@casaubon
Ich denke mal das findest nur noch in großen Museen das da ein Kurator mit Fachkenntnissen vorhanden ist. Aber auch eher selten.
Michael
Militärtechnikgeschichtliches Spezialwissen werden wenige Kuratoren haben. Die sind auch nicht notwendig, wenn derjenige sein (historisches) Handwerk versteht. Man kann ausgehen davon, daß er das tut. Nicht ohne Grund ist dafür im Regelfall eine Promotion notwendig.
Also nehmen wir an, es wird ein mit reichlich Patina beladenes Original aus einem Brandenburger Sumpf gezogen, auf einen Tieflader gezurrt und steht schlußendlich auf dem Museumshinterhof. Dann stellt sich die Frage, ob restaurieren oder nicht. Schon das ist sehr strittig. Fällt eine Entscheidung zur Wiederherstellung, dann braucht es eine Dokumentation. Diese muß im Sinne der Authentizität so nah wie möglich am Original gehalten sein. Erstes Anschauungsobjekt wäre ein erhaltenes Original, das zweite Archivbestände des Herstellers, u.s.w. Ein Modell käme in dieser Hierarchie ganz hinten, weil es selbst auf einer (möglichlicher Weise nicht validierbaren) Dokumentation beruht. Bevor also das Modell in Betracht käme, würde man nicht dieses selbst, sondern dessen Dokumentation heranziehen und auswerten. Diese, die Dokumentation die der Modellhersteller in Auftrag gab, kann ihrerseits nur in seltensten Fällen an wissenschaftlichen Standards ausgerichtet sein. Das liegt nicht zuletzt daran, daß die Hersteller nach dem Diktat kaufmännischer Wirtschaftsführung handeln, der sich die Wissenschaftlichkeit im Konfliktfall unterordnen muß.
Hier lohnt auch ein Blick auf die "Experten", die solche Dokumentationen für Hersteller erstellen. Nehmen wir, ohne den Herrn diskreditieren zu wollen, den US-Amerikaner Zaloga, der viel über Militärtechnik publiziert und nachweislich auch an der Dokumentation für Modelle mitgewirkt hat. Das Problem ist: Zaloga ist "Narrator", kein Historiker im strengen Sinne. Ein Ph.D hat er jedenfalls nicht. Würde man Schriften seiner Qualität in Deutschland als Dissertation einreichen, bekommt man sie um die Ohren gehauen. Hier schließt sich der Kreis - denn nur so wird man Kurator. Ein anderes konkretes Beispiel: Das Dragon Modell der Maus ist orientiert am Muster, das in Kubinka steht. Die (aus zwei Typen zusammengesetzte) Kubinka-Maus wäre nach gestrenger Sicht von Historikern und somit auch Kuratoren
kein Original, sondern eine ahistorische Neuschöpfung. Sieht beeindruckend aus, hat aber keinen historischen Zeugniswert. Das ist übrigens auch die Meinung des dortigen Kurators, die er mir bestätigt hat. Weder entsprach die Kombination von Turm und Wanne seiner Ansicht, noch die vorgenommen Neucolorierung. Die Historikermeinung hat im Sowjetimperium aber keine Rolle gespielt. Hier ging es nur um Ideologie: ein Zeichen über die Macht der 'fachistischen Bestie' setzen, die man besiegt hat, welches auch ein kirgisischer Steppenbauer auf Moskaubesuch versteht, der Authentizität nichtmal buchstabieren kann.
Das ist eine sehr komplexe Materie. Hinter der für Jedermann sichtbaren Fassade verbirgt sich mehr, als man annehmen sollte. Ich möchte nicht sagen, daß die Modelle von Premiumherstellern schlecht sind - ganz im Gegenteil. Aber als Vorlage für ein Ausstellungsstück, das ein Kurator mit einem Funken Berufsehre ausstellen würde: no way. Und ein "nicht-großes Museum" in Verbindung mit "ausgestellter Panzer" - das klingt paradox.
PS: Ich habe mit Interesse mehrere Bücher Zalogas gelesen und ich habe auch ein Modell der Maus, das ich für gelungen halte.