Hallo!

So, heute möchte ich Euch mal ein eher seltenes Modell vorstellen, das ich vor einigen Jahren relativ ungeübt gebaut habe, die H.M.S. "Revenge" von Airfix im Maßstab 1:144. Der Maßstab dürfte mal wieder nicht stimmen. Laut meinen Berechnungen dürfte er eher so bei 1:110+- liegen.
Der Bausatz ist laut Prägung aus dem Jahre 1964(!), allerdings weiß ich nicht, wie alt er denn nun wirklich ist. Auf jeden Fall sah die Verpackung und die Bauanleitung so dermaßen vergilbt aus und roch nach Dachboden und/oder Kellermodder, dass das Alter sogar hinkommen könnte- ich hatte den Bausatz damals online ersteigert, er war sogar noch eingeschweißt und ohne Beschädigungen! Wenngleich die Box eher so aussah, als sei sie auch Ewigkeiten Wind, Wetter und Wasser ausgesetzt gewesen
Ich habe das Schiff gebaut, lange bevor ich überhaupt irgendwas von Modellbauforen wußte- mit anderen Worten: Ich habe ihn eben damals so gebaut, wie ich das aufgrund meiner mageren Recherche aus Büchern für richtig hielt. Nahezu "oob" aber immerhin schon mit "echten" Holzblöcken, da keine dem Bausatz beilagen. Die Takelagenverläufe habe ich mir mehr oder weniger zusammengesucht.

Und die nicht vorhandnen Nagelbänke hatte ich mir damals auch selbst hergestellt: Aus Holzleisten (eigentlich zum Beplanken von Holzschiffen gedacht) und NÄHNADELN (!), die ich in die Bohrungen der Nagelbänke geklebt und alle gleichlang gekürzt hatte. Mit etwas Klebstoff, um die Nadelöhren zu verschließen, sahen die wie amtliche Belegnägel

aus! O.K., vieles würde ich heute ein bißchen anders machen, aber das war eben damals mein "State of the art" und dazu stehe ich heute noch, trotz Plastiksegeln und nicht hundertprozentig sorgfältiger Lackierung.
Aber, worauf ich heute immer noch ein klein wenig stolz bin, ist die Gallionsfigur, die zwar auf dem Packungsartwork deutlich abgebildet war, leider jedoch im Bausatz nicht zu finden war: Der sich aufbäumende geflügelte Drache mit geöffntetem Maul, der förmlich das Wort "Revenge!!!" den Spaniern entgegenzuschreien scheint. Den habe ich damals mit einer Laubsäge aus Holz gesägt, ebenso die Flügel, die ich ihm dann spendiert habe. Weiß nicht, ob ich den heute noch so hinkriegen würde!
Aber zum Bausatz: Tja, was soll ich sagen?? Ohne jede Holzstruktur, die Details alle sehr "flat" und grobschlächtig gearbeitet. Sah alles ein bißchen irgendwie nach YPS-Gimmick aus

(kennt das noch jemandhier???) Aber immerhin mit ziemlich guter Passgenauigkeit. Aber leider auch mit den typischen, viel zu langen "stecksu-nur-in-Rumpf"- Kanonenrohren, wie man sie eben von Airfix kannte. Was soll's, hab ich sie eben gekürzt!
Die Wanten waren immerhin aus Plastikfasern vorgefertigt, auch wenn sie (Na sicher! Wär ja auch mal zu schön gewesen!!!

) zu kurz waren. Als Jugendlicher wär ich bei der Montage der Dinger verzweifeltund hätte sie vermutlich in der Regentonne irgendwann rituell gesprengt!
Zum Original: Die "Revenge" war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts so etwas wie ein Quantensprung in der Schiffsbau- und Seekriegstechnik: Schneller als alles andere, wendig und so konzipiert, dass sie ihren Widersachern mit ihrer schnellen Artillerie ordentlich Feuer geben konnte, ohne sich jedoch auf einen direkten Enterkampf einlassen zu müssen. Ihre Strategie hieß damals schon "Hit and Run", ohne Scherz, so alt ist die Redewendung schon! Von ihrer Linie her muß sie im Vergleich zu spanischen Galleonen eher wie ein schwimmender Sportwagen mit Kanonen unter Segeln gewesen sein: Flach, funktional und mit brillianten Segeleigenschaften! Die Engländer nannten ihre neue Waffe dann auch treffend "race-build galeons". Daß das Konzept dem der Armada haushoch überlegen war, können wir ja heute noch nachlesen. Nicht umsonst war sie bei der Operation das Flaggschiff unter Sir Francis Drake!
Aber am "coolsten" finde ich ja noch heute die bizarre Farbgebung, irgendwo zwischen Hofnarr und flying circus: Bunt wie ein Kaspertheater. O.K., so war eben der geometrische Renaissancedekostil aber von der Wirkung her immer auch ein bißchen wie

!
So, jetzt aber genug der Worte...
H.M.S Revenge
Im Jahre 1591 wurde sie in zwölfstündigem Kampf gegen (glaub ich) eine Übermacht von ca. 50 spanischen Schiffen bei Flores/ Azoren komplett entmastet, auch von der Besatzung überlebten lediglich einige wenige Engländer. Ihr damaliger Komandant Lord Grenville verlor kurz danach sein Leben aufgrund seiner schweren Verwundungen. Die "Revenge" wurde als Prise in Schlepp genommen, entzog sich jedoch dieser Schmach auf ihre Weise- sie sank. Ein letztes und wieder mal

!!! Nachzulesen etwas schwülstig und mit pathetischen England-Nationalstolz in dem Gedicht von A. Lord Tennyson "The Revenge - Ballad of the fleet". Nur so als Litheraturtipp am Rand!
Soweit also zu einem meiner "Frühwerke". Seid bitte etwas nachsichtig, ich war damals sehr stolz auf meine Kasperbude..!
Also denn!
Chris