Hier ein Text den ihr euch einmal durchlesen solltet um dann vielleicht ein paar Sachen im Umgang mit Anfängern und Neueinsteigern zu überdenken. Einige werden den Text vielleicht schon von der MBG Vellmar Seite oder der IPMS kennen aber ich vermute mal viele noch nicht. Also bitte lesen.
MODELLBAU MACHT SPASS ???
Zwei Modellbauer unterhalten sich:
"Friulkette aus Zinn, logisch", "Ätzteilesatz, eh klar", "Washing ... aber nicht mit diesen Farben",
"Weathering über Alles", "Verlinden-Rucksäcke am Heck, was sonst".....
Alles verstanden ? - Ich glaube nicht.
Ich glaube nicht, dass ein jugendlicher Modellbauer irgendetwas verstanden hat, außer Farben.
Noch dazu, wenn er gerade versucht, sich neue Fertigkeiten anzueignen und dann an unsere zwei Freunde gerät.
Die im Handel verfügbaren Bücher und Zeitungen sind samt und sonders von Meistern des Modellbaus gestaltet
und schweben damit über den Dingen.
Es steht in keinem Buch wie lange dieser Meister (die Macht sei mit ihm) unser Hobby bereits betreibt,
und dass dieser meist weises Greisenalter erreicht hat.
Graue Haare nach dem 14ten Ätzteilesatz sind bei jenen keine Seltenheit.
Ein Modell, das ohne oder unter zu Hilfenahme weniger Zurüstsätze aber mit gelungener Bemalung
annähernd so gut wird wie ein "superdetailed" Bausatz, ist aber möglich.
So kann es doch zum Beispiel nur ein Hohn sein, wenn jemand sich einen Wagenheber aus insgesamt 64 Ätzteilen
zusammensetzt und nicht den im Bausatz vorhandenen verwendet.
Denn dieser ist nach Aufkleben von 4 Nieten, dem Anfertigen eines Hebels aus Plastikresten und nach dem Bemalen
von dem Horrorwagenheber nur mehr in einem Punkt zu unterscheiden:
der Metallwagenheber kostet extra Kohle und bringt Nüsse.
Zwei Modelle, die nebeneinander stehen, sind meist nur durch Erklärungen seines Erbauers zu erkennen.
Leopard 2 A5 KWS von Italeri neben Tamiya kann schon mal verwechselt werden. Ist mir selbst passiert.
Einziger Unterschied für unsere Brieftasche cirka 33 Euro. Wenige, aber dafür sinnvolle Ergänzungen
(Ätz-, Kunstharz- und Plastikteile) werten das Modell genug auf. Denn auch hier gilt: "Weniger ist oft Mehr".
Wollen wir unser Modell auf einer Ausstellung durch einen Wachdienst beaufsichtigen lassen,
weil es bereits die 1000 Euro - Hürde weit hinter sich gelassen hat ?
Manche beschreiten da schon fast die Grenze zur Selbstgeißelung,
wenn man zum Beispiel sieht, dass jemand Nieten im Durchmesser von 0,5 Millimeter
an die Spreizholme einer 3,7mm-PAK klebt, nur weil diese nicht genau dem Vorbild entsprechen.
Klar, es sieht toll aus, aber wer bitte fängt an Nieten zu zählen ?
Ob da jetzt 48 oder 50 Nieten drauf sind ist schon egal oder ?
Und wenn nur solches als "Super" bewertet wird, ist schon der Schaden passiert!
Es kann doch nicht sein, dass nach einem Treffen, auf dem ohnehin nur diese "Super-Bausätze" prämiert werden,
ein junger, aufstrebender Modellbauer nach Hause geht, um dort erstens seine bereits geschaffenen Werke zu zerstören
und zweitens nie wieder ein Modell zu bauen, weil er einfach deprimiert ist!
Denn nichts demotiviert mehr, als wenn einer sagt: "Keine Ätzteile, na des kann aber nix werden,
damit wirst nie einen Preis gewinnen!".
Und das, obwohl der Angesprochene erst einige wenige Monate tätig ist und dementsprechend wenig Erfahrung
und Übung hat.
Statt dass man ihm einige gute Tipps gibt und ihm (ihr) sagt, was er besser machen könnte
oder wo seine Fehler liegen, ist es leichter, ihn noch mehr herunterzumachen und total zu deprimieren!
Und es gibt bei keiner Prämierung die Klasse "Aus der Schachtel gebaut",
sondern nur das Schönste, das Größte, das Teuerste.
Teilweise wird bereits mehr Wert auf die Unterlagen zur Recherche gelegt,
als auf die Modelle oder deren Bemalung selbst!
Es kommt bei Vielen nur drauf an, möglichst viel zu verändern oder selbst zu bauen,
oder Kuriositäten zu entwickeln (Marke Jänner 1946, kurz vor Washington).
Und in letzter Zeit nimmt der traurige Kult überhand, Gefallene, zerstörte Fahrzeuge
oder zumindest tote Tiere in das Diorama einzufügen.
Ich finde das sollte nicht sein und hält wahrscheinlich ebenfalls einige ab, überhaupt anzufangen;
denn wer steht schon darauf, Tote zu betrachten? Klarerweise muss man manche Modelle selbst entwerfen
und demzufolge auch bauen, denn nicht alles ist auf dem Markt zu haben, aber es kann und darf doch kein "Muss" sein.
Denn Modellbau soll Spaß machen. Jedem gefällt sein Modell, so wie es ist, und wenn es das erste ist,
wird der Modellbauer sowieso irgendwann noch einmal fragen "Kann ich es noch aufwerten?",
zumindest wird er sich aber über den persönlichen Fortschritt seiner Fertigkeiten freuen.
Also, nicht demotivieren sondern helfen. Nicht mit Ätzteil-überladenen Modellen protzen,
sondern auch einmal Einfaches werten. Und bitte nicht Anfänger gleich aufs Glatteis führen
indem man ihnen weis macht: "Des muss so Sein!"
Ich wette, auch diejenigen die erst seit Kurzem bauen, sind froh, wenn sie von einem "Großmeister"
mit kleinen Tipps und Tricks versorgt werden.
Und diejenigen die Angst haben, Konkurrenz zu bekommen: erstens müsst ihr ja nicht gleich Alles verraten,
und zweitens kann jemand, der gerade anfängt, nie mit einem in langen Jahren gewachsenen Erfahrungsschatz mithalten!
Also nach Hause gegangen, eine Schachtel herausgezogen, Deckel aufgerissen und mit Spaß drauf los gebaut.
Mit freundlicher Genehmigung:
Holger Nitsche / © IPMS-Austria via IPMS-Deutschland
Gruß Andy