenn die Temperatur erreicht ist, die entwickelten Bleche einhängen und die Luftzufuhr einschalten.
Die richtige Temperatur (50 Grad) und Sauerstoffzufuhr beschleunigen den Ätzvorgang und verbessern das Ergebnis.





Je nach Frische der Lösung und Dicke des Blechs kann man nach 3-5 min die ersten Resultate entdecken.

Ruhig einige Minuten bevor die belichteten Bereiche weggeätzt sind den Heizstab ausschalten.
Und immer die Temperatur an der richtigen Stelle messen (sofern kein fest eingebautes Thermometer vorhanden).

Achtung, die Lösung ist zwar nicht stark ätzend, aber trotzdem lieber Handschuhe dabei tragen. Und es gibt Flecken auf der Kleidung.





Mit Wasser abspülen, fertig. Hier meine ersten Ergebnisse.

Lampengitter


Bajonette und Adler für Flaggenstangen.


Und wie bei der Entwicklerlösung.

Die Lösung aus der Ätzanlage in einen Aufbewahrungsbehälter umgiessen, da sie mehrmals verwendet werden kann.

Entsorgung nur über die örtliche Schadstoffsammelstelle !

Beiträge: 2 494

Realname: Johannes

Wohnort: Gastarbeiter im Bajuwarischen Königsreich

  • Nachricht senden

2

Samstag, 16. Juni 2012, 16:49

Hallo Shipboy2,

ein toller Bericht von Dir und wieder einmal eine Bereicherung fürs Forum! Herzlichen Dank, dass Du uns teilhaben lässt.

Ich selber habe in jungen Jahren sehr viel elektronische Leiterplatten daheim geätzt, was tendenziell vom Verfahren stark vergleichbar ist. Lediglich bei den Chemikalien nimmt man mitunter andere Stoffe, z. B. Eisen II Chlorid.
Als junger Mensch hat man viel Zeit und keine Kohle. Als älterer Mensch fehlt einem dann beides...

Nachdem ich auch einmal lange mit der Anschaffung aller Saemann-Utensilien geliebäugelt hatte, entschied ich mich schlussendlich doch für Lohnätzen.
Auch hierbei muss man ein bisschen Zeit investieren, bis man die richtgenLieferanten zusammengesucht und den korrekten Prozess (Konstruktion - Belichtungsservice - Ätzen) zusammen hat.
Doch dann war ich vollends begeistert. Für wirklich kleines Geld kann man wunderbar seine per Mail übersandten Vorlagen fertigen lassen.
Gerade in Anbetracht der begrenzten Haltbarkeit aller Chemikalien und auch des hohen Invests in die Belichtungs- und Ätz-Infrastruktur glaube ich nicht mehr daran, dass sich ein Kostenvorteil durchs selber ätzen ergibt.
Beschränkt man sich auf die Entwürfe, so kann man prächtig Abendstunden oder Geschäftsreisen mit Aufenthalten in Hotels etc. nutzen und dennoch Modellbau betreiben.

Dennoch kann ich sehr gut nachvollziehen, dass auch das komplette Selber-Ätzen riesig Spaß macht.

Gruß,
Johannes

3

Samstag, 16. Juni 2012, 16:55

Dennoch kann ich sehr gut nachvollziehen, dass auch das komplette Selber-Ätzen riesig Spaß macht.


Hallo,

ja, ein Kostenvorteil ergibt sich nicht, eher das Gegenteil :-). Auch ich habe schon Lohnätzen in Anspruch genommen.
Aber manchmal brauche ich eben nur ein Teil, und schauen , daß es passt.
Und wenn nicht, muß ich es noch einmal machen.

Damit kannst du eben genau deine Vorstellungen verwirklichen , und das auch kurzfristig am gleichen Abend.
Bei Lohnätzen musst du genau wissen was du willst. Im Modellbau muss man sich aber manchmal an Themen herantasten , da ist volle Flexibilität gefragt :) .

Selber ätzen bedeutet
Kosten hoch
Flexibilität hoch
Spass ja

Mr. Azuma

unregistriert

4

Samstag, 16. Juni 2012, 16:55

Das ist ja mal krass. Habe mich schon immer gefragt, wie das genau von statten geht mit dem Ätzen (sorry, hab Chemie in der 10. abgewählt - das sollte mir dann beim FWK-Studium später auf die Füsse fallen ^^) Kann man bei Dir auch was in Auftrag geben?!

Lucas.

5

Samstag, 16. Juni 2012, 17:00

Kann man bei Dir auch was in Auftrag geben?!



Hallo, leider nein. Daß ist reines Hobby, Aufträge nehme ich nicht an :-) .

Ich melde mich mal per PN wenn ich wieder ätze.

Vielleicht kann ich es mit erledigen :) , ohne Garantie .

Mr. Azuma

unregistriert

6

Samstag, 16. Juni 2012, 17:29

Sooo komplizierte Teile brauche ich auch gar nicht, hatte da wie bei Dir an Waffenoptimierung (Lanzen) und Helmzierat bei den Samurai gedacht ;)

Hypopyon

unregistriert

7

Samstag, 16. Juni 2012, 17:34

Vielen Dank fuer die Beschreibung des Verfahrens. Und Glueckwunsch zum Gelingen deiner ersten Aetzteile.

Faszinierend wie aus einem Photo ein Bajonett wird. Beim Lesen schiessen einem sofort tausend Sachen und Bauteile durch den Kopf, die man haben moechte. Seitdem ich einigermassen Loeten kann haben Messing(aetz)teile ein ganz anderes Gewicht fuer mich bekommen.

Kann es sein, dass die Aetzanlage im Prinzip mit einem Glas- oder Plexiglasbehaelter und etwas Aquarienbedarf zu simulieren waere?

Mueffelt das Ganze?

Wie schwierig ist das Design fuer jemandem der von technischem Zeichnen keine Ahnung hat? Mit Relings kaeme ich glaub ich klar, ein konisches Gebilde wie ein Kraehennest oder eben deine Laterne zu zeichnen stell ich mir schwierig vor.

Vielen Dank nochmal dafuer, uns deine Ergebnisse zu zeigen. Nur nicht aetzend werden. ;-)

8

Samstag, 16. Juni 2012, 19:26

Hallo Hypopyon,

zu deinen Fragen:

Kann es sein, dass die Aetzanlage im Prinzip mit einem Glas- oder Plexiglasbehaelter und etwas Aquarienbedarf zu simulieren waere?
Der Behälter der Ätzanlage besteht aus einem Plexiglasähnlichen Behälter.
Nur bedenke bitte, daß der Behälter auf einer Seite schmal sein muß, damit du nicht zuviel Lösung ansetzen musst. Der Behälter fasst max. 1,5 Liter.
Und die Luft wird oben eingeblasen und im Behälter auf den Boden geleitet, wo dann ein wahres Sprudelbad emporsteigt.
Mueffelt das Ganze?
Nein, aber die Flüssigkeiten sind leicht ätzend, besonder an Kleidung zu bemerken (Spritzer erzeugen nicht auswaschbare Flecken).
Wie schwierig ist das Design fuer jemandem der von technischem Zeichnen keine Ahnung hat?
Es geht. Gimp ist ein reines Malprogramm, welches ein paar nette Features wie in mm messen, freies drehen und spiegeln besitzt.
Man sollte sich natürlich immer ein paar Gedanken machen und Berechnungen durchführen. In meinem Falle musste ich jede Lampenseite um exakt 9 Grad drehen

Beiträge: 1 441

Realname: Patrick

Wohnort: Sandersdorf-Brehna

  • Nachricht senden

9

Samstag, 16. Juni 2012, 21:48

Hallo shipboy2,

schaut sehr Intressant aus was du uns da zeigst. Und es ist dir auch gut gelungen was du geätzt hast.

Ich bin auch schon eine weile am Überlegen ob ich mir selber Ätzteile herstelle da ich für ein Modell ein paar bräuchte.
Habe jedoch bisher nur erfahrungen mit dem Platinen Ätzen.

Habe es bei meinen Platinen auch so ähnlich gemacht wie du mit der Lampe. Nur bei meinem Letzten versuch hatte es nicht so wirklich geplappt.
Ob es am Ausdruck lag, hatte zuvor meine Folien mit einem HP Drucker beruckt. Jetzt verwende ich einen Epson Drucker.

Was bei mir passiert war das es Irgendwie Probleme mit der Belichtung gegeben hatte, es hatte sich beim Entwickeln alles gleich von der Platine gelöst.
Jedoch sollte der Unbelichtete Bereich eigentlich sichtbar bleiben, aber er war nach dem entwickeln weg :motz: .

Jetzt baue ich mir gerade einen Platinenbelichter. Dafür habe ich einen Gesichtsbräuner zerlegt und nehme von diesem die Röhren und die Vorschaltgeräte.

Ich kann gerne morgen mal davon ein paar Bilder online stellen wenn da Intresse besteht.

es grüßt Patrick :wink:
Aktuell im Bau: HLF 20/16 Beleuchtet u. Mercedes Benz
Auf der Warteliste: Simba 8x8, TLF 16/25

10

Sonntag, 17. Juni 2012, 11:47

Hallo,

ja stell mal bitte Bilder rein.

Ein Tip für die richtige Belichtung.

Einen Teststreifen erstellen und zuerst den Abschnitt mit der /5 (für 5 min) belichten, dann nach einer Minute verschieben wieder 1 Minute belichten usw.
Und dann entwicklen. So kannst du das beste Entwicklungsergebnis ermitteln.
Die Angaben
300
30/5
steht für Lampe 300 W, 30cm Abstand, Belichtung 5 min (da als erstes aufgedeckt summiert sich die Belichtung ja auf insgesamt 5min)
Auch schalte ich die UV-Lampe immer 2-3 min vor der eigentlichen Belichtung ein um die richtige "Betriebstemperatur" zu erreichen.


Ähnliche Themen

Werbung