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Donnerstag, 11. Juni 2015, 10:28

Deckssprung historische Segler 17-18Jh

Hallo,

mich interessiert in letzter Zeit das Thema "Deckssprung" etwas genauer.

Grundsätzlich finde ich bei fast allen Plänen einen Deckssprung

HMS Leopard


natürlich egal ob 1 2 oder dreidecker

HMS Victory

HMS Triton/greyhound

Oft wird der Deckssprung nicht nur durch die Lage der Pforten ersichtlich, sondern auch durch die eingezeichneten Decks verläufe.



Nun meine Frage: Warum stellen diesen Deckssprung die wenigsten dar? Oftmals wird von einem geraden Batteriedeck ausgegangen.

Welchen Grund hatte denn der Deckssprung überhaupt, und warum hatten ihn manche Schiffe wohl nicht bzw andere Wiederrum. Kam der Deckssprung erst spät oder war der nur bestimmten Schiffen vorbehalten?

Grund der Gedanken um das Thema war die neue SotS von Sweaty.

Nach den plänen

Sofy

und

Sofy 2

ist eindeutig ein Deckssprung vorhanden, nach diveresen Zeichnungen



Wiederrum nich....

2

Donnerstag, 11. Juni 2015, 12:40

Moin William.

Meiner Meinung nach ist eigentlich bei allen historischen Schiffen ein Decksprung vorhanden. Er ist nur unterschiedlich stark ausgeprägt. Decksprünge sind konstruktions- und materialbedingt entstanden und sind eigentlich nur im Holzschiffbau notwendig. Der Grund ligt darin, das Bauteile mit möglichst geringen Verdrehungen eingebaut werden sollten, da dann ihre Festigkeit am höchsten ist. Dadurch kann es bei den Anpassungen an einen Rumpf zu sichtbaren Biegungen kommen (Bitte beachten: Biegung ist nicht gleich Verdrehung!). Für den modernen Stahlschiffbau gilt das nicht mehr im selben Maße. Ein moderneres Beispiel sind die Papierkorbmasten amerikanischer Kriegsschiffe. Deren konkave Form ergibt sich aus dem Umstand, dass die einzelnen Stäbe nicht gebogen sind, auch wenn es so wirkt. Also, um auf Deine Frage zurückzukommen, sollten bei Holzschiffen immer Decksprünge berücksichtigt werden.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

Meine Projekte

Einführung Kartonmodellbau

3

Donnerstag, 11. Juni 2015, 12:57

Danke schon mal für deine Antwort.

Ich hab jetzt auf die schnelle nur einen verweis auf neue Jachten gefunden bei denen der Decksprung wohl die Seetüchtigkeit erhöht. Ich habe halt jetzt vorerst mal die verlinkten Pläne angeschaut.

4

Donnerstag, 11. Juni 2015, 13:04

Neben den schon von Bernd (oben) genannten technischen Gründen
ist die Hauptfunktion vom Decksprung , dass das überkommende Wasser abfließen kann.
Dafür sind ganz unten an der Bordwand Öffnungen - die Speigatts.
Das Oberdeck und Batteriedeck bei Holzschiffen hatte immer einen Decksprung.
Die tiefer gelegenen Decks waren unterschiedlich, oft auch gerade.

Liebe Grüße
Klaus aus Leingarten

5

Freitag, 12. Juni 2015, 10:34

Ich denke der Deckssprung resultierte aus der bananenförmigen Grundform die ein Schiff ab einer gewissen Größe aufweist,
die ein optimales Verhalten des Schiffs im Wasser ermöglichen soll und die anhand der Barkhölzer etc von außen ablesbar ist.

Eigentlich sollte man dann ja annehmen, daß dann die Decks diesem "natürlichen" Krümmungsverlauf folgen wollen.
Das würde aber zu schiefen, gebogenen Decks wie in einer riesigen Badewanne führen.
Wenns zu schief ist wie soll man denn da zum Beispiel Kanonen oder auch nur einen Schrank aufstellen ? Alles würde ja rumrollen.

Der Grundform gegenüber steht obendrein das menschliche Bedürfnis sich auf weitgehend geradem Boden bewegen zu wollen.
Es hat ja einen Grund warum wir unsere Häuser schon seit Jahrtausenden nicht wie eine Berg-und Talbahn bauen.
Also hat man versucht so weit wie möglich gerade Decks in die gekrümmte Außenhaut einzubauen.

Das ist aber im Schiff ein Spagat ... denn das führt dann im Zusammenhang mit der bauchigen Außenform dazu,
daß manche Bereiche in Bug und Heck so spitz zusammenliefen, daß sie nicht mehr sinnvoll nutzbar waren.
Nur einen halben Meter oder Meter höher habe ich aber sofort wieder nutzbare Raumbreiten.

Wo das konstruktiv also nicht mehr sinnvoll ging hat man dann einen Deckssprung eingebaut um wieder nutzbare Raumbreiten und Höhen zur Verfügung zu haben.
Schließlich will man ja jeden Zentimeter des wertvollen Schiffsvolumen sinnvoll nützen können.

Über einen langen Zeitraum ging's das auch gut so und wurde auch bei vielen kleineren hölzernen Schiffen weiterhin so beibehalten.
Daß die von Dir beschriebene Stufenstruktur bei Yachten durch den Zellencharakter noch stabiler wird kann ich durchaus nachvollziehen.

Manche Schiffstypen wurden im Laufe der Jahrhunderte aber auch größer und hatten besondere Aufgaben.
Insbesondere die hier angesprochenen Kriegsschiffe.
Sie hatten im Gegensatz zu anderen Schiffen ein besonderes Ladegut ... die Kanonen .
So lange diese noch klein waren stellte ein Decksprung keine besondere Herausforderung dar.
Die Kanonen wurden schnell sehr viel größer, tonnenschwer und rollten auf Rädern ... und es wurden immer mehr.
Dabei gilt: was auf Rädern rollt benötigt einen im Idealfall glatten und geraden Untergrund ...
was unter anderem zum Wege und Straßenbau führte.

Kanonen mußten auch innerhalb des Schiffes und seiner Decks beweglich sein um sie nach Anforderung an den
gewünschten Einsatzort bewegen zu können ... zur Ausrüstung, Umrüstung, Reparatur nach Gefechten etc.
Und da ist ein Deckssprung von auch nur einer einzigen Stufe ein riesiges, nur schwer zu überwindendes Hindernis.
Eine Kampfmaschine, und nichts anderes ist ein Kriegsschiff, sollte im Idealfall reibungslos funktionieren.
Dieser Grundanforderung bzw Herausforderung mußte sich demzufolge der Gestalter des Schiffes stellen.

Gleichzeitig wurden insbesondere diese Schiffe aber auch deutlich länger und größer.
Die Form der Banane wurde demzufolge ein bischen weniger rund und ermöglichte damit andere Strukturen.

Also versuchte man innerhalb dieser nun gestreckteren, flacheren Grundform wiederum die Decks weitgehend
stufenlos und möglichst gerade, mit nur leichter Krümmung, zu konstruieren um diese Kampfdecks weitgehend "barrierefrei" zu gestalten.
Eine leichte Krümmung ist ja, wie schon oben beschrieben, sinnvoll um eingedrungenes Wasser wieder abfließen zu lassen.

Die ersten Schiffe bei denen dieser Spagat zwischen gekrümmter Außenform und optimaler Innengestaltung in Form eines
durchgehenden und damit voll nutzbaren Decks gelang waren deshalb eine technische Revolution.
Sie wurden dadurch berühmt ... zum Teil über die Jahrhunderte bis heute.

Bei den meisten Modellen wird der Sprung nicht gebaut weil man ihn nachher eh niemals sieht ... wozu also die Mühe ?
Viele sind an der Stelle her nur ein massiver Holzblock oder Riesenspanten die nur die äußere Form ermöglichen sollen.
Deshalb wird man den Sprung nur bei teils offenen oder Schnittmodellen darstellen ... aber die sind eher selten.

Just my 2 Cents
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

"When all else fails ... Read the instructions" ( LINDBERG 1965 )

Youth, talent, hard work, and enthusiasm are no match for old age and treachery !
( In memoriam Prof. John A. Tilley, † 20.07.2017 )

6

Freitag, 12. Juni 2015, 12:23

Hi Showrodder,

danke für deine 5 Cent!

Bei den meisten Modellen wird der Sprung nicht gebaut weil man ihn nachher eh niemals sieht ...


Doch, genau dadurch bin ich drauf gekommen. Mit dem Deck ergeben sich halt die Aufstellungs höhen der Kannonen. Damit ergeben sich die Pforten. Und damit sehr wohl das Äußere erscheinungsbild.

Ich habe beim Bau meines Schiffchens extra den Deckssprung dargestellt weil mir die geschwungene Linie des Pfortenverlaufes so gefällt. Auf der anderen seite ist gerade der Pfortenverlauf hier zuletzt heiß diskutiert worden.

Unterm strich gehts aber daraum. War in Echt so...muss auch ans Model wenn man sich an der realität orientiert.

7

Samstag, 13. Juni 2015, 11:47

Oh dann hatte ich Dich teils falsch verstanden ...
ich hatte mich eher auf entsprechend gebogen gebaute Decks bezogen ...
die sind echt selten weil es der jeweilige Bausatz von seiner Konstruktion her gar nicht vorsieht.
Da werden ja quasi nur die entsprechenden Pforten am vorgesehenen Ort simuliert.

Aber einen leicht geschwungenen Pfortenverlauf findet man hier doch immer wieder in den Modellen.
So selten ist das doch nicht, oder ?

Wenn sich die Verlaufslinien von Barkhölzern und Pforten kreuzen empfindet das Auge das manchmal als wenig harmonisch.
Kommt sehr aufs Vorbild an ... manchmals siehts in Skizzen Van de Veldes sogar so aus als wären
die Pforten im Verlauf bolzgerade und würden am Heck sogar nach unten wegrutschen ...
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

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Samstag, 13. Juni 2015, 18:05

Rührt der Decksprung nicht einfach daher, dass der Plankenverlauf bei einem Schiffskörper automatisch vorne und hinten nach oben verläuft? Man erfährt das ja, wenn man an das Spantengerüst eine Planke anlegt.
Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

9

Samstag, 13. Juni 2015, 18:25

Nicht ganz, denn der Plankenlauf der Außenhaut ist deutlich stärker zu den Schiffsenden hochgezogen als der Decksprung. Hat aber auch damit zu tun, die Planken möglichst nichtzu verdrehen - in sofern richtig.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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Einführung Kartonmodellbau

10

Samstag, 13. Juni 2015, 19:11

Das kanns aber nicht sein ...
im Grunde kann man in jede beliebige Form eine absolut gerade Ebene einziehen

Vorteile einer gewölbten Form sind der "automatische" Wasserablauf zur Mitte und vom Zentrum nach den Seiten

Zudem müßte sich eine gewölbte Form stabiler verhalten als eine Platte ...
ein plattes Blech wabbelt und ist leicht verdrehbar ...
sobald es eine schüsselartige Form hat ist es weitaus fester
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

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11

Samstag, 13. Juni 2015, 20:24

Doch kann es. Außer Du beplankst das Deck gerade und verzichtest auf die der Rumpfform folgenden und durchlaufenden Plankengang am Rand und stückelst dort stattdessen. Dieser Plankengang ist aber für die Rumpfstabilität nicht unerheblich. Folglich sollte dieses wichtige Bauteil möglichst wenig verdreht eingebaut werden.

Die Wölbung ergibt sich automatisch und damit die höhere Stabilität der Form. Du hast recht, eine gewölbte Fläche ist immer stabiler. Möglichst geringe Verdrehung der Bauteile = maximale Materialfestigkeit ergibt fast automatisch gewölbte Bauteile und damit hohe Stabilität der Form/des Rumpfes.
Schöne Grüße,
Bernd

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Einführung Kartonmodellbau

12

Sonntag, 14. Juni 2015, 01:34

Je weiter man im Holzschiffbau technisch kam, desto gerader konnte man bauen. Siehe die letzten Dreidecker im 19. Jahrhundert. Die sehen aus wie Kastenbrote.
Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

13

Sonntag, 14. Juni 2015, 14:44

Stimmt, aber bei denen wurden bereits recht viel Stahl und Gusseisen verwendet, was der Festigkeit der Rümpfe zu Gute kam.
Schöne Grüße,
Bernd

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Einführung Kartonmodellbau

14

Sonntag, 14. Juni 2015, 15:28

Hinsichtlich dessen, daß eine Wölbung erhebliche statische Vorteile bietet und zudem die extrem wichtige Funktion
der Wasserführung hinsichtlich des Wasserablaufs bietet sind wir offensichtlich gleicher Meinung.
Aber der Argumentation dorthin mag ich am Plankengang nicht so gerne folgen.

Vielleicht sollten wir einfach von einer deutlichen Entwicklung über viele Jahrhunderte hinweg ausgehen..

So ist in vielen spätmittelalterlichen bzw früh-neuzeitlichen Darstellungen noch ein starker Deckssprung anzunehmen
der durch eine starke Krümmung der Linie der Stückpforten sichtbar wird.
Da folgte er weitgehend der Beplankung der Außenhaut und ist damit in seinem Schwung den Barkhölzern sehr ähnlich.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c…_%281600%29.jpg

Je weiter die Technik fortschritt desto flacher wurden die Decks.
Bereits im 17/18 Jahrhundert unterscheidet er sich in vielen Fällen erheblich vom Schwung der Außenhaut und die Stückpforten durchschneiden in der Regel
besonders Richtung Bug und Heck diese scheinbar natürlich vorgegebene Form sehr deutlich.

Der Deckssprung hatte, so meine Einschätzung, im Laufe der Zeit zunehmend nur noch eine zweitrangige Funktion,
die durch die nur noch leichte Wölbung zwar noch immer Stabilität brachte aber hauptsächlich einer quasi automatischen Entwässerung diente ...

Wenn die Außenplanken mit viel Hitze in ihre optimale Form gebogen wurden dann gehe ich davon aus,
daß man das in genau gleicher Weise auch innen gemacht hat.

Wenn ich mir die Art Schiffe zu bauen wie in den folgenden Links vor Augen halte ...
es wurde offensichtlich ja zuerst nur eine Art Hohlkörper gebaut ...
dann bin ich der Meinung, daß innerhalb dieses Spantenwaldes so ziemlich jede Decksform eingebracht werden kann
und es einen "natürlichen" Verlauf nicht wirklich gegeben haben kann.

Hier vertrete ich die Ansicht, daß die Decks zunehmend in ihrer Höhenlage und lichten Höhe an der maximalen Nutzbreite
des jeweiligen Rumpfes ausgerichtet waren bzw sich diese Parameter gegenseitig beeinflußten.
Einfach um einen optimalen Kompromiss zwischen höchster Stabilität und bester Nutzung zu erzielen.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c…f_Amsterdam.jpg

https://2.bp.blogspot.com/-_Yutp5c2oik/V…0/plaat1779.jpg

https://www.zaans-industrieel-erfgoed.nl…scheepswerf.jpg

https://www.zaans-industrieel-erfgoed.nl…krombranden.jpg
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
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Sonntag, 14. Juni 2015, 19:34

Markus, wir liegen mit unseren Meinungen gar nicht weit auseinander. Schmidt hat es sehr gut auf den Punkt gebracht:
Je weiter man im Holzschiffbau technisch kam, desto gerader konnte man bauen.
Je weniger die Decks für die Festigkeit entscheidend waren, desto mehr konnte man sie in die jeweils nützlichste Form bringen. Und die ist nun mal möglichst eben.
Schöne Grüße,
Bernd

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16

Donnerstag, 8. Oktober 2015, 22:42

Wenn ich mal meinen Einwand wenigstens zur Victory geben darf, sie hatte auf gar keinen Fall einen Decksprung, zumindest da kann ich es sagen mit eigenen Augen gesehen zu haben. Ebenso war die Sovy ein "Glattdecker", was leicht gerade an der hier gezeigten Zeichnung zu erkennen ist. Man lege einfach ein Lineal an den Pforten entlang und sehe das alle in einer Linie liegen.
Was hat der arme Horatio verbrochen dass ihr ihn, diesen Hänfling zur See schicken wollt? Suckling 1771

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