Aber das ist doch kein Hexenwerk, das ich da vorgeführt habe! Jeder Schritt ist dokumentiert, und wenn man wie du keine zwei linken Hände hat, wie dein Baubericht eindrucksvoll zeigt, dann kann man das einfach nachmachen, wenn man nur will. Davon bin ich fest überzeugt!!
Du hast recht, aus der Nähe betrachtet, sind die Prince'schen Fake-Taljen wirklich eindrucksvoller als die der Phenix. Aber sie sind auch wesentlich aufwändiger, und ab einer bestimmten Entfernung nivellieren sich die Unterschiede. Schon ab etwa 30 Zentimeter sehe ich keinen Unterschied mehr, obwohl ich ihn kenne. Und für ein Foto spielt es nun überhaupt keine Rolle mehr, welche Variante man wählt. Das für mich wichtigste Argument ist, dass die durch die Bordwand gezogenen Wanten, versehen mit aufgeklebten Webleinen nur einen ganz geringen Bruchteil der Zeit erfordern, die es kostet, die Wanten so anzubringen und auszugeben wie beim Original. Ich glaube, in der Zeit, wie es dafür braucht, kann ich einen ganzen Rumpf bearbeiten, bemalen und draken, was, nebenbei gesagt, die erheblich erfreulichere und rekreativere Arbeit ist als zum Beispiel das Knüpfen von Webleinen.
Das gibt mir vielleicht auch die Gelegenheit zu erklären, warum dieses nicht ganz anspruchslose Projekt momentan so aussieht, als sei es in die Abstellkammer geraten. Der Eindruck täuscht! Grund für den vorübergehenden Stillstand ist einer, der eng mit meinen momentanen Foto-Arbeiten rund um die kleine Statenjacht zusammenhängt. Es geht um die Segel. Ich hatte ja versucht, das Modell der Prince so genau wie möglich nach dem Vorbild des Gemäldes von Van de Velde zu gestalten. Und dabei bin ich auf ein Problem gestoßen, das ich nicht lösen konnte. Ich darf es vielleicht kurz erklären.
Auf dem Gemälde (siehe Avatar) ist das Schiff von der dem Sonnenlicht abgewandten Seite gezeigt. Die Bordwand ist recht dunkel, aber durch die Segel, die ja keine Mauern oder Zäune sind, sondern partiell durchsichtige Gebilde, scheint das Licht. Wenn ich das an meinem Modell mit den Segeln aus Seidenpapier farblich zu reproduzieren versuchte, bekam ich Segel, die mir erheblich zu hell erschienen. Eigentlich ganz logisch, denn ich hätte ja die Lichtverhältnisse des Gemäldes irgendwie „mit hinein basteln“ müssen. Mittlerweile habe ich allerdings eingesehen, dass das nicht geht, weil es nicht gehen kann.
Was geht, das ist, ein Modell mit ähnlichen physikalischen Eigenschaften wie das Original in eine reale Licht- und Himmelssituation zu stellen und dort zu fotografieren. Hier allerdings versagen die Segel aus Seidenpapier. Und das hätten sie auf ewig und drei Tage getan und damit mein Projekt unmöglich gemacht. Dann erfand Dafi zu Beginn diesen Jahres die Segel aus dem Seide/Japanpapier-Laminat, deren Struktur und Lichtdurchlässigkeit denen echter Segel wesentlich ähnlicher ist, was sich, ich denke, bei meinen Aufnahmen der kleinen Statenjacht doch recht eindrucksvoll gezeigt hat. Also ist sonnenklar (Kalauer), dass auch die Prince solche Segel bekommen muss, damit ich wenigstens einmal versuchen kann, auf einem Foto die Atmosphäre und die Anmutung des Gemäldes zumindest annähernd zu reproduzieren.
Bleibt nur noch die Hoffnung, dass ich lange genug lebe, um all diese neuen Projekte auch wirklich realisieren zu können.
Schmidt