Das Wettringer Modellbauforum

Ich denke du hast in der kürzestmöglichen Form eine der Fragen gestellt, die eine der komplexesten und umfangreichsten Antworten überhaupt erfordert.
Ich versuche mal mit einem kleinen Puzzlestück den Anfang.

Was erwartet dich ?
... du bist Planer, Generalunternehmer, Bauaufsicht, Kontrolle, Zulieferer, Einkauf, Werft usw usw usw ... alles in einer Person !
Eine Sonderform der multiplen Persönlichkeit ... ( und du kannst keiner davon die Schuld geben wenn was nicht funzt ... oh wie fies ist das denn ! )

Wäre gut wenn du genauer erklärst was es denn werden soll ... Segelschiff ? Dampf ? Hybrid ? graue Flotte ? modern ? alt ?
Ich denke wenn der Weg klarer ist dann wird es hier auch mehr Antworten geben.

Je nachdem findest du mal mehr mal weniger Pläne und Anleitungen ... je mehr und bessere Pläne desto genauer wirds werden ... und je weniger Planunterlagen vorhanden sind desto mehr Fragen wirst du zwangsläufig haben.

Für erste Einblicke und eine Suche nach Literatur könntest du schon mal wie folgt googeln:
"modellschiff selber bauen+anleitung"

Mit deiner Erfahrung dürfte dir sehr vieles schon bekannt vorkommen ... aber dennoch ist alles neu weil du alles selber anfertigen mußt.
Für Details kannst du sicher auch schon die bei dir vorhandenen Fachliteratur weiterhin nutzen

Hallo trmpfp,

hier komme ich ins Spiel.


"Ein Schiff nach einem Plan zu bauen", ja diese Idee hatte ich vor ca. 6 Jahren auch.
Ich selbst war damals ein total unwissender Neuling, der in seiner Kindheit lediglich ein paar Plastikbausätze von Revell zusammengeschustert hatte.
Als ich eines Tages in der Werbung den wundervollen Holzbausatz der HMS Victory sah.

"Bauen Sie ihre eigene Victory!"; Dieser Slogan hatte mich sofort im Bann. Vor allem, weil ich schon immer einen Hang zu Segelschiffen hatte.

Als ich aber dann zu meiner Verwunderung feststellte, dass mich dieses Abo ca. 1.200 Euro kostet, (ahnungsloser Laie!) hatte es sich für mich sofort erledigt.

Ich sagte mir: "Für dieses Geld kann ich locker mein eigenes Schiff bauen und bekommen dafür noch das ganze Werkzeug!"

Also, rein ins Internet, den erstbesten Plan gesucht, der mir gefiel und ran an die Umsetzung.
Da ich in einem Planungsbüro als Zeichner tätig war, konnte ich mir die Spanten relativ schnell und einfach auf eine Schablone übertragen.

Tja, und dann ging die ganze Misere los. Was aus diesem Projekt geworden ist, kannst du bei den Bauberichten recht gut nachlesen. (Link ist in der Fußnote)
Und ich muss sagen, ohne die wundervolle Unterstützung des Forums hier, wäre das Projekt nach weniger als einem halben Jahr gescheitert.

Mittlerweile traue ich mir sagen, dass ich zumindest eine gaaaanz gaaaanz grobe Ahnung dessen habe, wie ein Segelschiff aussieht, aus was es besteht und worauf zu achten ist.
Trotzdem bin ich auch weiterhin auf die Mithilfe dieses Forums angewiesen, damit daraus doch noch irgendwann ein fertiges Schiff wird, welches man auch ansehen kann.

Also.. was ich dir sagen möchte:

Selber bauen, simpel mit einem Plan als Vorlage, ist möglich. Definitiv möglich.
Aber es ist weder billiger als ein Bausatz, noch ist es angenehmer.

Der Bausatz gibt schrittweise vor, wie man alles zusammensetzen muss.
Auch liefert er Teile, welche teilweise schon fertig vorbereitet sind. z.B. mögliche Kupferplatten für den Rumpf.
Diese musst du dir dann entweder teuer nachkaufen oder mit einem riesigen Zeitaufwand selbst herstellen.

Auch musst du dir im vornherein festlegen, in welchem Maßstab du dein Schiff bauen möchtest.
Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Baukosten und die Bauzeit, nein es hängt auch davon ab, inwieweit du deine handwerklichen Fähigkeiten einschätzt.
Mein Schiff hat beispielsweise den ganz individuellen Maßstab von 1:66. Warum? Weil es damals so auf mein Brett für die Spanten passte und gut zu rechnen ist.
Diesen Maßstab gibt es aber im Schiffsmodellbau nicht. Die nächsten Maßstäbe sind 1:64 oder 1:72.
Auch hat jeder Maßstab seine Tücken. Bei 1:100 oder noch kleiner, wird es schwierig, vor allem kleine Details darzustellen. Dafür kann man den Detailgrad im gesamten evtl. einfacher halten.
Bei 1:48 oder größer sind Details bzw. kleine Gegenstände leichter anzufertigen, jedoch steigt auch hier automatisch der Anspruch, so viele Details wie möglich darzustellen.

Entscheide dich vorher, welches Schiff es werden sollte.
Mache nicht den gleichen Fehler wie ich und suche dir den erstbesten Plan, nur weil er dir gefällt. Um dann später festzustellen, dass man eigentlich einen britischen militärischen Zweidecker will und als Vorlage ein schwedisches Handelsschiff erwischt hat.


Und was du dich sonst noch selber fragen solltest ist:
Kann ich alle notwendigen Teile selbst herstellen und wenn nicht, wo bekomme ich diese her?
Hier geht es umso ganz banale Sachen wie Kanonenrohre. Mir wurden sie relativ preisgünstig gedreht. Wobei ich mir neue, historisch korrektere anschaffen möchte.
Aber auch die Galionsfigur oder der Heckspiegel werden bei mir noch sehr interessant.

Alles in allem muss ich aber feststellen, dass ich diese Entscheidung bis heute nicht bereut habe.
Für das erste Schiff bin ich sehr zufrieden und ich bin auch froh, dass es kein Bausatz ist.
Es macht Spaß, alles selbst herstellen zu müssen, aber auch so machen zu können, wie ich es möchte. Auch wenn es handwerklich manchmal Grenzen gibt.
Jedoch ist hierbei einfach die enge Zusammenarbeit mit dem Forum das A und O.

Ich jedenfalls rede dir dein Vorhaben nicht aus und wünsche dir sehr viel Spaß dabei. Ich würde mich sogar sehr freuen!

Viele Grüße
Thomas

Sehr schön geschrieben, Thomas

Dir, ein nettes, günstiges Buch namens "historische Schiffsmodelle" von einem gewissen Herrn von Mondfeld ;-) zu kaufen. Amazon bietet das um ca. 25 eur an.

Allein diese Lektüre (es reicht das erste Kapitel über den Bau eines Rumpfes) wird dich läutern.