"Herr K aus B 49 Jahre". Als ich das hinter mir hörte, wusste ich
a geht was ab.
Aber zunächst das Wesentliche. Diesmal wird das hintere Schutzblech und das Hinterrad montiert.
Wie wir alle bin ich ein absoluter Gegner von Diskriminierung und Witzen auf Kosten von Randgruppen. Das müsst ihr mir glauben, ansonsten bitte nicht weiter lesen!
Also: In der Halbzeit eines Modellbauprojekts, entsorge ich so Allerlei, was während dieser Zeit angefallen ist. Ihr kennt das wahrscheinlich auch. Hunderte von Schirgelpapierschnippsel. Kappen von Spraydosen, Zig Pinsel, die nach misslungener Einfärbeversuche mit elegantem Wurf in die Höhe, auffangen hinter dem Rücken und anschließender Piourette in mindestens sieben gleichmäßige Teile unter Zuhilfenahme zwei geschwollener Hände geteilt werden, übrig gebliebene Schaschlikstäbchen, Mikadostäbchen, Zahnstocher, einige Tuben Sekundenkleber, an denen noch
Hautfetzen und anderes biologisches Material hängt, Klumpen von Spachtelmasse,Revellfarbdöschen usw. müssen entsorgt werden. Ich benutze hierfür keine
Mülltüte sondern ein Wäschekorb, der mindestens hochvoll mit den gen. Dingen gefüllt ist. Außerdem erleichtert ein Wäschekorb die Trennung des Mülls in die graue, grüne und die gelbe Tonne.
Also stehe ich mit besagtem Wäschekorb vor den stolz
vor mich positionierten Mülltonnen, bücke mich um die erste Ladung zu inspizieren und dann:
"Herr K aus B 49 Jahre".
Was denkt man in so einem Fall? Die nette Frau Nachbarin. Der Tonfall ihrer Stimme schloss jedoch das Attribut "Nett" per Definition aus. Jetzt bitte nicht böse nehmen. Es gibt so eine geheime Macht in Menschen, die gehörtes mit der Vorstellung visueller Eigenschaften verbindet. Es funktioniert. Manchmal kommt es jedoch schlimmer. Vorgestellt habe ich mir: Lockenwickler und Jogginganzug. Mit diesem Selbstschutz drehe ich meinen Kopf in gebückter Haltung nach rechts hinter mich. Nun, der erste Gedanke: Wie geht das? Der zweite Gedanke: Nicht lachen. Nur nicht lachen. An den Füßen, Schluffen mit Tigerköpfen, ein Rosafarbener Morgenmantel mit Winnie Pooh Stickereien, die sich augenscheinlich nicht mehr Wohl in ihrer verzerrten Wolle fühlten, Lockenwickler und eine Brille, die sie wahrscheinlich von ihrer Großmutter geerbt hat. Wie gesagt. Ich bin selbst Brillen- und manchmal Lockenwicklerträger und hasse Witze bezüglich dieser körperlichen Gebrechen.
"Oh, hallo Frau L aus B geschätzte 39, guten Morgen".
Ich drehte meinen Kopf wieder in Richtung Mülltonne um meine geschätzte Körperliche Arbeit weiter zu frohnen.
"Herr K aus B 49 Jahre, dasszzzzz".
Nun bekam ich eine Gänsehaut. Sie musste zirka einen
Meter hinter mir stehen und irgendetwas muss mit ihr passiert sein. Ich spürte förmlich, wie ihr Zeigefinger drohend auf mich zeigte aus dem wahrscheinlich
in der nächsten Sekunde Blitze meinen geschundenen Körper durchströmen. Von diesem scharfen "ssszz" träume ich noch heute. Damit nicht genug.
"Dassszz gehört in den Sondermüll".
Kennt ihr Menschen, die in der Lage sind, mit ihrer Stimme fünf Oktaven zu erzeugen und das pro Wort? Natürlich mit Tremello und Stakkatoartig.
Ohne mich Umzudrehen, erwiderte ich:
"Oh, hallo Frau L aus B gefühlte 89 Jahre,
das ist nur Bastlermü.."
und ehe ich zuende reden konnte: "
Herr K aus B 49 Jahre, dasszzzzz gehört in den Sondermüll".
Im Prinzip wiederholte sie sich, jedoch um gefühlte
60db lauter. Ich vermutete sie kam näher, meine rechte Hand in den Schmirgelpapierresten und meine linke Hand tief in die Zahnstocher vergraben, drehte ich meinen Kopf diesmal nach links und verharrte in Richtung meiner Garage. In diesem Augenblick spürte ich einen heftigen Schmerz in drei Finger meiner linken Hand. Na toll, wegen dieser Schei.. habe ich jetzt drei mit Farbe verseuchte Zahnstocher in den Fingern und kann mich wieder sieben Wochen wegen einer Sepsis ins Krankenhaus legen. Klar, dass das nicht alles war. Vielleicht war es schon die Wirkung der verseuchten
Zahnstocher, aber ich schwöre, dass ich meinen BMWuchs 5 Meter in die Höhe durch mein
Garagendach fliegen und dort oben schweben sah. Im gleichen Augenblick, hörte ich, wie es an mein Garagentor von innen poltere und sah ein Umriss einer Gestalt im Tor. Nein, das war natürlich nicht alles. Das Tor zerplatzte, der Leibhaftige gallopierte mit seinen
Hufen heraus, sein hinterer Schwanz klopfte wie wild auf den Boden. Er schnappte sich meine liebste Nachbarin unter den Arm, sie lachte Wahnsinnig, er drehte sich um in Richtung Garage, grinst mich blöde an, verschwindet mit ihr in den Ölabscheider meiner Garage und mein Auto landet wieder auf sicherem Boden. Während dieser Aktion sprang ihr schwarzer Kater von ihrer Schulter und rubbelt wie blöd an mein Bein. Könnt ihr verstehen, dass ich irgendwie keine Lust mehr hatte? Ich ließ den Wäschekorb, Wäschekorb sein und ging fröhlich und unbeschwert (ist eigentlich nichts passiert) zurück ins Haus. "Sag' mal! Hast du wieder Frau L aus B 28 Jahre" geärgert?", "Ich? Aber, aber.. äh", "Fang' mir bloß
keinen Nachbarschaftsstreit an!", "Äh, Müll, Katze, Teufel, Pooh...", "Ja,ja schau mal hinter dir, der Müll muss raus, aber denk daran: Schön trennen", "Ne, ich geh' da jetzt nicht raus. Hab kein Bock mehr auf ein Date mit dem Devil of Frau L". "Was? Schatz, sieh
doch mal", meine Frau öffnete tatsächlich die Tür und ich vergrub mich hinter Sie. "Da ist der Herr L aus B geschätzte 57 Jahre, ich glaube der will was von dir, er steht vor unserer Garage und lächelt freundlich. Geh' doch mal zu ihm"
Wenn ihr also demnächst euren Bastlermüll entsorgen wollt. Achtet auf eure Umgebung!