Warum ausgerechnet eine Kogge?
Mein Interesse am mittelalterlichen Schiffbau erwachte,
nachdem ich Bücher von Carl Busley und Heinrich Winter über das Hanseschiff im ausgehenden 15. Jh. gelesen
hatte. Es hat im Mittelalter offensichtlich eine Vielzahl von Boot- und
Schifftypen gegeben, von denen die wenigsten bis heute erforscht sind. Aus
diesem dichten Nebel sticht die „Kogge“ als Flaggschiff der Hanse im 13. und 14.
Jh. hervor. Dieser Schiffstyp ist in Deutschland weithin bekannt, viele haben
eine Vorstellung davon, wie sie ausgesehen haben könnte. Und dann gibt es ja auch
die „Bremer Kogge“ im Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven.

Den Bausatz „Wütender Hund“
von ShipYard habe ich im Frühjahr bei GK entdeckt. Er schien mir gut
recherchiert zu sein, war erschwinglich, und so habe ich ihn ohne nähere Prüfung
auf meinen Geburtstagswunschzettel gesetzt. Da war er nun! Mitten im Sommer.
Ich hatte also viel Zeit fürs Quellenstudium.
In der Folge las ich,
was Hagedorn und Vogel noch vor dem 1. Weltkrieg sowie Heinsius 1952 über „den
Koggen“ geschrieben haben, ebenso einige Veröffentlichungen über Fund und Restaurierung
der „Bremer Kogge“. Und danach begann mein anfänglich klares Bild von einer „Kogge“
wieder zu verschwimmen! Timm Weski und Ursula Warnke stellen offen in Frage, ob die „Bremer Kogge“
wirklich eine solche war.
Der „Bremer Schiffsfund“ weist einige Merkmale auf, die
Heinsius als „koggentypisch“ erarbeitet hat, aber das gilt auch für andere
Schiffsfunde. Es ist jedoch, mit einer Traglast von höchstens 42 Roggenlasten
nach den Maßstäben gegen Ende des 14. Jh. recht klein. Bei Vogel und Heinsius finden wir
Größenangaben von 90 – 150 Lasten! War es also doch nur ein x-beliebiges
Frachtschiff?
Fazit: Wir wissen
heute nicht, was die Menschen gegen Ende des 14. Jh. als „Kogge“ bezeichnet
haben. Für den Bau der „Wütender Hund“ hat das wenig Bedeutung. Hauptsache es
macht Freude und am Ende steht ein schönes Modell.
Es gibt zwei Fragezeichen.
Wie ich bei der Vorstellung des Bausatzes bereits angemerkt
habe, ist die Bezeichnung „Das Schiff von Piratenkapitän Klaus Störtebecker“ auf der Verpackung Mumpitz. Das Modell weicht
von der „Bremer Kogge“ insofern ab, als auf dem Vorschiff ein Kastellturm
vorgesehen ist. Diese Türme wurden nur zu Kriegszwecken aufgebaut, für den Seehandel
waren sie im Weg und reduzierten die Tragfähigkeit. Auf vielen
mittelalterlichen Stadtsiegeln sind Schiffe mit Vor- und Achterkastellen
dargestellt, und insoweit beruft „ShipYard“ sich korrekt auf die Siegel von
Stralsund und Elbing. Wenn aber die „Bremer Kogge“ keine war, sondern nur ein
kleineres Frachtschiff, dann hat man derartige Schiffe möglicherweise auch
nicht bei Kampfhandlungen eingesetzt.
Die zweite Unsicherheit betrifft das Segel, auf dem ein
großer Hundekopf schwarz ausgemalt werden soll. Sieht toll aus, aber ich glaube
nicht, dass es so einen „Schmuck“ im MA gegeben hat. Ich tippe mehr auf
naturfarbenes, mehrfach geflicktes Leinen.
Ansonsten macht der Bausatz einen vorzüglichen Eindruck.
Aber davon später mehr.