Danke für die Kommentare.
Für gewöhnlich bin ich auch ein Freund der Trennung von konstruktiver und gestalterischer Arbeit, oder weniger abstrakt formuliert: Erst zusammenbauen, dann anmalen. Aber die Ölfarbenlasurmethode ist nun mal dagegen. Hätte ich z.B. das Achterkastell erst zusammengebaut (was mehr als sinnvoll gewesen wäre wegen der vielen Korrekturen), wäre es beinahe unmöglich gewesen, die einzelnen Teile zu lackieren. Insbesondere der hintere Teil des Schanzkleides wird dann unzugänglich. Viel wichtiger noch: Um die Öllasur aufzubringen, sollte das Teil flach liegen und für ein flächiges Abwischen zugänglich sein. Auch das wäre dann unmöglich. Um mir ganz sicher zu sein, den erwünschten Effekt zu erreichen, hatte ich die seitlichen Ornamente/Reliefs in Resin abgeformt, um mehrere Verfahren/Farben ausprobieren zu können. Ich habe dann die gelungensten Teile ausgewählt. Auch dies wäre bei einem vorhergehenden Zusammenbau nicht möglich gewesen.
Mit der heutigen Erfahrung würde ich allerdings folgendes machen: Zuerst ausführliche Passproben, dann lackieren, dann zusammenbauen.
Gelegentlich denke ich an den Konstrukteur des Bausatzes, heute sicher ein alter Mann. Vermutlich hat er damals gedacht, sein Lebenswerk abgeliefert zu haben (jedenfalls in diesem Bereich). Die Reale ist sicher das konstruktiv anspruchsvollste Schiffsmodell aus einem Plastikbaukasten, insbesondere durch den Aufbau der Unterkonstruktion für die Ruderbänke. Nun, und dann hat der gute Mann (es war doch ein Mann, oder?) sicher viel Schimpfe für dieses Modell bekommen, das man eben nicht OOB bauen kann, sondern eher wie eine Materialsammlung auffassen muss, die mit viel Sachverstand und Improvisationstalent zu einem schönen Modell gemacht werden kann. So ist das nun mal, wenn man anspruchsvoll ist. Ich glaube, in dieses Modell ist mehr an Gestaltungsenergie und -sorgfalt eingegangen als in viele andere seiner Art, zu vergleichen nur noch mit der Victory und der SR vom selben Hersteller. Man hat hier wirklich versucht, dem Holzmodellbau Konkurrenz zu machen und ihn durch die besonderes feine Ornamentierung der Gussteile noch übertreffen zu können (ist immerhin mindestens 40 Jahre her). Da aber gleichzeitig, das "Schnappt-und-Passt-System" der Plastikbaukästen nicht zugunsten eines nach Plan zu bauenden Modells aufgegeben werden sollte, ist ein Zwitter entstanden, der alle verstört, die glauben, zum Zusammenbau brauche man nur KLebstoff und gesunden Menschenverstand.
Schmidt