RIchelieu wußte was er kaufte um die darniederliegende französische Flotte zu modernisieren ...
Die Saint Louis ( 1626 ) ist ein Schiff aus der Endzeit der Galeonen ... in gewisser Weise ein Hybride herkömmlicher Gestaltungsmerkmale mit Elementen späterer Schiffe.
Noch enthält sie typische Merkmale wie hohe burgartige Decks und Kastelle, die aus der Zeit unzureichender Kanonen und daraus resultierender Enter- bzw Deckskämpfe stammen .
Die Kuhl ist noch mit einem als Brücke genutzten, voll begehbaren Enterschutzgitter versehen ( gegen fallende Teile half es natürlich auch ).
DIe eingangs gezeigten Referenzbilder zeigen sehr schön wie gut begehbar dieses Enterschutzgitter war und das auch genutzt wurde.
In Längsrichtung auf dieses Deck wirkenden Kanonen unterstützen das noch.
Hier fand im Fall einer Enterung eine Art Landkrieg auf See statt.
Der gesamte Bug ist im Gegensatz zu der nur wenige Jahre jüngeren Vasa ( 1628 ) noch tief und gerade.
Gleichzeititg enthält sie aber im Heckbereich schon sämtliche Gestaltungsmermale zukünftiger Generationen holländischer Schiffe.
Dort wo frühere Galleonen oft noch einen offenen Balkon hatten ist bereits eine geschlossenen Seitentaschen- und Heckstruktur vorhanden.
Die so typische vielfach gestufte Geländerstruktur hoch zum Heck ist ablesbar.
Wenn man eine der eingangs gezeigten Referenzgraphiken in Gänze ansieht, dann sieht man, daß auch schon das kleine holländische Begleitschiff solch ein klassisches holländisches Heck hatte.
Noch ist an den hinteren Stückpforten der gestufte innere Aufbau ablesbar ... das sollte sich erst 1637, rund ein Jahrzehnt später, mit der englischen" Sovereign of the Seas" ändern, die als erstes großes Schiff durchlaufende Decks als bahnbrechende Neuerung hatte.
Ich habe hier alle drei Modelle vor mir liegen und gleiche ab hier den Rest der auffälligsten Eigenheiten der Kits untereinander und mit den historischen Graphiken ab .
Auch wenn ich versuche immer einen Kit als Bereich abzudecken sind dennoch die meisten Vergleichsphotos mit allen Kits und gehören deshalb immer zu allen drei Kits.
PYRO:
Über Pyros Saint Louis mag man, nein ... darf man ... muß man ... kann man getrost geteilter Meinung sein. Ganz sicher ist der Bausatz zu kurz.
Das macht sich inbesondere in der Länge der einzelnen Decks bemerkbar.
Die Plankenstruktur ist übertrieben und die charakteristischen Merkmale übergroß dargestellt.
Auffällig im Gegensatz zu den Mitbewerbern ist PYROs fast schon sklavische Wiedergabe aller relevanten Details ... liegt so tatsächlich sehr nah an den alten Graphiken.
Als einziger der drei Kits schafft es PYRO die Geländerstruktur nach der Kuhl tatsächlich mit der Anmutung der historischen Graphik auch im Modell wiederzugeben.
Als einziger der drei hat er ein Rundgatt .... ohne das weiter werten zu wollen.
(Hier sieht man was für ein fetter Brocken das HELLER Modell ist )
Die Holzstruktur ist zu stark ... die Stückpforten teils zu nah aneinander.
Die hinterste Pforte fehlt ... eine andere ist sehr flach ... und die vorderste ist nicht am vorgesehenen Platz.
Dennoch weist er, zum Teil besser als seine moderneren Konkurrenten, so ziemlich alle wesentlichen Details des historischen Schiffes auf.
Auch die Innenseite der Bordwand ist mit Details strukturiert.
Eine gut gemachte Gallionsfigur und feine durchbrochene Details im Bereich der Gallion.
Die Löwenkopf-Speigatts sind ein schönes Detail das bei Heller ganz fehlt und bei AIRFIX nur sehr rudimentär wiedergegeben ist.
Fazit:
Es erinnert einen an frühe Blechmodelle, die auf die wesentlichen Merkmale reduziert waren, und dennoch zweifelsfrei erkennen ließen welches Vorbild dargestellt werden sollte.
Will man ein Modell mit der Anmutung eines Votivschiffes, das eher impressionistisch alle wesentlichen Merkmale des Originals schön wiedergibt, so ist die PYRO Saint Louis eine gute Wahl .
AIRFIX:
In der Gesamterscheinung wirkt sie lang und schlank.
Mit ihren teils zu weit auseinander stehenden Stückpforten scheint sie in manchen Bereichen wenig mit der zugrunde liegenden Zeichnung gemein zu haben.
Trotzdem ist es insgesamt ein prachtvolles Stück Schiff !
Licht und Schatten sind nah beieinander:
Am Heckspiegel, für den es keinerlei historische Unterlagen gibt, hat der Formenbauer sein Können austoben dürfen.
Er ist das schönste Bauteil und zeigt was am Rest des Kits noch möglich gewesen wäre.
Die Decks sind gewölbt ... leider mit erhabenen Plankenstößen.
am Rumpf sind die Plankenstöße vertieft und die Planken weisen eine zurückhaltende Maserung auf ... paßt gut zum Maßstab.
Die Grätings unglaublich fein und sehr schön durchbrochen ... leider nicht mit ebener Oberfläche.
Die Türhöhen sind insgesamt nicht stimmig ... seine Kajüte kann der Kapitän auf diesem Schiff wirklich nur noch auf allen Vieren kriechend erreichen.
Wirklich schade ist aber, daß Airfix bei der für die Saint Louis sehr charakteristischen Reling ziemlich daneben gelangt hat. Das machten Pyro und Heller deutlich besser.
Bei Airfix ist überall nur eine ausgesprochen vereinfachte Variante zu finden.
Wo die historischen Zeichnungen ein prunkvoll ausgestattetes Schiff auf dem halben Weg zur Prince oder Sovereign zeigen gibts bei Airfix nur dröge Holzklasse.
Andererseits läßt sich der Kit dadurch leichter supern.
Obendrein hat Airfix eine Stückpforte im Bereich der Reling einfach dazu erfunden.
Vorschlag die Stückpfortendeckel der REVELL Vasa zu kopieren
Die Speigatts sind eher primitiv ausgeführt und das letzte im hinteren Drittel fehlt ganz ... Vorschlag die Löwenkopfspeigatten aus dem Pyromodell zu kopieren
Die Innenseite der Bordwände sind Plain Jane ... nacktes Plastik ... keine Holzstruktur ... gar nichts ... .
Der Bugbereich ist hinsichtlich der Ornamente wirklich schwach ausgestaltet, die Gräting wiederum sehr fein gestaltet ... HELLER, PYRO (und REVELL) machen das deutlich näher am Original.
Fast schon möchte man den kompletten Bug durch eine Transplantation aus der Vasa ersetzen ... oder eventuell durch Teile aus HELLERs Bug.
Da REVELLs Vasa, AIRFIX St. Louis und auch HELLERs Saint Louis alle drei fast identisch groß sind könnte diverse Teileübernahmen recht leicht fallen.
PYRO hat hier übrigens als einziger der Drei den feinen Handlauf oberhalb der Galionsreling wiedergegeben ...
HELLER hat ihn nur gezeichnet aber nicht im Modell, AIRFIX hat gar nichts ... ( Als Referenz ist er auch bei der REVELL Vasa vorhanden )
Fazit: AIRFIX ist in vielen Bereichen puristisch detailliert. In anderen Bereichen wiederum mit wunderschönen superfeinen Details ... ein großer Zwiespalt.
Insgesamt klar der Beste der drei Kits, der mit einem beherzten Griff ins (Fremd)-Teilelager ohne großen Aufwand gesupert werden kann.
HELLER:
obwohl er im ersten Moment einen exzellenten Eindruck macht ist der Dritte im Bunde leider auf seine ganz eigene Art und Weise eine ebenso unglückliche Erscheinung wie der PYRO-Kit ... nur merkt man es nicht gleich.
Leider deshalb weil der HELLER-Kit von der Ausgestaltung der Bauteile bei weitem der schönste Kit ist ... einfach wundervoll, knackig scharfe Bauelemente bei denen es wirklich Spaß macht mit ihnen zu bauen.
Schon HELLERs falsche Maßstabsangabe von 1/200 würde aus der Saint Louis einen halben Fluzeugträger machen ... gut .. betrachten wir es als etwa 1/150 ... das kommt sehr viel besser hin.
Kommen wir zum Knackpunkt, eher den Knackpunkten des Kits:
Was hilft eine wundervolle Galionsfigur, die aber so riesig ist, daß man sie problemlos auch als Kleinwagen durchgehen lassen könnte ... ?
Eine genial durchbrochene Bugstruktur und Galionsgräting wenn sie zu breit scheint ... ?
Viele der beiliegenden Kanonen ( bis zu 30mm! ) wären in 1/200 satte 6 Meter lang!
Da können sie noch so schön gestaltet sein ...
Selbst in angenommenen 1/150 sind sie noch satte 4,5 Meter lang ...
In dem Zusammenhang sollte man dezent auf die überlieferte Gesamtbreite des Schiffes von etwa 9 Metern hinweisen.
Irgend jemand bei HELLER hatte sich bei diversen Bauteilen des Modells ganz massiv verrechnet !
Das HELLER-Modell ist in diesem Zusammenhang auch das fetteste ... um die Taille herum hat es in 1/150 satte 12m Überbreite ... im angegebenen Kitmaßstab von 1/200 wären es sogar fast 16m Breite !
AIRFIX liegt bei 9,5m, PYRO (und REVELL) bei rund 9m ... beide etwa maßstäblich passend
Die Verteilung der Stückpforten scheint mit den historischen Gemälden nur wenig gemein zu haben .... die Löwenkopf-Speigatts fehlen ganz.
Die Decksabstufungen von der Kuhl zum Heck sind zu wenig ... da schluckt Heller einfach ein komplettes Deck ... seltsam ?
Und warum die Stückpforte im Bereich der Reling einfach mal ein paar Meter nach hinten verschoben wurde ? auf der Grafik sieht man doch recht genau wo sie sitzen sollte.
Der deplazierte Balkon am Heck verursacht einen völlig falsch wirkenden Sprung am Heck.
Apropos Kuhl ... die Enterschutzabdeckung:
HELLERs feine Grätingstruktur gehört wohl zum schönsten was man so in Bausätzen zu sehen bekommt ... richtig toll !
Auch die von AIRFIX ist mit seiner feinen Längsbalkenstruktur ganz vorne dabei ... mit der realistisch hohen Anzahl von Querträgern für mich sogar die beste.
PYROs Oldtimer muß hier klar Federn lassen ... da stimmt die Struktur einfach nicht so recht.
Fazit: ein toller Kit mit unverständlichen Fehlern im Detail ... der dennoch ein schönes Modell ergibt .. oberflächlich betrachtet !