Das Wettringer Modellbauforum

Modell: Gouda Dutch Man-O-War
Hersteller: PYRO / (LIFE-LIKE / REVELL / LINDBERG)
Modellnr.: B212-300
Masstab: irgendwo zwischen 1/144 bis 1/:166 ( laut Lindbergs aktuellem Schachteldeckel 1/125 )
Teile: ca. 290
Spritzlinge: 6
Preis: späte 1960er 3US$ / heute 20-50 US$
Herstellungsjahr: 1966-67 / (1970er / 1982 / 1990 / 2014)
Verfügbarkeit: selten / (2014 Wiederauflage durch LINDBERG / Round2)
Besonderheiten: außergewöhnliche Vorbildwahl wie bei PYRO oft üblich

Erst mal ein wenig geschichtliches und Geschichten, Mythen und Ränke rund um den Kit.
PYRO war in den 50er und 60er Jahren einer der großen Pioniere des Plastikmodellbaus.
Bis heute kann man noch viele ihrer Kits unter anderen Firmennamen kaufen.

1966/7 wurde dieser Kit von PYRO in Stahl geschnitzt, bekam das wunderschöne Schachtelbild das wir oben sehen.
Das diesem zugrunde liegende historische Originalbild fand ich bisher leider nicht.

Bei anderen Kits verwendete PYRO echte historische Gemälde bzw Graphiken.
Deswegen habe ich die Hoffnung, daß sich auch die bei diesem Kit verwendete Originalgrafik noch findet.
Jede Hilfe ist mir da willkommen. Wenn Ihr was wißt bitte ich um Nachricht.

Laut Schachtelbeschreibung war diese Gouda Baujahr 1665 und mit 72 (!) Kanonen bestückt.
Ein prüfender Blick bestätigt zwar grob die zeitliche Einordnung ... läßt aber massive Zweifel bei der Anzahl der Kanonen aufkommen ...
viel mehr als 40 bekomme ich beim besten Willen nicht zusammen.

Es ist festzuhalten, daß es tatsächlich holländische Schiffe namens "Gouda" gab.
Die Gouda war im Vier-Tage-Krieg gegen England, 1. - 4. Juni 1666, das Flaggschiff von Admiral Isaac Sweers.
Diese Seeschlacht ging zugunsten der Holländer aus.
Weitere historische Einzelheiten würden hier zu weit führen und könnt Ihr beispielsweise hier nachlesen:
https://www.historyofwar.org/articles/battles_four_days.html

Diese Gouda sah gemäß Van de Veldes Gemälde so aus: https://www.historyofwar.org/Pictures/go…ndia_detail.jpg

Sie wurde 1665 erbaut, das letzte Mal 1677 erwähnt und ging zu unbekanntem Zeitpunkt verloren oder wurde abgewrackt,
war als Second-rate-ship eingestuft und hatte 76 Kanonen. Ein ganz schöner Brocken.

An diesem Punkt möchte ich die Beschreibung dieser Gouda abbrechen denn es ist unübersehbar,
daß der vorliegende namensgleiche Bausatz mit seinen gerade mal 40 Kanonen kaum das selbe Schiff darstellen kann.

Korrekturen gabs bei späteren Auflagen weil man diesen Unterschied auch beim Hersteller bemerkte ..
da hat sich bei der historischen Beschreibung auf dem Karton was getan.

Gemäß dieser neueren Beschreibung wurde das Original bereits 1636 in Dienst gestellt.
Auch sie lautete natürlich auf den Namen Gouda und war aktiv im ersten Englisch-Holländischen Krieg.
Eingesetzt unter Jan Egbertsz Ooms in der Flotte von Vizeadmiral Witte de With.
Sie ging in einem Sturm November 1653 verloren. Als Bewaffnung werden diesmal 28 Kanonen angegeben.

Was soll ich sagen ... 28 Kanonen bei 40 tatsächlich vorhandenen Stückpforten ..
klingt auch etwas merkwürdig ... auch diese Gouda paßt irgendwie nicht so ganz.

In welcher Form bekamen wir Modellbauer den Kit zu kaufen ? Der Kit wurde in seiner Historie mehrfach aufgelegt:

1966/7 die Erstauflage B221-300 (also 3 Dollar)
Die Teile waren in einem mittleren Milchschokoladebraun und Cremeweiß gespritzt.
Fäden fürs Rigging waren ebenfalls beiliegend.













Fast unverändert gab es noch eine weitere, von der Aufmachung her fast identische 1967er Auflage B221-400 ... also zu 4 US$
Mehr oder weniger 1970 war es aus mit PYRO.

Die Nachfolgefirma LIFE-LIKE übernahm die Formen und brachte die Gouda unter der Nummer 09212 heraus:



Nach rund einem weiteren Jahrzehnt war es auch aus mit LIFE-LIKE. Die Formen gingen ein weiteres Mal auf Wanderschaft.
Die meisten gingen zu LINDBERG, manche gaben auch ein Gastspiel bei REVELL und kamen später zu LINDBERG.

In diesem Fall wurde der Kit nur wenig später von REVELL im Jahr 1982 unter der Nummer 5417 wieder aufgelegt:



1990 brachte dann LINDBERG mit der Nummer #7087 seine erste Wiederauflage des Kits heraus:



LINDBERG ist seit kurzem unter dem Dach von ROUND2 zu finden bringt die Kits aber unter eigenem Label raus.

2014, also ganz aktuell, gibt es eine weitere Wiederauflage als LINDBERG #HL204/06.
Das Schachtelbild ist gut gemeint aber in seiner Ausführung eher dürftig.



Auch noch die gleichen Fehler und Ausstoßermarken wie in der Erstauflage nerven den Modellbauer.
Die Teile sind aktuell in einem dunkleren Schokobraun und einem strahlenden Weiß gespritzt.
Als nettes Goodie liegen außer grundlegenden Fäden fürs Rigging auch ein kleines Blatt mit einer Fahne drauf bei:



Wenn ich das richtig sehe sind das auf der Fahne die Symbole für Utrecht und Süd-Holland.
Da bitte ich im Zweifelsfall um Korrektur ... und ich weiß auch nicht ob diese Fahne jemals so geführt wurde.

Und jetzt noch die Bauanleitung Stand 1966





Die Bauanleitung Stand 2014 von LINDBERG hänge ich gleich unten noch an.
Sie enthält ein paar interessante neue Details.

Fazit:
Im Vergleich zur Urauflage sind die Teile der Wiederauflage auch nach fast 5 Jahrzehnten fast immer noch so exakt wie in der Erstauflage ...
keine Häute oder Formverschiebungen trüben das Bild. Die Qualität der Spritzlinge ist sehr gut.
Das liegt wohl an den wenigen Auflagen und damit geringen Stückzahlen.

Die Planken, sowohl am Rumpf als auch auf den Decks sind sehr plastisch. Die Miniaturplanken der Oberdecks aber sehr fraglich.
Es gibt noch weitere Ungereimtheiten die ich im Baubericht genauer ansprechen werde.
Die Plastiksegel sind schön modelliert aber leider zu dick.
Der Rumpf wirkt etwas spielzeughaft ... auch da gibts zu tun.

Insgesamt trotzdem ein ansprechender Kit einer netten kleinen Holländerin.


Zum Baubericht: Wird folgen....

Zur Bildergalerie: Wird folgen....

So und jetzt zum moderneren Teil der Bauanleitung.
Lindberg hat das Ganze etwas entzerrt und zeigt uns alles auf mehr Seiten:









Und jetzt kommt die wirklich interessante Seite:
Es wurde irgendwann bemerkt, daß der Kit bei den Deckshöhen ziemliche Unzulänglichkeiten aufweist.

Der obere Teil der folgenden Seite ( Option 1) versucht nun diese Schwierigkeiten durch einfaches Höherlegen des Decks zu beseitigen.
Ohne dabei aber auf zwingende weitere Korrekturen weiterer Bauteile einzugehen die dann ja gekürzt oder angepaßt werden müssen.

Dazu würden auch neue Höhen der Stückpforten gehören.
Das aber wollte man dem Modellbauer nicht zumuten und so wird dem Bastler nun vorgeschlagen die Feile aus der Werkzeugkiste zu holen ...
und bei den Kanonen kräftig drauf los zu feilen !
Sogar verschiedene phantasievolle Varianten werden angeboten um diverse Rohrerhöhungen zu realisieren.
Beachtet dazu den unteren Teil dieser Seite ( Option 2 ):



Im folgenden Baubericht werde ich versuchen diese und andere Problemstellen des Kit etwas anders in den Griff zu bekommen.

Ich habe die Tage schon mal ein wenig angefangen um zu prüfen ob ich die übelsten Stolpersteine auch halbwegs akzeptabel beseitigen kann ...
oder ob der Kit in die Wertstofftonne zum Recycling muß.
Die 66er-Ausgabe behalte ich sowieso als Sammlerstück mit tollen Schachtelbild.
Schon mit Photodoku erfolgt ... bis jetzt sieht es so aus als ob letztere Teil eines Bauberichtes wird !
Nach jetzigem Stand kannst Du schon das Popcorn ordern ...