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Sonstiges: Kartonbau

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31

Freitag, 6. Februar 2015, 16:54

Moin Andi.

Grundsätzlich wäre das mein Tipp gewesen, nämlich die Verlagsseiten. Ansonsten sind meine bevorzugten Shops dieser Hier 1 und dieser Hier 2.
Alternativ bliebe die Bucht. Dort werden aber manchmal Preise gezahlen, da fällt man glatt vom Glauben ab. Sag mir mal per PN was Du suchst, vielleicht kann ich Dir weiterhelfen.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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32

Freitag, 6. Februar 2015, 17:00

Tschuldigung Felix, Deine Frage hatte ich glatt überlesen. ;( Ich habe erst
einen Händler aufgetan, der Klebefolien an Privat verkauft, und zwar www.modulor.de. Allerdings auch nur in Großmengen wie meine Rolle. Da ist übrigens eine Korrektur nötig: Es sind 6 qm, nicht 30qm. Ich habe bloß eine 10m-Rolle. Also muss man schon etwas ins Geschäft stecken.
Schöne Grüße,
Bernd

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33

Freitag, 6. Februar 2015, 17:47

Kleine Materialkunde

Dieser Teil wird etwas theorielastig, aber Materialwissen hilft, wie ich finde, bei der Umsetzung und Verwirklichung unserer Projekte. Vereinfacht gesagt ist Karton im Wesentlichen Papier mit einer größeren Dicke. Er ist ein aus Zelloulose hergestellter Werkstoff. Es gibt eine Vielzahl von Kartonarten, jeweils für die unterschiedlichsten Einsätze wie z.B. als Grafikuntergrund oder als Verpackungsmaterial.

Bögen aus Papier und Karton werden in der Regel nicht nach ihrer Stärke sondern nach der flächenbezogenen Masse bezeichnet, und zwar in g/m2. In Deutschland spricht man umgangssprachlich von Papier bei flächenbezogenen Massen von 7 g/m² bis 150 g/m², von Karton bei 150 g/m² bis 600 g/m² und von Pappe bei mehr als 600 g/m². Das Ganze macht es etwas schwierig für uns den richtigen Karton für Verstärkungen heraus zu finden, denn diese Angaben in Modellbaubögen sind meistens auf mm bezogen. Zumindest Pappen werden in der Regel mittlerweile auch nach Stärke sortiert.
Man kann die Bögen also ausmessen oder aber die Stärke grob berechnen. Für Papier oder Karton kann mit der folgenden Faustformel ein ungefährer Anhaltswert für die Stärke eines Bogens ermittelt werden, hier am Beispiel von Schreibpapier.

Papiergewicht (80 g/m²) geteilt durch Rohdichte Papier (ca. 800 kg/m³) = 0,1 mm. Bitte nicht an den verschiedenen Dimensionen stören. Die Umrechnungsfaktoren von kg zu g und von m zu mm sind jeweils 1000 und heben sich gegenseitig auf. Das Ergebnis ergibt jedenfalls eine gute Näherung.

Aus der Vielzahl der Papier- und Kartonarten möchte ich hier auf die für uns wichtigsten eingehen.

Schreibpapier:
Obwohl sehr dünn gut zur Herstellung schmaler Röhren geeignet.

Bastel- oder Karteikartenkarton:
Ein glattes Material das üblicherweise für Modellbaubögen Verwendung findet. Das Flächengewicht schwankt von Anbieter zu Anbieter, liegt aber um 160 g/m².

Finnpappe:
Dieses Material wird auch Filzpappe oder Bierfilzkarton genannt. Es besteht im Wesentlichen aus feinem Holzschliff und ist schichtweise verleimt. Es ist gröber in der Textur und wird daher in der Regel für Verstärkungen aller Art verwendet. Das Material ist leicht und lässt sich gut schneiden, selbst bei 2mm Materialstärke. Das was das leichte Zuschneiden ermöglicht, nämlich die poröse Struktur, ist auch gleichzeitig der größte Nachteil: Finnpappe bricht leicht und feine Strukturen neigen zum Zerfasern. Dem kann man allerdings durch „Härten“ mit Sekundenkleber begegnen.

Graupappe/-karton:
Graupappe ist ein steifes und festes Material. In ihr werden auch mineralische Bestandteile als Füllmaterial verarbeitet. Das macht die Graupappe schwer, recht fest und schwierig zu bearbeiten. Das Material ist in der Regel beidseitig glatt. Man kann es daher sowohl für Verstärkungen, als auch direkt als Bauteil verwenden. Gerade die Festigkeit macht diese Pappe auch in geringerer Stärke für Verstärkungen aller Art brauchbar. Die Schwierigkeit der Bearbeitung bezieht sich sowohl auf den enormen notwendigen Kraftaufwand (ab 0,5mm aufwärts gibt es schon mal blutige Finger – ernsthaft), als auch auf den hohen Verbrauch an Schneideklingen, denn die eingearbeiteten Mineralkörner wirken wie Schmirgelpapier.

Von diesen Kartonarten sollte man sich einen kleinen Vorrat anlegen. Eine weitere Kartonart, die im Modellbau Verwendung findet ist der Museumskarton, bei uns in Deutschland auch Bristolkarton genannt. Er besteht aus sehr hochwertigen, schichtweise verleimten Grundstoffen, wie Papieren. Oft ist die Deckschicht reinweiß und immer holzfrei, während die mittleren Schichten schon mal grau und holzhaltig sein können. Dieser Aufbau erinnert an Sperrholz und sorgt für eine hohe Festigkeit und Stabilität, sowie auch für Langlebigkeit. In der Bearbeitung gleicht er Graupappe. Auf Grund der hochwertigen Materialien ist er aber recht teuer in der Anschaffung und wird eigentlich nur für Präsentationsmodelle in der Architektur und zur Herstellung von Sonder- oder z.B. Weißmodellen verwendet. Für unsere Anwendungen kommt er eher nicht in Frage.

Ein Wort noch zur Lagerung. Klar dass die Modellbögen an einem trockenen Ort möglichst flachliegend gelagert werden sollen. Aber angefangene Modelle und die dazu gehörigen Bögen sollten am gleichen Ort gelagert werden. Der Karton ändert seine Ausdehnung in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Wenn z.B. das Modell auf der Heizung stand, der Bogen jedoch in einer kühlen Ecke lag, sind Probleme mit der Passgenauigkeit nicht auszuschließen.

Das soll es aber auch mit der Theorie gewesen sein. In den nächsten Folgen geht es dann um die Modellbaubögen und die Arbeitstechniken. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

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BP_Dirk

unregistriert

34

Freitag, 6. Februar 2015, 20:26

Hi Bernd,

danke für diesen doch sehr aufschlussreichen Beitrag. Kartonmodellbau ist zwar nicht unbedingt mein Ding, aber ich habe mich schon des öfteren gefragt, was dabei eigentlich für Materialien verwendet werden. Nun, diese Frage hast Du ja nun hinreichend erläutert. Kommt da noch mehr an Erläuterungen wie z.B. in Bezug auf Kleber und den evtl. dafür erforderlichen Techniken? Interessiert mich einfach nur, auch in diesen Modellbaubereich mal reinzuschnuppern.

Grüße Dirk

35

Samstag, 7. Februar 2015, 12:18

Moin Dirk.

Auch Dich muss ich um noch etwas Geduld bitten. Die Arbeitstechniken werde ich jetzt in den kommenden Postings erklären. Spezielle Fragen aber auch gerne per PN an mich.
Schöne Grüße,
Bernd

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36

Sonntag, 8. Februar 2015, 18:50

Die Modelle

Sorry, zu früh abgeschickt. :pfeif:
Schöne Grüße,
Bernd

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37

Sonntag, 8. Februar 2015, 19:29

Die Modellbaubögen

Kommen wir nun zum Wesentlichen, den Modellbögen. Modelle gibt es für jede Sparte des Modellbaus. Am bekanntesten sind die Schiffsmodelle. Daneben gibt es aber auch Fahrzeuge aller Art vom Auto über LKWs zu Panzern, Flugzeuge, Eisenbahnen und Häuser. Ebenso so groß wie die Auswahl ist die Vielfalt der Maßstäbe, obwohl sich einige Standardmaßstäbe etabliert haben, für Schiffe 1/200 bzw. 1/250, für Fahrzeuge meist in 1/25, für Flugzeuge 1/50 bzw. 1/33 und für Eisenbahnen und Gebäude die klassischen Modellbahnmaßstäbe 1/87 und 1/160, bzw. für sehr große Gebäude wie Kirchen und Burgen der Maßstab 1/300. Die Masse der angebotenen Bögen bzw. der Verlage kommen aus Osteuropa, hier vornehmlich aus Polen und Russland, sowie Deutschland und Österreich. In Osteuropa ist der Kartonmodellbau sehr stark vertreten. Dort hat er den gleichen Stellenwert wie der Plastikmodellbau bei uns. Ich habe aber den Eindruck, dass es langsam kippt.

Hier mal einige Beispiele für Modelle:



Die Bögen sind je nach Verlag und Alter in ihren Qualitäten sehr unterschiedlich. Die Passgenauigkeit ist in der Regel recht gut. Die Modelle reichen von sehr einfachen Modellen bis hin zu Modellen die in Karton ob ihrer Filiganität kaum mehr auszuführen sind. Generell kann man sagen, je älter ein Bogen desto einfacher gehalten ist er und desto weniger detaillierter ist das Modell. Verlage versuchen gelegentlich bei Neuauflagen die Detaillirung zu verbessern, was man an der Teileanzahl sehen kann. Ein schönes Beispeile ist die Bismarck Der Wilhelmshavener Modellbaubögen aus dem Lehrmittelinstitut, heute Möwe-Verlag. Dieses Modell fing in den 60zigern mit ca. 1.000 Teilen an, die neueste Auflage hat ca. 1.500 Teile. Ein neu entwickeltes Modell dagegen wie die Bismark von HMV im gleichen Maßstab bringt es, je nach dem ob man den höchsten Detaillierungsgrad wählt, auf bis zu 7.000 Teilen. Das zeigt die Entwicklung sehr gut auf. Hier mal zwei Beispiele für alt gegen neu:



Beide Modelle sind in 1/100 gehalten. Die Seefalke ist noch von Hand konstruiert und gezeichnet. Das Schnellboot dagegen stammt aus dem Computer. Dem entsprechend sind die Teile der Seefalke einfacher gehalten, während die des Schnellbootes einfach mehr Details bieten.



Auch die Bauanleitungen sind sehr verschieden. Die der Seefalke besteht aus Text und einer Explosionszeichnung zur Übersicht, während das Schnellboot gerenderte 3D-Darstellungen der verschiedenen Bauschritte bietet. Auf Text wird weitgehend verzichtet.





Zu einigen Modellen gibt es heutzutage sogenannte Lasercut-Sätze. Diese Teile ersetzen entweder z.B. das Spantgerüst und helfen so sehr stumpfsinnige Arbeiten abzukürzen, oder Teile die so Filigran sind, dass sie von den meisten Modellbauern nur unter Schwierigkeiten auszuschneiden sind. Diese Teile werden sowohl von den Verlagen selbst, aber auch von Zulieferern herausgebracht.



Ach ja, einen grundlegenenden Unterschied in der Bauphilosophie zwischen Ost und West gibt es. Während deutsche Bögen grundsätzlich versuchen alles in Karton baubar zu gestalten, versuchen osteuropäische Bögen dies nicht. Bei ihnen sind von vornherein Teile vorgesehen, die z.B. aus Draht herzustellen sind. Dies betrifft vielfach z.B. die Reling oder Schiffsmasten.

Das war der Exkurs zu den Modellbaubögen. Im nächsten Teil werde ich kurz etwas zu den Druckverfahren bzw. der Herstellung schreiben. Das hat durchaus Einfluss auf den Bauablauf oder überhaupt die Kaufentscheidung. Stay tuned.







Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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38

Montag, 9. Februar 2015, 09:40

Die Modellbaubögen, die zweite

Nach einigen Worten zu den Modellbaubögen allgemein jetzt noch etwas spezielleres. Neben der großen Auswahl an Modellen und Maßstäben gibt es auch Unterschiede in der Herstellung solcher Bögen.

Da wäre der althergebrachte Offsetdruck, sehr aufwändig und wird daher heutzutage kaum mehr angewandt. Bei diesen Bögen besteht eine sehr gute und stabile Verbindung von Farbe und Karton, da die Farbe recht tief in das Material eindringt. Eigentlich wären solche Bögen die erste Wahl, würde es noch neue Bögen geben.

Durchgesetzt, da wesentlich einfacher und schneller, hat sich heutzutage der Digitaldruck. Den kennen wir alle von unseren eigenen Druckern. Und genau wie zu Hause gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten - Laser oder Tinte. Beides produziert sehr schöne und gestochen scharfe Ausdrucke. Wird auf einem Bogen nicht darauf hingewiesen mit welchem Druckverfahren er hergestellt wurde, kann man selbst es kaum erkennen. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Druckverfahren liegt in der Art des Farbauftrags. Beim Laserdrucker wird der Toner auf der Oberfläche des Kartons als zusätzliche Schicht quasi "aufgebacken". Der Nachteil ist, dass diese Farbschicht sich kaum mit dem Karton verbindet und beim Bearbeiten wie dem Rillen oder Knicken, also unter mechanischer Beanspruchung sich gern mal wieder vom Karton löst. Zusätzliche Fixierung mit einem Klarlack kann helfen, ist aber aufwändig. Bei Laserdruckmodellen ist also erhöhte Vorsicht angebracht und mit Mehraufwand zu rechnen. Beim Druck mit einem Tintenstrahldrucker dringt die Tinte leicht in die oberste Schicht des Kartons ein und erzielt so eine bessere Haftung auf dem Material. Der Nachteil hier liegt darin, dass die Tinten in der Regel nicht so grifffest und lichtecht wie der Toner sind. Während ersteres durch verbesserte Tinten gemildert werden konnte, und eigentlich nach meiner Erfahrung kaum ein Problem darstellt (es sei denn, man schwitzt an den Händen), sollte letzteres unbedingt im Hinterkopf behalten werden. Diese Modelle sollten daher nach Zusammenbau mit einem UV-Schutzlack überzogen werden.

Und dann gibt es im Zusammenhang mit Neuauflagen ein richtiges Problem. Da das Offsetdruckverfahren heute als zu teuer von den Verlagen nicht mehr angewandt wird, werden die alten Modellbaubögen kurzerhand digitalisiert. Dies geschieht das meist duch einen Scan. Und da beginnt das Problem. Jeder Scanner/Kopierer verzieht den Ausdruck gegenüber dem Original mehr oder weniger, und wenn es der Teufel will sogar um beide Achsen verschieden. Je nach dem, wie sehr sich ein Verlag die Mühe macht diese Bögen nachzubearbeiten fällt das Ergebnis aus. Meine Erfahrung in dieser Richtung ist eher negativ, da diese Modelle wohl in großer Eile auf den Markt geschmissen wurden. Ich möchte hier einmal ein Beispiel zeigen. In meinem Fundus liegen zwei Bögen des gleichen Modells, einmal als Offsetdruck und einmal als Digitaldruck des eingescannten Bogens.



Der Bogen aus dem Jade-Verlag ist der Offsetdruck, während der eingescannte Bogen als Digitaldruck von dem Nachfolgeverlag Möwe-Verlag stammt. Was bei der Gegenüberstellung auffällt, ist die relative Unschärfe des letzteren und die zusätzlichen schwachen Linien, die wahrscheinlich von einem Neuarrangieren der ausgeschnittenen Teile stammen. Auch auf den folgenden Bilder ist dies gut zu erkennen.





Gerade die Unschärfe auf dem letzten Bild ist sehr deutlich und hat nichts mit meinem Fotografiertalent zu tun. Diese Unschärfen lassen zudem auf eine Verzerrung der Teile durch das Scannen schließen. Diese mag zwar nur sehr gering sein und daher bei kleinen Teile nicht ins Gewicht fallen, bei langen Teile reden wir hier aber durchaus von 1 - 2 mm. Und die sind dann auch durch noch so akkurates Bauen nicht auszugleichen. Interessierte können sich davon ein Bild in meinem BB zur Eisenbahnfähre Deutschland machen. Persönlich habe ich daraus für mich den Schluss gezogen: Finger weg von gescannten Modellbaubögen!

Übrigens tritt das Problem auch bei unseren eigenen Scannern auf. Da ich schon mal Ersatzteile herstellen musste ist mir aufgefallen, dass mein Scanner/Drucker die Teile um beide Achsen annähernd gleich verkleinert. Also gescannt und ausgedruckt ergibt ohne Anpassung ein etwas kleineres Teil.

Das soll es nun auch zu den Modellbögen gewesen sein, jetzt geht es ans Eingemachte, dem Bau. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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39

Montag, 9. Februar 2015, 10:42

Hallo Bernd,

sehr Interessant die Ausführungen zu den Bögen! :ok:

Schöne Grüße
Henning
Kritik ist Lob an jemandem, dem man mehr zutraut

40

Mittwoch, 11. Februar 2015, 15:31

Arbeitstechniken allgemein

Jetzt wird es ernst. Wir kommen zu den Arbeitstechniken. Dafür habe ich ein kleines, und von Teilezahl und Detaillierungsgrad sehr überschaubares Modell in meinem Fundus gefunden. Dies wird hier aber kein Baubericht. Der findet sich in der Rubrik "Schiffe": Schnellboot Typ 55 in 1/250
Hier geht es vielmehr um die Bearbeitung der Teile zur Vorbereitung des Zusammenbaus und den Zusammenbau selbst. Aus diesem Grund werden sich auch Fotos von anderen Modellen finden.

Grundsätzlich unterscheidet sich der Beginn eines solchen Projektes nicht vom Plastik- oder Holzmodellbau. Man packt den Bogen aus, sichtet die Teile und studiert die Bauanleitung. Die besteht in diesem Fall aus einer Kombination von beiliegendem Text und Skizzen, die auf dem Bogen verteilt sind.



Der Ablauf bzw. die Reihenfolge des Zusammenbaus kann bei Kartonmodellbaubögen in der Regel nach den Teilenummern gestaltet werden. Die meisten Konstrukteure gehen so vor, das nach Teil 1 das Teil 2 und danach das Teil 3 usw. verbaut werden soll. Man kann aber auch Baugruppen vorneweg herstellen und dann später platzieren. Als Anfänger empfiehlt sich aber die strikte Vorgehensweise.
In der Bauanleitung stehen in der Regel auch allgemeine Bauhinweise. In ihnen werden wichtige Hinweise darauf gegeben, wie Bauteile zu Formen der zu Verstärken sind, bzw. wenn verstärkt, dann in welcher Stärke. Das folgende Bild zeigt die allgemeinen Bauhinweise zu diesem Modell.



Da es sich hier um einen deutschen Modellbaubogen handelt finden sich verschiedene Stricharten, die etwas über die Bearbeitung aussagen. Dies ist sehr hilfreich, da man so nicht allzu lange darüber grübeln muss, ob es sich z.B. bei der vorliegenden Linie um eine Knicklinie oder die Ansatzlinie einer Verklebung handelt. Bei diesem Bausatz sind gestrichelte und strich-punktierte Linien Knicklinien, strich-doppelpunktierte Linien Ansatzlinien für Verklebungen. Dieser Liniencode bzw. zumindest eine Markierung von Linien verschiedener Bedeutung ist bei Bögen aus deutschen Verlagen Standard. Das Gegenteil davon sind polnische bzw. osteuropäische Bögen. Hier gibt es nur eine Linienart und es darf schon mal über Sinn und Zweck einer Linie nachgedacht werden. Die nächsten Bilder zeigen beide Philosophien als Gegenüberstellung. Erst der deutsche Verlag, als Zweites der polnische Verlag.



Hat man sich schlau gemacht und seine Arbeitsschritte mehr oder weniger festgelegt kann es los gehen. Im nächsten Teil geht es um die Vorbereitung der Bauteile. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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41

Mittwoch, 11. Februar 2015, 19:02

Arbeitstechniken - Vorbereitung der Bauteile: Rillen

Die grundlegende Arbeit zum Vorbereiten des Formens von Bauteilen ist das Rillen. Und das in genau dieser Reihenfolge. Alte Kartonbauerweisheit: Erst Rillen - dann Schneiden!

Das Rillen ist die Vorbereitung des Kartons um eine sauber definierte Knicklinie zu erzielen. Bei dem Vorgang selbst wird die Oberfläche auf der der Knickrichtung entgegengesetzten Seite mit einer nicht zu spitzen Nadel eingedrückt. Die Oberfläche wird dabei idealerweise nicht oder nur im geringen Maße beschädigt. Ähnlich wie beim Schneiden wird die Nadel mit wenig Druck entlang eines Lineals gezogen. Dabei ist die Nadel in Zugrichtung zu neigen. Die Nadel sollte dabei ruhig etwas größer sein, damit man sie besser handhaben kann. Alternativ funktioniert aber auch alles was ähnliche Eigenschaften besitzt.

Zu knickendes Teil, Lineal und Nadel.

Der Vorgang des Rillens, Zugrichtung nach rechts, Nadel in Zugrichtung geneigt.

So soll es idealerweise aussehen - eine flache Rille.

Das Ergebnis - ein sauberer Knick.

Die Alternative zum Rillen ist das Ritzen. Dabei wird die oberste Schicht des Karton aufgeschnitten. Diese Methode setzt viel Gefühl voraus und empfiehlt sich nur nach sehr viel Übung. Allerdings kann es bei dickerem Karton schon mal notwendig sein diesen zu Ritzen. Bei dickerem Karton ist die Gefahr des Durchschneidens allerdings auch geringer. Zudem sollte man dafür nicht gerade eine frische Messerklinge verwenden.

Wer meint auf den Vorgang des Rillens bei Benutzung von Biegehilfen für PE-Teile verzichten zu können, der irrt. Die Biegehilfe allein garantiert keinen sauber definierten Knick. Also vor dem Knicken immer Rillen. Was das Rillen vor dem Schneiden angeht, so hat es damit eine einfache Bewandnis. Die zu rillenden Teile sind einfach besser zu handhaben, wenn sie noch von einer größeren Fläche Karton umgeben sind. Zudem fransen die Endpunkte der Rille leicht aus, wenn sie am Rand liegen.

Jetzt sind manche Teile wie Klebelaschen mal nach unten und mal nach oben zu knicken. Im ersten Fall ist die Knicklinie auf der bedruckten Seite zu rillen - kein Problem. Im zweiten Fall ist der Karton aber auf seiner Rückseite, also auf der unbedruckten Seite zu rillen. Was nun? Man kann wie es in den allgemeinen Bauhinweisen der Wilhelmshavener Modellbaubögen steht das Teil gegen ein Fenster halten und die Knicklinie durchpausen. Prinzipiell sieht das dann so aus:



Es wird auch empfohlen die Linie mittels Durchschlagpapier zu übertragen, was in meinen Augen viel zu ungenau ist, und man zudem den Karton auf der Gegenseite schon eindrückt. Meine Meinung dazu - unbrauchbar. Viel einfacher geht es mit einer ebenso spitzen wie dünnen Nadel. Man sticht einfach die Endpunkte der zu rillenden Linien durch, dreht den Karton um und rillt ihn dann von Einstich zu Einstich.



Damit ist die Grundlage zum Formen eines Bauteils gelegt. Im nächsten Posting geht es um das Schneiden. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

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42

Donnerstag, 12. Februar 2015, 12:42

Arbeitstechniken - Vorbereitung der Bauteile: Schneiden 1

Ich höre jetzt schon Kommentare wie: "Schneiden - wo ist das Problem? Kann doch jeder." Grundsätzlich mag es stimmen, dass jeder hier einige Erfahrung im Umgang mit Messer und Schere hat. Trotzdem gibt es ein paar Unterschiede. Zum Ersten gibt es außer bei den Lasercut-Sets keine vorbereiteten Bauteile. Alle Teile sind vorher auszuschneiden. Und da frei nach dem Motto "3 x abgeschnitten und immer noch zu kurz" Verschnitt und somit in der Regel "ab in die Papiertonne" bedeutet, müssen wir sehr genau arbeiten. Spalten können nicht verspachtelt werden. Überstände können zwar nicht abgeschliffen, jedoch mit einem scharfen Messer abgeschnitten werden, was aber leicht zu Kollateralschäden führt. Generell sollte man sich daher das maßhaltige Ausschneiden der Bauteile von Anfang an angewöhnen. Dabei hat sich folgende Vorgehensweise bewährt:

1. Die Bauteile grob ausschneiden



2. Eventuelle Knicklinien oder Schlitze vorbereiten

3. Komplett ausschneiden



Für das grobe Ausschneiden nehme ich meistens ein Skalpell oder eine Schere. Die Feinarbeiten erledige ich dann bevorzugt mit einem Designmesser. Es hat auf Grund der schmalen Klinge den Vorteil, dass es auch gut in kleineren Radien zu führen ist. Wichtig dabei ist, das die Schneide wirklich scharf ist. Ansonsten franst der Karton an den Schnittkanten leicht aus. Man bringt pro Modell durchaus mehrere Klingen über den Jordan. Ich verlängere die Lebensdauer dadurch, dass ich einen Wetzstein zum Nachschärfen verwende. Allerdings bleiben die Spitzen der Klingen gerade beim Schneiden von engen Kurven gerne mal in der Schneidematte stecken. Abgebrochene Klingen sind definitiv auszusondern.

Da die Klingen nun mal eine gewisse Breite aufweisen führt das zu Verdrängungen. Die äußert sich in Form von leichten Aufkantungen an den Schneidekanten. Ich habe die Beobachtung gemacht, das die Aufkantung auf einer Seite der Klinge stärker auftritt als auf der anderen. Mit dieser Beobachtung kann man durch entsprechende Bearbeiten des Bauteils die Aufkantungen verringern. Des Weiteren spielt auch der auf die Klinge ausgeübte Druck eine Rolle, ob es und wie ausgeprägt zu Aufkantungen kommt. Jedenfalls sollte man jedes Bauteil nach dem Ausschneiden mit dem Fingernagel, einem Falzbein oder dem Skalpellgriff glätten.



Schnitt durch Bausatzkarton vor und nach Glätten.



Durch den in der Regel beidseitigen Schliff der Messerklingen wird der Schnitt leicht v-förmig. Dies kann Einfluss auf die Verklebung von Stumpfstößen haben. Bei Stärken wie dem Bausatzkarton (sowohl einfach, als auch verdoppelt) spielt das noch keine Rolle. Bei Stärken ab 1mm bekommt man keinen rechtwinkligen Stumpfstoß mehr hin. Dazwischen lässt sich mit einem geeigneten Kleber immer noch etwas ausgleichen, was aber suboptimal ist. Daher sollte man seine Klingenführung generell so anpassen, dass eine Seite des Schnittes gerade wird. Das gilt sowohl für geführte Schnitte als auch für Freihandschnitte. Dazu wird das Messer nicht lotrecht geführt, sondern so ausgerichtet dass die zum auszuschneidenden Bauteil gerichtete Seite der Schneide annähernd lotrecht steht. Auf den folgenden Bildern habe ich versucht das zu zeigen. Auf dem ersten Bild die Messerführung mit leicht nach rechts geneigtem Messer. Das auszuschneidende Bauteil befindet sich also unter dem Lineal. Auf dem zweiten Bild das Ergebnis mit annähernd lotrechter Schnittkante links und nach rechts geneigter Schnittkante rechts.



Natürlich kann man auch mit einer Silouettenschere kleinere Bauteile ausschneiden. Bei mir hängt das in der Regel von der Tagesform ab, da diese Schnitte immer freihand sind. Dabei sollte man aber folgendes Beachten. Das Bauteil immer links von der Schere halten (gilt für Rechtshänder, bei Linkshändern mit entsprechender Schere natürlich umgekehrt). Das hat den Vorteil, dass die Schnittlinie nicht durch die sich absenkende Schneide verdeckt wird. Des Weiteren wird der rechte Abschnitt durch die Schneide nach unten gedrückt und dabei leicht verformt.



Ansonsten kommt die Schere bei mir für Kreisschnitte häufig zum Einsatz. Darauf und auf die Frage "Wo schneide ich ein Bauteil aus?" gehe ich im nächsten Abschnitt ein. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

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43

Donnerstag, 12. Februar 2015, 15:34

Moin Bernd,
meine Begeisterung kennt keine Grenzen. :ok: :sabber:
Einfach genial das alles mal erklärt zu bekommen.

Kannst Du bitte mal den Unterschied der s.g. Silhouettenschere und herkömmlichen oder warum überhaupt eine Silhouettenschere erklären?
Ich habe bisher zum Papier-/Kartonschneiden eine Fiskars benutzt. Da sich bei der nur die obere Schneide bewegt, sind damit exakte Schnitte möglich (habe bisher nur gröbere/größere Schnitte damit gemacht).

D.

44

Donnerstag, 12. Februar 2015, 22:30

Hey Bernd!

Mal wieder super erklärt :ok: Danke dafür! Ich bin sicher nicht der Einzige, der es sehr zu schätzen weiß, was für eine Mühe du dir hier mit diesem Tutorial machst! Dafür werd ich dir mindestens mal ein Bierchen ausgeben, falls wir uns mal begegnen!

Ich bin neulich über den großen Hafenkran von Drafmodel im Netz gestolpert und hab ihn mir direkt im zu meiner Fischereiflotte passenden Maßstab bestellt, nachdem ich gelesen hab, dass der Bausatz komplett aus Lasercutteilen besteht :D Der wird dann also ausnahmsweise mal nicht in Plastik umgesetzt, sondern wirklich als Kartonmodell gebaut ;) Da werd ich deine Tipps hier gut gebrauchen können!

In diesem Sinne: Bitte weiter so!

Beiträge: 621

Realname: Felix Stiller

Wohnort: Grüne Hölle

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45

Donnerstag, 12. Februar 2015, 23:41

Super, vielen Dank für die Info! Genau was ich gesucht habe!
Racing is Life. Anything that happens before or after is just Waiting.

46

Freitag, 13. Februar 2015, 09:28

Moin moin. :wink:

@Felix: Gern geschehen.

@Alex: Na, da bin mal auf den Kran gespannt.

@Detlef: Danke für die Frage. Genau das hatte ich im Sinn als ich schrieb:
Unter Umständen würde ich sonst vielleicht etwas nicht erwähnen, nur weil es mir klar ist und ich es daher für selbstverständlich halte.
Ich werde beim nächsten Mal noch etwas zu den Scheren schreiben.

Bis bald.

Edit: Nachtrag. Vielleicht könntest Du ein Bild Deiner Schere einstellen, Detlef?
Schöne Grüße,
Bernd

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47

Freitag, 13. Februar 2015, 11:21

Moin,
klar kein Problem.

Wenn man die Griffe zusammenführt (der mit dem Bügel wird bewegt), dann bewegt sich nur die obere Schneide.




D.

Edit:
Zum Rillen wäre auch eine Prickelnadel (mittel bis grob, die haben einen Griff) denkbar.

48

Freitag, 13. Februar 2015, 18:44

Moin Detlef.
Für schnelles grobes Ausschneiden halte ich diese Schere gut geeignet. Besonders dickere Pappen sollten auf Grund der guten Kraftübertragung kein Problem sein. Ich kann sie mir allerdings nicht bei gebogenen Linien vorstellen. Allerdings kommt es auch auf die Übung an. Letztendlich muss Du das Werkzeug benutzen, mit dem Du gut klarkommst. Da hat jeder so seine Präferenzen. Daher, und das noch mal an alle die hier mitlesen: Ich kann hier nur Empfehlungen gemäß meinen Erfahrungen weitergeben. Das sind nicht die 10 Gebote vom Berg Sinai. Ob ihr euch daran ausprobiert und damit zurechtkommt, oder ob ihr andere Methoden oder Werkzeuge für Euch entdeckt - wenn das Was stimmt, ist das Wie nebensächlich.

Weiter geht es jetzt mit dem Thema "Schneiden", zu dem man mehr schreiben kann als ich dachte.
Schöne Grüße,
Bernd

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49

Freitag, 13. Februar 2015, 18:56

Arbeitstechniken - Vorbereitung der Bauteile: Schneiden 2

Zu Beginn noch ein Hinweis zum Schneiden dicker Pappen. Außer Finnpappe, durch die ein scharfes Messer fast wie ein heißes durch Butter schneidet, muss man bei anderen Pappen in der Regel erhebliche Kraft aufwenden, um in einem Zug das Material zu durchtrennen. Je mehr Kraft ich aufwende, desto schneller verreiße ich die Klinge und der Schnitt misslingt! Die Schnitte sollten daher eher mit wenig Druck ausgeführt werden. Deshalb ist es bei dickeren Materialien besser erst einen Leitschnitt zu ziehen und dann das Material erst mit einem zweiten oder auch dritten Schnitt zu teilen.

Gehen wir jetzt doch einmal näher auf die verschiedenen Scheren ein. Die normale Papierschere (meine hat ca. 16 cm Klingenlänge) kommt bei mir zum groben Ausschneiden von Bauteilen zum Einsatz. Direkt zum Ausschneiden von Bauteilen verwende ich diese Schere nur, wenn es sich um längere gerade ober bestenfalls leicht geschwungene Bauteile handelt. Für Kurvenschnitte ist diese große Schere nicht wirklich geeignet.

Für diesen Fall kommt bei mir eine dieser 3 Scheren zum Einsatz. Eine Silhouettenschere, eine Hautschere mit gebogener Spitze und eine Pinzettenschere.



Die Silhouettenschere ist die klassische Schere für den Scherenschnitt. Dessen bekannteste Form ist die schwarze Silhouette eines Kopfes, quasi ein Schattenporträt.

Die Hautschere eignet sich durch ihre gebogene Klinge sehr gut zum Ausschneiden sehr enger Bögen.

Die Pinzettenschere ist im Prinzip eine Silhouettenschere und hat ihren Namen von der Eigenschaft sich wie eine Pinzette beim Loslassen zu öffnen. Ebenfalls nach diesen Prinzip arbeiten Bügelscheren. Diese sind in der Regel ein Bügel mit Klingen an den offenen Enden, die keine Verbindung untereinander haben. Deshalb können sie sich horizontal gegeneinander verschieben. Die Pinzettenschere ist eine Kreuzung aus einer Gelenkschere (Feste Verbindung der beiden Klingen über ein Gelenk) und einer Bügelschere (Öffnen beim Loslassen). Gerade durch die Selbstöffnung lässt sich der Schnitt wunderbar dosieren und es gelingen feinste Abschnitte an Rändern.

Der Hauptvorteil dieser Scheren sind ihre kurzen und schmalen Klingen. Dadurch sind sie in engeren Bögen gut zu führen und der Karton verbiegt sich nicht so stark, wenn er mal über die Klingen geführt wird. Haupteinsatz der Scheren ist das Ausschneiden kleiner Kreibögen auf der Außenseite. Wie sollte man dabei vorgehen? Nun, es sollte nicht versucht werden die Schere um den Bogen zu führen. Vielmehr sollte das grob ausgeschnittene Kreisteil langsam an den sich schließenden Klingen entlang gedreht werden. Der Vorteil dabei ist, dass die Scherenhand fest aufgelegt werden kann. So gelingt ein sauberer Schnitt.





Weiter geht es im nächsten Teil mit weiteren Möglichkeiten einen Kreis auszuschneiden. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

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50

Samstag, 14. Februar 2015, 17:44

Arbeitstechniken - Vorbereitung der Bauteile: Schneiden 3

Und nun kommen wir zu weiteren Möglichkeiten Kreise und Bögen auszuschneiden. Um z.B. eine kreisrunde Aussparung auszuschneiden sind die Scheren ungeeignet.



In diesem Fall kann man sehr gut ein Designmesser verwenden, da die schmale Klinge auch gut durch Bögen zu führen ist. Das zweite Messer ist ein Kurvenmesser mit drehbarer Klinge. Diese richtet sich immer nach der Zugrichtung aus. Daher braucht das Messer in der Hand nicht gedreht zu werden, und auch sehr enge Radien sind dadurch kein Problem.




Ist der Mittelpunkt gegeben oder hat man sich diesen geometrisch ermittelt, kann man auch einen Kreisschneider verwenden. Im Prinzip handelt es sich bei dem Kreisschneider um einen Zirkel mit einer Klinge statt einem Stift.Der abgebildete Kreisschneider ist eine einfache Ausführung und nicht gerade in Präzisionsinstrument was die Einstellung des Radius angeht. Er ist für die meisten Zwecke aber vollkommen ausreichend. Um einen Kreis zu schneiden sticht man den Kreisschneider in den Mittelpunkt und dreht die Klinge langsam und mit wenig Druck herum. Dabei ist der Kreisschneider möglichst lotrecht zu halten. Wird das nicht beachtet oder wendet man zu viel Kraft auf, wird der Schnitt unförmig oder franst aus.



Außer Papier schneide ich mit dem Kreisschneider nichts in einem Zug. Meist benötige ich 2 bis 3 Umdrehungen um den Kreis vollständig auszuschneiden. Bei größeren Materialstärken schneide ich auch schon mal von beiden Seiten.


Vorderseite leicht eingeschnitten
Rückseite mit Einstichloch zum Neuansatz


Außenkreise schneide ich, wie bereits erwähnt, meistens mit einer Schere. Bei sehr kleinen Kreisscheiben verwende ich jedoch auch Locheisen. Alternativ kann auch eine Lochzange verwendet werden. Meine Locheisen eignen sich aber nur (wie auch die Lochzange) zur Produktion benötigter Kreisscheiben, da die äußeren Ränder weggedrückt werden. Das Locheisen treibe ich mit einem Hammer durch das Material.



Als Unterlage sollte eine alte Schneidematte verwendet werden, da sich die Spuren des Locheisens nicht wieder zurückbilden.



Noch ein Wort zum Ansatz eines Schnittes. Darüber wo eine Linie ausgeschnitten wird, wird in den Spezialforen schon mal gern ausführlich "gestritten". Man hat die Wahl links oder rechts der Linie, oder mittig auf der Linie zu schneiden. Meiner persönlichen Meinung nach sollte man sich darüber keinen Kopf machen. Ich finde, dass es vollkommen egal ist, wo man schneidet. Die Linien sind ca. 0,2mm breit und das spielt für die Passgenauigkeit nun wirklich keine Rolle. Ich habe mir angewöhnt, haarscharf neben der Linie auf der Seite des auszuschneidenden Bauteil zu schneiden. Damit versuche ich den schwarzen Strich am Rand zu vermeiden. Bisher habe ich durch diese Vorgehensweise keine Probleme bekommen. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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51

Sonntag, 15. Februar 2015, 18:10

Arbeitstechniken - Vorbereitung der Bauteile: Schlitzen

Gelegentlich erfordert es das Modell, dass die Teile nicht nur verklebt sondern auch ineinander gesteckt werden. Dies ist z.B. bei Spantgerüsten der Fall.

Hier soll bis zum Querstrich eingeschlitzt werden.

In diesem Fall kann man zwei eng beieinander liegende Schnitte setzen. Diese Methode wende ich bei verstärkten Teilen an und an Stellen, wo der Schlitz an sichtbare Bereiche grenzt. Geht es nur um den unverstärkten Bausatzkarton in später nicht sichtbaren Bereichen mache ich es mir einfacher. Ich schneide einmal entlang des vorgesehenen Schlitzes. Danach steche ich eine Nadel ein und ziehe sie durch den Schnitt. Das die Kanten aufgewölbt sind spielt dabei keine Rolle. Dadurch vergrößert sich sogar die Klebefläche.

Einschneiden der Schlitze.

Herstellen der Schlitze. Zur Gegenüberstellung habe ich den Schlitz für Spant 10 geschnitten.

Das zusammengesteckte und aufgeklebte Spantgerüst.

Wann geschlitzt wird, also ob vor oder nach dem Ausschneiden, ist nicht so wichtig. Ich mache das von der verbleibenden Materialfläche abhängig. Im Fall des Spantgerüstes verbleibt in Verlängerung des Schlitzes am fertigen Teil nur ca. 3mm Karton. Macht man hier den Schlitz nach dem Ausschneiden, vergrößert sich die Gefahr das Teil zu zerreißen. Daher habe ich die Schlitze vor dem Ausschneiden hergestellt.



Ein Nachtrag zum Schneiden
Als Alternative zum Messer eignet sich auch ein Schneiderad, ähnlich einem Pizzaschneider. Dieses Teil ist höllisch scharf und hat den Vorteil dass es den Karton von oben durch eindrücken trennt. Die Schnittkanten verformen sich dabei kaum. Allerdings erfordert das Schneiderad einiges an Übung und da die Länge der Schneide relativ groß ist, ist es nicht für enge Bögen geeignet.



Noch ein Wort zum freihändigen Schneiden. Häufig genug sind Schnittkanten geschwungen, so dass einem nichts anderes übrig bleibt als ohne Führung
zu schneiden. Auch hier ist (wie eigentlich bei allem im Modellbau) eine gewisse Übung und eine gute Augen-Hand-Koordination erforderlich. Wer sauber geschwungene Linien zeichnen kann, kriegt aber auch den Freihandschnitt entlang einer Linie hin.



Der Trick dabei ist, nicht die Schnittlinie direkt am Messer zu fokussieren (roter Pfeil), sondern mit den Augen dem Messer quasi immer ein kleines Stück voraus zu sein (gelber Pfeil). Die Hand folgt dabei dem Auge fast von allein. Dies gilt für alle Schneidewerkzeuge im freihändigen Einsatz.

Im nächsten Teil soll es dann um das Formen der Bauteile gehen. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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52

Montag, 16. Februar 2015, 19:28

Arbeitstechniken - Vorbereitung der Bauteile: Formen

Formen ist die Arbeit, die aus dem 2D-Modellbaubogen das 3D-Modell macht, also nicht ganz unwichtig. Dabei gibt es zwei grundlegende Technik, das Knicken und das Runden.

Die einfachste Formgebung ist das Knicken. Damit werden gerade Kanten erzeugt, um z.B. einen Kastenherzustellen . Um das zu erreichen, müssen die Knicklinien gerillt werden und zwar jeweils auf der der Knickrichtung gegenüber liegenden Seite. Nur so lässt sich eine klar definierte Kante erzeugen. Ist das Bauteil nicht zu klein, lässt es sich gut freihand knicken. Bei schmalen Streifen ist es hilfreich eine Seite entlang der Knicklinie mit einem dünnen Lineal oder ähnlichen einzuklemmen und die andere Seite mit Hilfe z.B. einer Cutterklinge nach oben zu biegen.

Bauteil oben gerillt.
Bauteil nach unten geknickt.

Anspruchsvoller, weil handwerklich die schwierigste Tätigkeit im Kartonmodellbau ist das Runden. Das Runden von Bauteilen erfolgt immer, wenn ein Bogen, ein Zylinder oder ein Kegelstumpf benötigt wird. Anders als beim Rillen sollte das Bauteil bereits komplett ausgeschnitten sein. Das hat einen einfachen Grund. Karton lässt sich gut in Form bringen und er behält diese auch weitestgehend bei. Nur ein Zurückbiegen verträgt er nicht, dann ist es mit der Formstabilität vorbei. Schneidet man also erst nach dem Runden darf man sich nicht wundern, dass die Form durch das notwendige geradebiegen dahin ist und sich der Karton sich zudem möglicherweise auflöst. Beim Runden geht man zweckmäßigerweise so vor, dass man das Bauteil langsam in Form bringt. D.h. der Biegeradius nach und nach immer kleiner ausgeführt wird. Geht man zu schnell vor oder wendet man zu viel Druck auf passiert es leicht, dass das Bauteil knickt oder sich die Schichten des Kartons von einander lösen.

Zum Vorrunden legt man das Bauteil auf eine leicht elastische Unterlage, wie z.B. unsere Schneidematte oder eine Moosgummiplatte, und fährt dann mit einem runden Gegenstand mit mäßigem Druck über das Bauteil. Für schwach gerundete Bauteil wie z.B. Bordwände ist das schon ausreichend.





Soll jetzt ein kompletter Zylinder hergestellt werden, sollte die Unterlage weicher und der Gegenstand mit dem man die Rundung vornimmt auf jeden Fall dünner als der gewünschte Durchmesser sein. Ideal eignet sich der Oberschenkel, der Handteller oder eine Fingerspitze, je nach Größe des Bauteils.






Ist als Form ein Kegelstumpf gefordert, z.B. für einen Sockel, kann man das Teil um einem etwas kleineren Kegel rollen. Leider hat man sehr selten den passenden Kegel als Form zur Hand. Für Geschützsockel z.B. könnte man es mit der Spitze eines Druckbleistiftes oder einer Stricknadel versuchen. Generell verfährtman für Kegelformen ähnlich wie beim Zylinder. Nur dass das Werkzeug nicht rechtwinklig zum Bauteil geführt wird, sondern kreisförmig. Dabei liegt der Mittelpunkt des Kreises etwa dort, wo die Spitze des Kegels liegen würde.






Grundsätzlich ist es wichtig, das man ein gebogenes Bauteil, egal wie gering die Rundung auch ist, mindestens grob vorrundet. Auch wenn dieser Vorgang in der Regel viel Zeit und Mühe beansprucht ist das Risiko das Bauteil am Modell zu formen und es dabei zu zerstören oder hässliche Beulen zu produzieren einfach zu groß.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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53

Montag, 16. Februar 2015, 21:03

Nabend Bernd!

Deine Erläuterung sind mal wieder sehr interessant! :thumbsup: Einiges davon kann man ja auch gut auf den Umgang mit dünnen Poly-Platten anwenden!

Mit Blick auf den erwähnten Hafenkran (auf den ich allerdings noch warte) und dessen Lasercutteile würde mich persönlich noch interessieren, was es im Kartonmodellbau im Umgang mit Farben so zu beachten gilt - Also sprich das, was über das Kantenfärben hinaus geht. Standardmäßig benutze ich ja immer Revell Aqua Color, allerdings beißen sich nach meinem Verständnis erstmal die beiden Worte "Aqua" und "Karton". Ebenso wie "Feuchtigkeit" und "Karton" - vielleicht kannst du mich ja erleuchten ;)

Beste Grüße,

Alex

54

Dienstag, 17. Februar 2015, 17:22

Moin Alex.

Natürlich kommt noch etwas zur Farbe, sowohl was das Kantenfärben an geht, als auch komplette Teile bemalen. Ist halt nur noch nicht dran - also Geduld. Vorab aber schon mal Folgendes: nicht die Feuchtigkeit allein ist entscheidend, vielmehr die Menge und die Einwirkdauer auf den Karton. Probier es selbst mal aus. Nimm eine Stück Karton und schütte kurz Wasser darüber. Wenn Du es gleich wieder aufnimmst passiert so gut wie gar nichts. Wartest Du ab, quillt der Karton auf. Ähnlich verhält es sich mit der Farbe. Man muss eigentlich nur dafür Sorge tragen, dass sie schneller trocknet als das enthaltene Wasser in den Karton einzieht. Das ist ein bisschen Tricky, aber es funktioniert. Natürlich spilet auch der Karton selbst eine Rolle dabei. Die Aquas von Revell stellen hierbei generell kein Problem dar, sind also gut zu verwenden. Ins Detail gehe ich später noch. Ach so - wenn Du mal in meinen BB vom Spähpanzer guckst, der braune Schleier der Verschmutzung sind keine Pigmente, sondern wurde mit Wasserfarbe aufgetragen und zwar nicht wenig Wasser.
Schöne Grüße,
Bernd

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55

Dienstag, 17. Februar 2015, 18:17

Hallo Bernd.

Danke für deine ausführlichen Erklärungen (einer der Gründe, mich hier anzumelden). Was mich noch interessieren würde, ist das Verstärken von Bauteilen. Gibt es dazu allgemein etwas zu beachten? Auf die einzelnen Materialarten bist du ja schon eingegangen, aber welches Material ist für welche Stärke optimal? Würde mich sehr freuen, wenn du darauf auch noch eingehen könntest. Ich hab mir kürzlich einen Shipyard-Bausatz gekauft (Bausatzvorstellung
wird folgen), und dort werden zum Beispiel Stärken bis 2,5 mm benötigt.
Danke

Viele Grüße,
Oliver
Projekt in Vorbereitung: Berbice und Hafen von Baltimore 1:96, von Shipyard.
Vorstellung des Bausatzes : Hier

56

Dienstag, 17. Februar 2015, 19:50

Moin Oliver.

Zuerst einmal ein herzliches Willkommen hier. :hand: Und schon sehe auch wieder einen Tipp für ein weiteres Thema. Auf das Verstärken allgemein gehe ich im nächsten speziellen Posting zum Kleben näher ein. Noch etwas Geduld.

Du hast Dir also einen Shipyard gegönnt. Na dann mal viel Spaß. Ich habe hier selbst einen Baubericht über einen Shipyardbogen am Start, die Fregatte HMS Cleopatra in 1/96
, und dann gibt es da noch Schmidts Papegojan (1624) . Ich hoffe auf einen Baubericht von Dir. :D
Schöne Grüße,
Bernd

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57

Dienstag, 17. Februar 2015, 20:52

Hallo Bernd!

Zitat

Natürlich kommt noch etwas zur Farbe, sowohl was das Kantenfärben an geht, als auch komplette Teile bemalen. Ist halt nur noch nicht dran - also Geduld.
Super, das freut mich! Geduld hab ich natürlich - Es ist dein Tutorial und du entscheidest wann und ob du welches Thema angehst :) Ich dachte nur: Nicht, dass dir die Themen ausgehen :pfeif: duckundweg
Vielen Dank aber schon mal für deine Vorab-Tipps! Was du so beschreibst, hätte ich schon wieder gar nicht vermutet!

Beste Grüße,

Alex

58

Donnerstag, 19. Februar 2015, 20:59

Hallo Bernd,

eure Bauberichte und Bausatzvorstellungen habe ich mir angeschaut. Bin sehr gespannt, wie es weitergeht. Mein Baubericht wird folgen, sobald ich Materialien zum Basteln beisammen habe.

Viele Grüße vom geduldig wartenden,
Oliver
Projekt in Vorbereitung: Berbice und Hafen von Baltimore 1:96, von Shipyard.
Vorstellung des Bausatzes : Hier

59

Freitag, 20. Februar 2015, 16:49

Arbeitstechniken – Kleben 1

Weiter geht es mit dem Verkleben der Bauteile. Zunächst werde ich noch einmal trotz einiger Wiederholungen etwas zu den von mir verwendeten Klebern und ihrem Einsatzzweck schreiben. Es gibt viele Arten von Klebern, die für Karton oder Papier geeignet sind, und auf die ich bereits kurz eingegangen bin. Vorab möchte ich betonen, dass die hier vorgestellte Auswahl auf meinen Erfahrungen beruht und jeder Kleber seine Vor- und Nachteile hat. Es gibt nicht „DEN“ Kleber. Man muss für sich selbst herausfinden, mit welchem Kleber man in welcher Situation die besten Ergebnisse erzielt. Bei mir sind die beiden gebräuchlichsten Kleber ein lösemittelhaltiger Alleskleber und Weiß- bzw. Bastelleim. Mit diesen beiden Klebern erledige ich nahezu alle Verklebungen an einem Modell. Auf die sonstigen Kleber, die ich verwende, komme ich noch zu sprechen.

Alleskleber:


Alleskleber sind landläufig Kleber, mit denen man nahezu jedes Material verkleben kann. Ich benutze hier den Klassiker schlechthin, den UHU Alleskleber. Jeder andere Kleber ist ebenso geeignet, wenn man darauf achtet, dass es ein lösemittelhaltiger Kleber ist. Kleberdämpfe hin oder her, lösemittelfreie Kleber werden auf Wasserbasis hergestellt und sie brauchen in der Regel sehr lange zum Trocknen. Daher kann das enthaltene Wasser tief in den Karton eindringen und ggf. formverändernd wirken. Zudem ist die Klebkraft zu Beginn eher gering, und die Zeit für das Fixieren der Bauteile recht lang.

Die Dosierung des Klebers ist etwas schwierig, da weder Flasche noch Tube über eine feine Kanüle verfügen. Versuche mit Einwegspritzen führen eher kurz als lang dazu, dass sich die Kanülen dichtsetzen und entweder schmeißt man sie weg oder brennt sie frei. Wo es notwendig ist nur wenig Kleber zu applizieren, behelfe ich mir mit einem Zahnstocher.



Auf Grund seiner Eigenschaften ist der Alleskleber sehr gut für größere Teile wie Decks und Bordwände geeignet. Da das Lösemittel kaum in den Karton einzieht, ist die Gefahr des Verziehens von den Bauteilen sehr gering. Da er aber einige Minuten zum aushärten braucht, bleibt in der Regel genug Zeit den Sitz eines Teils zu korrigieren. Andererseits erfordert das wiederum eine gute Fixierung durch Klemmen oder Gewichte während des Aushärtens.



Die Klebkraft ist von Anfang an hoch. Nachteil der hohen Klebkraft ist, das übergetretener Klebstoff meist zu schlecht zu entfernenden Schmierstellen auf dem Modell führt und dass er Fäden zieht. In diesem Zusammenhang rate ich von der Verwendung des nicht tropfenden UHU Allesklebers ab. Dessen Konsistenz ist eher klumpig und daher noch schlechter zu dosieren.


Wenn man genau hinsieht, kann man die Fäden sehen.

Weiß-, Holz- oder Bastelleim:


Dieser Leim ist ein wasserbasierter Kleber, der trotz seiner Farbe durchsichtig aushärtet. Da er zudem im ausgehärteten Zustand matt ist, ist übergetretener Kleber spaäter kaum zu sehen. Weißleim trocknet in Verbindung mit Karton recht schnell, da das enthaltene Wasser durch den Karton aufgenommen wird. Daher benötigen die so befestigten Bauteile keine lange und mit viel Druck verbundene Haltezeit. Damit ist aber auch schon der größte Nachteil von Weißleim genannt, nämlich das enthaltene Wasser. Da dieses in den Karton übergeht, wird er aufgeweicht. Bei Bauteilen, die bei der Montage nur wenig Druck benötigen, wirkt sich dieser Nachteil nicht aus. Für größere und flächige Verklebungen ist Weißleim aber nicht so gut geeignet. Der Karton verzieht sich in der Regel während des Aushärtens. Erschwerend kommt hinzu, dass ich den Weißleim zur besseren Verarbeitbarkeit mit ca. 5 – 10% Wasser verdünne. Ich führe mit ihm zwar trotzdem flächige Verklebungen aus, allerdings nur bis ca. 5 x 5 cm und das Bauteil wird sofort durch Druck (Bücher) in eine ebene Form gezwungen. Auch bei Bauteilen die etwas länger gehalten werden müssen, wodurch zumindest etwas Druck ins Spiel kommt, ist Weißleim nachteilig.

Weißleim am oberen Rand der anzuklebenden Bordwand, Alleskleber auf den Klebelaschen der Grundplatte.



Auf dem zweiten Bild erkennt man deutlich die Beulen in der Bordwand. Hier habe ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit den oberen Rand der Bordwand mit Weißleim verklebt anstatt mit Alleskleber (erstes Bild). Der Grund dafür war, dass die Bordwand ohne Laschen, also stumpf mit der Deckskante verklebt werden sollte und ich Schmierflecken durch den Kleber vermeiden wollte. Auf Grund der Rundung des Bauteils und der geringeren Klebkraft des Weißleim musste ich trotz der geringen Aushärtezeit die Bordwand kurze Zeit andrücken. Da der Karton aufgeweicht war, hat der geringe Druck schon gereicht,das Bauteil zu verformen. Also – Achtung!

Ein weiterer Vorteil ist, dass man den verdünnten Weißleim in eine Kanülenflasche umfüllen und so sehr fein dosieren kann. Die Kanüle ist durch einen Silberdraht ausreichend verschlossen und kann so auch freigehalten werden. Eine Stecknadel wäre auf Grund ihres größeren Durchmessers noch besser eeignet. Da sie aber nur vernickelt ist, würden sich bald Korrosionsspuren zeigen. Die Kanüle ist also regelmäßig zu reinigen, da sie auch nach längerem Gebrauch mit zwischenzeitlichen Pausen zum Verstopfen neigt. Allerdings reicht hier warmes Wasser, um die Verstopfung mit Hilfe einer Nadel heraus zu lösen.



Fazit:

Beide Kleber ergänzen sich hervorragend wenn sie dort eingesetzt werden, wo sich ihre Nachteile nicht auswirken. Alleskleber wird für flächige und große Bauteile verwendet, die zudem meistens auch einige Zeit für Lagekorrekturen brauchen. Weißleim dagegen kommt vor Allem beim Anbringen von kleineren Teilen wie Deckaufbauten oder sonstigen Details und Feinarbeiten zur Anwendung.

Beim nächsten Mal geht es um die weiteren Kleber, die ich für Spezialfälle einsetze und die eigentlichen Klebetechniken. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

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Einführung Kartonmodellbau

60

Dienstag, 24. Februar 2015, 19:32

Arbeitstechniken – Kleben 2

Kommen wir zu den anderen Klebern, die ich gelegentlich verwende. Da wäre zunächst einmal der

Sekundenkleber:


Dieser Klebstoff findet langsam eine immer verbreitetere Verwendung im Kartonbau. Zum Ankleben von Teile ist er dabei weniger geeignet, da er sehr schnell durch den Karton aufgesogen wird und aushärtet. Gerade das macht ihn aber sehr gut geeignet den Karton durch die Durchdringung mit dem Kleber zu härten und zu stabilisieren.

Haupteinsatzgebiet ist also die Härtung vor allem empfindlicher Ecken oder dünner Teile, wie z.B. kleine Spanten von Beibooten. Auch Finnpappe, die an den Rändern leicht zum Aufspalten neigt, kann so stabilisiert werden. Auf dem nächsten Bild erkennt man gut, wie der Kleber in die Pappe eingezogen ist. Der Karton kann danach sogar geschliffen werden.



Des Weiteren kann man bei vorsichtiger Dosierung auch bereits angeklebte Teile durch Einsatz von Sekundenkleber zusätzlich sichern. Und besonders wertvolle Hilfe leistet der Kleber auf Grund seiner kurzen Trocknungszeit bei der Befestigung von Takelagen.



Doppelseitige Klebefolie:


Diese Klebefolie kommt von einer großen Rolle. Sie hat bei mir den Sprühkleber ersetzt. Nicht etwa weil sie besser klebt, sondern aus ganz praktischen Erwägungen heraus. Die Folie stinkt nicht und es gibt eine Kollateralschäden durch Sprühnebel oder Schmierflecken. Und das bei annähernd gleicher Klebkraft.

Kleinere Chargen dieser Klebefolie konnte ich bisher nicht finden (und brauche jetzt wohl auch nicht mehr zu suchen).

Ich verwende die Folie ausschließlich bei großflächigen zu verklebenden Verstärkungen z.B. von Schiffsdecks oder notwendigen Aufdoppelung vieler Kleinteile vor dem Ausschneiden. Das Vorbereiten des Einsatzes der Folie ist zugegebener Maßen etwas umständlich. Ein Stück der Klebefolie wird in der benötigten Größe von der Rolle abgeschnitten und auf den zu verklebenden Karton gedrückt. Gute Dienste leistet dabei eine Andruckrolle. Dann wird die Schutzfolie abgezogen und die zweite Kartonlage angedrückt. Zum Schluss wird das Ganze noch einige Zeit zwischen schwerer Literatur gelagert.



In die gleiche Kategorie fällt doppelseitiges Klebeband. Ich habe es mal benutzt, um Rahmenteile auf ein Klarsichtteil zu kleben wo ich vorher große Probleme hatte, Schmierereien mit Kleber zu vermeiden.

Last but not least:

Klebestift:

Dieser Kleber wird von mir bei flächigen Verklebungen mit geringerer Ausdehnung benutzt. Meistens geht es dabei um Verstärkungen von Bauteilen. Er weist eine geringe Klebkraft auf, die aber bei der Lamierung von Bauteilen keine Rolle spielt. Da er zudem sehr langsam aushärtet, ist eine ausreichend lange Lagerung zwischen Büchern o.ä. angeraten, da es sonst zu Verzug kommen kann.


UHU-Hart:

Eigentlich ebenfalls ein Alleskleber, der aber sehr fest und hart aushärtet. Mit ihm verarbeite ich eigentlich nur Spantgerüste im Stumpfstoß, wobei er sich gut bewährt hat. Zum Verkleben von Bauteilen aus normalem Bausatzkarton ist er auf Grund der schlechteren Dosierbarkeit nicht so gut geeignet. Sein größter Nachteil ist sein Schrumpfverhalten beim Aushärten. Bei dünnen und kleinen Klebeflächen oder Pappen spielt das kaum eine Rolle. Bei langen Klebenähten oder bei zusätzlich gesetzten Verstärkungsnähten in Ecken kann das Schrumpfen einen deutlichen Verzug der Bauteile zur Folge haben.


Das soll es nun aber mit den Klebern gewesen sein. Weiter beim nächsten Mal mit dem eigentlichen Kleben. Stay tuned.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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