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Maßstab 1:72 Heinkel He 112 V-9

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Dienstag, 6. Februar 2018, 19:04

Heinkel He 112 V-9



Liebe Modellbaukollegen,

ich habe mal wieder was fertig bekommen, was ich Euch nicht vorenthalten möchte: eine Heinkel He 112. Aber seht selbst...

Geschichte

Die He 112 war Ernst Heinkels Beitrag zum Wettbewerb des RLM für einen Nachfolger der Jäger-Erstausstattung der Luftwaffe (Arado Ar 65, Ar 68 und Heinkel He 51). Neben Heinkel wünschte das RLM auch eine Beteiligung von Arado (Ar 80) und Focke-Wulf (Fw 159) an der Ausschreibung zum sogenannten „Rüstungsflugzeug IV“, später wurden noch die Bayerischen Flugzeugwerke (Bf 109) hinzugezogen. Sowohl die Ar 80 als auch die Fw 159 schieden bald aus der Konkurrenz aus, da ihre Konzepte in Zeiten raschen technischen Fortschritts schnell überholt waren. Übrigens plagten beide Muster Probleme mit dem Einziehfahrwerk; Arado setzte daher letztlich auf ein feststehendes. Von der Fw 159 wird erzählt, dass das Hydrauliksystem zu schwach ausgelegt war und Werkspilot Wolfgang Stein daher bei der Landung, nach einem bis dahin komplikationslosem Erstflug am 16.12.1935, nur jeweils ein Fahrwerksbein gegen den Fahrtwind ausfahren konnte: war das linke draußen, kam das rechte nicht nach, war das rechte draußen, blieb das linke stecken – das Flugzeug „strampelte“ also in der Luft mit den Beinen - man stelle sich das mal vor! Er flog noch die Tanks leer, landete auf dem Bauch (also dem des Flugzeugs :D ) und kam mit Schrammen davon, die Maschine aber war ein Totalschaden. /1/



Jedenfalls machten Heinkel und Messerschmitt mit ihren Entwürfen das Rennen unter sich aus. Es ist bekannt, dass sich letztlich die Bf 109 durchsetzen konnte. Für die geschichtlich interessierten Leser eine kurze Zusammenfassung, was gegen bzw. für die He 112 sprach:
  • Für gute Flugleistungen und –eigenschaften setzte Heinkels Chefentwickler, der berühmte Siegfried Günter /2/, auf Knickflügel mit elliptischem Grundriss, wie sie schon bei seiner He 70 erfolgreich angewendet wurden. Das führte aber zu relativ schweren und mit hohem Material- und Zeitaufwand herzustellenden Tragflächen. Messerschmitt sprach von 6.000 h für eine komplette 109, Heinkel wollte die Bauzeit für die 112 von 40.000 h bei den Prototypen auf 15.000 senken /3/. Vorteil Bf 109. Außerdem, auch wenn sicher nicht von entscheidender Bedeutung, bestand eine erhöhte Verwechslungsgefahr mit der Supermarine Spitfire, die ebenfalls elliptische Tragflächen besaß.
  • Auf Grund der insgesamt robusteren Bauweise waren, zumindest die ersten A-Versuchsmuster der He 112, der Bf 109 leistungsmäßig leicht unterlegen. Heinkel ließ die 112 ständig verbessern, am Ende waren beide Konkurrenten ebenbürtig, die Heinkel teilweise sogar besser. Aber da war das Rennen schon entschieden. Und man entwickelte noch immer an der 112 herum... Vorteil Bf 109.
  • Entgegen dem Wunsche des RLM war das Fahrwerk der He 112 nicht am Rumpf angeschlagen (damit sollten die Rümpfe ohne weitere Hilfsmittel mit der Eisenbahn transportfähig sein und Tragflächenwechsel feldmäßig auch ohne Stützkonstruktionen für den Rumpf ermöglicht werden) und die Kabine (zumindest bei den ersten Varianten) offen gestaltet. Das mochten zwar die Piloten, aber nicht das RLM. Formaler Vorteil Bf 109. Als eine der größten Schwachstellen der Bf 109 entpuppte sich das quasi geforderte Schmalspurfahrwerk, das im Einsatz zu zahllosen Start- und Landeunfällen führte. In allen späteren Ausschreibungen hat das RLM auf derartige Vorgaben verzichtet. Unterm Strich Vorteil He 112.
  • Piloten, die beide Typen geflogen haben, sollen die He 112 bevorzugt haben. U.a. waren Start- und Landeeigenschaften wesentlich unkritischer sowie die Steuerdrücke gleichmäßiger. Vorteil He 112.
  • Allerdings brachte Gerhard Nitschke bei einem Vergleichsfliegen am 15.04.1936 die He 112 V-2 „D-IHGE“ nicht mehr aus dem Flachtrudeln heraus und musste aussteigen. Das bedeutete neben einem Flugzeug-Totalschaden (Nitschke kam glimpflich davon) auch einen Imageschaden für die He 112. Vorteil Bf 109.
Hier ein Überblick über die Evolution der He 112:


Quelle: /4/

Die He 112 wurde ständig überarbeitet und verbessert. So erhielten spätere Versuchsmuster unterschiedlichste Motoren, kürzere und spitzere Tragflächen, einen dünneren sogenannten „Schneidenrumpf“ mit aufgesetzter blasenförmiger und geschlossener Cockpitverglasung, was zu ausgezeichneten Sichtverhältnissen führte. In /5/ heißt es, dass der Entwurf auf diese Weise noch einiges an Eleganz gewann. Würde ich so stehen lassen… :smilie:



Insgesamt sind etwa 100 Exemplare der He 112 gebaut worden, wovon die meisten exportiert wurden (Japan, Spanien, Rumänien, Ungarn). Nur während der Zeit der Sudetenkrise flogen kurzzeitig 12 Maschinen bei der Luftwaffe.



Heinkel gestand die Niederlage gegen Messerschnitt nur widerwillig ein und forcierte einen neuen Entwurf, um doch noch ins Jäger-Geschäft zu kommen, die He 100. Aber das ist eine andere Geschichte. Eine gewisse Bedeutung erlangte die He 112 noch als Testflugzeug; Heinkel stellte einige zur Erprobung von Waltherschen (He 112 V-3 „D-IDMO“) und von-Braunschen (He 112 V-4 „D-IPMY“) Raketentriebwerken zur Verfügung /6/.



Für einen Vergleich der Leistungsdaten, die wirklich nahe beieinander lagen (sogar leichte Vorteile bei den späten He 112er-Versionen), seien /7/, /8/ und /9/ empfohlen. Und wer noch an einem Bericht interessiert ist, wie die Schweizer im Sommer 1937 die He 112 (A-03 „D-IZMY“ und V-7 „D-IKIK“) beurteilten, der kann mal in /10/ schmökern.

Literatur:
/1/ http ://www.fliegerweb.com/de/lexicon/Geschichte/Focke+Wulf+Fw+159-686
/2/ Hans Dieter Köhler: Die deutsche Luftfahrt: Ernst Heinkel - Pionier der Schnellflugzeuge, Bernard & Graefe, 2. Auflage, 1999
/3/ Heinkel und Messerschmitt im Duell: Der Jägerwettstreit, Flugzeug Classic, 07/2016, S. 13 ff
/4/ https ://www.rcgroups.com/forums/showthread.php?2010425-Heinkel-He-112
/5/ Heinkel He 112, Jagdflugzeugkonkurrent der Bf 109, Flugzeug Classic Special, Deutsche Kolbenmotor-Jagdflugzeuge 1933-1945, 01/2008, S. 14 ff
/6/ Heinkel He 112: Hoffnungsjäger, Klassiker der Luftfahrt, 02/2006, S. 10 ff
/7/ https ://www.fighter-planes.com/info/bf109.htm
/8/ http ://www.airpages.ru/eng/lw/bf109bcd.shtml
/9/ Messerschmitt Bf 109, Teil 1, V-1 – D: Der Beginn einer langen Entwicklungsgeschichte, Flugzeug Classic Special, Deutsche Kolbenmotor-Jagdflugzeuge 1933-1945, 01/2008, S. 25 ff
/10/ Heinkel He 112: Heinkel-Jäger unter der Lupe, Klassiker der Luftfahrt, 02/2008, S. 52
Liebe Grüße von nochsonBastler.

"Das erinnert mich an den Mann, der sich splitternackt auszog und in einen Kaktus sprang."
"Warum hat er das getan?"
"Er hielt das damals für eine blendende Idee!"

("Die glorreichen Sieben", Mirisch/Alpha, 1960)

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Dienstag, 6. Februar 2018, 19:20

Modell

Ich habe mich für den Bau der He 112 V-9 „D-IGSI“ entschieden. Es handelt sich hier um einen späten Prototypen, der nach der Erprobungszeit als „8 * 2“ in Spanien eingesetzt wurde. Man findet einige Fotos und Zeichnungen dieser Maschine in der Literatur und auch im Internet.



Als Bausatz wählte ich die Nr. 92138 von RS Models, bis auf Bemalungsvarianten und Decals identisch mit dieser Bausatzvorstellung. (Mir war so, als wenn ich irgendwo eine Vorstellung des RSM 92138er Bausatzes gesehen hätte, finde ich aber nicht mehr. Hätte sonst eine eigene gemacht, aber nun ist‘s zu spät ;( ) Dieser wurde ergänzt durch einen Piloten von PJ Production, dem ich einen neuen Steuerknüppel spendiert habe,





Bf 109 E/F-Räder von Aires und einen Dreiblattpropeller von Quickboost (der von der Ar 196 passte am besten). Das Propellerset ist von der Qualität her recht gut, aber für's mittige Bohren des Propellerhauben-Anschlusses mit der Quickboost-Lehre war ich zu dämlich, trotz allergrößter Ruhe und Konzentration. Musste das Loch aufbohren, mit etwas Kleber auffüllen und konnte dann an der (langsam) rotierenden Motorwelle das Ganze „auswuchten“. Auf den Kauf eines ebenfalls erhältlichen, zugegeben sehr schönen, Cockpit-Instrumentenbretts von Yahu Models habe ich verzichtet, weil davon am Ende absolut nichts, aber auch gar nichts mehr zu sehen ist.
Die Decals habe ich komplett selbst gefertigt. Weiterhin habe ich, wie bei mir üblich, einen kleinen Elektromotor für den Propeller verbaut



und das Fahrwerk einklappbar gestaltet. Besonders das Hauptfahrwerk bereitete mir ziemliches Kopfzerbrechen,



da die Klappachse im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich schräg liegt. Aber selbst im unmodifizierten Bausatz ist das Fahrwerk unsauber umgesetzt, man beachte den Spalt an der Hinterkante der Abdeckung:



Erst mit dieser Hilfskonstruktion





kam ich dem ganzen auf die Spur. Die seitliche (und beim Original hydraulische) Einziehstrebe an den Fahrwerken habe ich mit 0,5mm-Lichtleitfaser dargestellt; aus Platzgründen kann man sie vor dem Einklappen der Fahrwerksbeine etwas in die Tragflächen zurückschieben. Hier nun das Ergebnis in Aktion – eingeklappt,



ausgeklappt



und wie's am Ende aussieht





In die Radkästen habe ich ein paar Profile 0,25 x 0,50 mm² gescratcht – nur so für’s Auge.
Das Heckrad



ist selbstverständlich ebenfalls klappbar und hat einen einfachen „Schnapp-Mechanismus“ bekommen. Der Witz an der Konstruktion ist, dass das elastische Element, also das obere Stück Plastiksheet in den folgenden zwei Bildern, in beiden Klapppositionen entspannt ist und nur beim Klappvorgang selbst etwas weggedrückt wird. So sollte es länger funktionieren ohne auszuleiern – denke ich.





Die Öffnungen für Lader, Bewaffnung usw. habe ich alle geöffnet, die Rohre der Bewaffnung sind durch Kanülenstücken dargestellt – nur nicht im Fahrwerksschacht, hier mimt ein Stück Plastik-Rundsheet das MG FF. Ganz nebenbei: mir fällt so spontan kein anderes Flugzeugmuster ein, das die synchronisierte Rumpfbewaffnung neben dem Motor trug, üblich ist ja eher darüber
Die Cockpithaube habe ich stundenlang polieren müssen, weil sie eine recht raue Oberfläche hatte und daher milchig wirkte. Den „letzten Schliff“ bekam sie durch ein Bad in „Pledge“, das ich mir bei einem London-Besuch vor einiger Zeit organisiert habe. Die Passform war, trotz sorgfältigem Schleifens, nicht optimal, so dass ich hier ums Spachteln nicht herumgekommen bin (übrigens steckt die größte Menge an Spachtelmasse des gesamten Bausatzes zwischen Rumpf und Kanzelhaube). Es soll auch noch eine Vacu-Kanzel geben, derer konnte ich aber nicht habhaft werden.
Lackiert habe ich außen mit Revell Aqua Color 76 Hellgrau, das ich mit 05 (Weiß matt) aufgehellt habe, um etwas wie das beim Original wahrscheinlich verwendete Grau L 40/52 zu erhalten. Innenflächen habe in RLM 02 gehalten; genauer gesagt in einem Farbton, der nach meinem Geschmack RLM 02 nahe kommt. Am Ende noch für ein gebrauchtes, aber nicht abgeranztes Aussehen ein Waschgang mit Ölfarben und Pigmente für den Ruß und fertig.

Liebe Grüße von nochsonBastler.

"Das erinnert mich an den Mann, der sich splitternackt auszog und in einen Kaktus sprang."
"Warum hat er das getan?"
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("Die glorreichen Sieben", Mirisch/Alpha, 1960)

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Dienstag, 6. Februar 2018, 19:23

Fotos

So, und jetzt gibt’s noch Bilder. Viel Spaß!

















P.s.:
Beim Betrachten der Fotos ist mir aufgefallen, dass der Bauchkühler etwas klobig wirkt. Wohl gemerkt, er ist so nicht falsch, er war ausfahrbar gestaltet, aber in der voll ausgefahrenen Position eigentlich nur beim Start (Motor läuft volle Düse und Kühlluft ist eher warm) zu erwarten. Daher habe ich ihn nochmal abmontiert und etwas gekürzt. Sieht einfach schnittiger aus, finde ich:



Liebe Grüße von nochsonBastler.

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("Die glorreichen Sieben", Mirisch/Alpha, 1960)

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Dienstag, 6. Februar 2018, 19:27

Tipp

Manchmal ist es ja so, dass man das Modell komplett lackieren möchte, aber einfach keine Möglichkeit hat, um es anzufassen oder später zum Trocknen abzustellen, weil eben überall feuchte Farbe ist. So auch bei meiner 112. Ich habe mir so geholfen, dass ich kleine Reste Plastiksheet als Hilfsfahrwerk eingeklebt habe. Als Kleber, und das ist der eigentliche Trick, habe ich Maskol von Humbrol benutzt. Das klebt ausreichend fest und lässt sich am Ende rückstandsfrei und ohne Beschädigung der darunterliegenden Farbschicht wieder entfernen (beim Lackieren war die Fahrwerksklappe geschlossen):

Liebe Grüße von nochsonBastler.

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