Hallo!
Ich wollte Euch mal wieder den derzeitigen Bauzustand zeigen, bzw. den Fortschritt der Takelage. Hier an dieser Stelle vielleicht mal ein kurzer Workshop zum Thema „Wanten anbringen“. Oder zumindest so, wie ich das mache.
Möglichkeiten gibt es wohl mehrere, die ans Ziel führen, also ist das hier kein Dogma sondern lediglich eine Hilfestellung, gerade auch für Leute, die sowas noch nicht so genau betrieben haben!
Zunächst werden die Wantenstränge (immer zwei auf jeder Seite, mittig gekleidet und dann mit einem abgebundenen „Auge“ versehen über den Masttopp gelegt, wobei man auf Steuerbord anfängt und dann immer abwechselnd ergänzt.
Darunter befinden sich zu aller erst die Hanger für die Seitentakel, entweder einzeln oder ebenso paarweise wie die Wantenstränge. Diese sollten ganz leicht nach vorne ausgerichtet sein, ungefähr mit Abschluss der vorderen Masttoppkante.
Dann werden jeweils abwechselnd von bugwärts aus beginnend die Jungfern eingebunden. Hier gibt es unterschiedliche Meinungen, wo sich der kurzeÜberstand befinden soll. Ich handhabe das so, dass sie stes nach hinten zeigen, das aber mehr aus optischen, denn historischen Gründen. In die Wantenstränge binde ich mit dünnem Baumwollgarn dann jeweils ein Auge für die Jungfer. Und zwar nicht in Form eines „U“ sondern eines „O“. Dann richte ich, bevor ich das Baumwollgarn festzeihe, dreimal verknote und mit Sekundenkleber sichere, die Höhe aus. Dabei orientiere ich mich zumeist an der Reling und ermittle so eine Relation. die Jungfer sollte etwas über dem gewünschten Punkt zu liegen kommen, damit sich beim Spannen alles noch etwas Richtung Rüste zieht. Sollte das Auge nicht ganz exakt sitzen, kann man sich bei geschlagenem(!) Tauwerk eines Tricks bedienen, hab ich rausgefunden: Zu lang, dann Jungfer ein bis zwei Umdrehungen
(maximal) in Schlagrichtung drehen, zu kurz, dann das Gleiche in entgegengesetzter Richtung. Aber grob sollte es stimmen, sonst verdrehen sich im ersten Fall die fertige Taljen im oberen Bereich, oder im zweiten geht zu viel Schlag im Tauwerk verloren, das sieht auch nicht richtig klasse aus. Danach wird die Jungfer eingesetzt, das kurze Ende nach oben genommen und am Wanttau mit einer kurzen Zurring zusammengezeist.
Dann kann man schon den Taljeläufer in die Jungfern einfädeln. Dieser wird stets zuerst durch das linke äußere der drei Löcher eingefädelt und auf der Rückseite durch einen kleinen Stopperknoten (hier reicht ein kurz beschnittener Doppelknoten) gesichert. Dann geht es durch alle Löcher hindurch in einer „Fahrtrichtung“ bei den unteren Jungfern immer von außen, bei den oberen von innen, und der letzte Überstand wird dann oberhalb der oberen Jungfer unter dem Tauwerk des Auges hindurch nach außen gezogen (Einfädler aus dem Kurzwarenbereich helfen da ungemein! ), um das Wanttau vier bis fünfmal rumgeführt und mit einem halben Schlag gesichert, fertig.
Zum Spannen der Talje greife ich mit einer profilierten flachspitzen Pinzette den mittleren Part des Läufers und ziehe diesen nach unten in Richtung unterer Jungfer.
gleichzeitig ziehe ich den freistehenden Part mit der anderen Hand oben stramm, so kann man ganz sachte und pö a pö die Talje spannen und dabei kontrollieren.
Durch das oben eingeklemmte Läuferende entspannt sich das Ganze auch nicht gleich wieder. Erst wenn alle Taljen gleich lang sind, die Spannung auf allen Wanten ungefähr gleich stramm ist, und der Mast nicht verzogen ist, sichere ich die Belegung nochmal mit Sekundenkleber und schneide die Läuferüberstände ab.
Dann bringe ich die obere der beiden Zurrings pro Wanttau an und richte sie alle in der Höhe auf einer Ebene aus. Das geht am besten mit einem Lineal, spitzer Pinzette und durch einäugiges Peilen vom Bug zum Heck und danach umgekehrt. Erst wenn alles stimmt, werden die Wanttauberstände abgeschnitten, und zwar mit einer sehr(!) scharfen Nagelschere, die Schnittstelle muss vorher unbedingt mit Sekundenkleber gesichert werden, ebenso die Zurrings auf der Rückseite. Dann sind die Wanten gesetzt und können ausgewebt werden.
Ich hoffe, vielleicht hilft dem ein oder anderen diese kleine Anleitung. Für die alten Hasen ist das natürlich nur bedingt interessant, ich weiß. Sauber gesetzte Wanten finde ich immer ungemein wichtig für den realistischen und ästhetischen Eindruck eines Modells, hier kann man viel versauen, finde ich. Wenn sich die oberen Jungfern etwas aus der Längsebene
verdrehen, ist das kein Beinbruch, das war in Real oft auch nicht anders. Aber im Gegensatz zum Original sollten die Wanten am Modell relativ stramm sitzen und nicht durchhängen, das war auch nicht überall in Real der Fall. Ganz leicht nachspannen lassen sie sich noch später durch Anbringung einer „Schwichtung“ oder „Verdrillung“ etwas unterhalb der Mars, diese sieht dann von vorn oder hinten betrachtet zusammen mit den Wanten ähnlich wie ein „A“ aus.
Hier mal ein paar Bilder des derzeitigen Bauzustandes, es sieht noch aus wie ein Bund Möhren rückwärts durch die Hecke gezogen, ich weiß. Aber es zeigt mal den Prozess recht deutlich.
Und hier das Vorstag mit eingebundenen Doodshofden und Taljeläufer. Das ist alles schon richtig schön stabil imZusammenspiel mit den Wanten.
Schöne Grüße
Chris
p.s.: Sagte ich es schon?? : Makros sind unbarmherzig, das wird natürlich alles noch richtig schön, entstaubt, ausgebessert und überarbeitet…