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Sonntag, 20. Juli 2014, 20:08

Heinkel He 70 G-1 "Blitz"

Liebe ebenfalls Modellbaubegeisterten,

heute möchte ich Euch ein kleines Projekt von mir vorstellen, mit dem ich schon lange geliebäugelt habe. Ich halte den Flieger für ein besonders eleganten Entwurf, der unverkennbar die Handschrift der berühmten Günter-Brüder trägt. Leider hat mich das Modell so manchen Nerv gekostet, so dass meine Frau den internen Projektnamen "Diva" ausgegeben hat. Ich finde ihn ausserordentlich treffend - und denke, das bedarf keiner weiteren Erklärung. :)



Es geht in diesem Baubericht um die He-70 G-1 "Blitz" in 1/72 von ICM. Auf die Vorstellung des Baukasteninhalts verzichte ich hier und verweise nur auf den externen Link.

Natürlich war es mir wieder nicht genug, das Modell nur einfach so aus der Box zu bauen. Daher mussten zwei Besonderheiten sein: drehender Propeller und Einziehfahrwerk. Letzteres war gar nicht so leicht zu machen, da die Mechanik an sich, trotz relativ vieler im Internet verfügbarer Zeichnungen und Fotos, nicht leicht zu verstehen war. Wie sollen das Hauptbein sowie 2 weitere Streben schwenkbar, also beweglich, vertüdelt werden? Irgendwann, nach 3 oder 4 Wochen, habe ich mich dann entschlossen, die eine der beiden Hilfsstrebe, die keine Abdeckung trägt, an der Radhalterung fest zu verkleben und das andere Ende frei "schweben" zu lassen. Wenn man das geschickt anstellt, liegt diese Strebe in eingefahrenem Zustand genau neben der anderen im Fahrwerksschacht und steht in ausgefahrener Position genau dort, wo man sie im Original erwarten würde. Was will man mehr?! Besagte Streben sind die hell-silbernen Teile kurz unterhalb des oberen Holmes auf dem folgenden Bild. Übrigens gehörten sie in ihrem früheren Leben einmal als Borsten zu unserem Straßenbesen. Für meine Zwecke ideal. Aber psssst, nicht weitersagen!



Viel mehr Kopfzerbrechen hat mir aber etwas anderes bereitet. Ich habe meine Klappmechanik so ausgelegt, dass das Fahrwerk im Wesentlichen an der Hauptstrebe hängt. Dazu habe ich mir ein dünnes Evergreen-Plastikröhrchen besorgt, dass stramm auf einen dünnen Messingdraht (weiß nicht mehr, ob 0,8 oder 1mm Durchmesser) passt. Dann habe ich vom Plastikröhrchen 2mm abgeschnitten und an die leicht gekürzte Hauptstrebe des Fahrwerks angeklebt. Soweit, so gut. Das eigentliche Problem war nun, die richtige Drehachse zu finden. Gemäß den Typenblättern aus dem Buch "Heinkel - Chronik und Typenblätter der Firma Heinkel-Flugzeugbau", Aviatik Verlag GmbH, 3. Auflage 1996, S. 64, müsste die Hauptstrebe des Fahrwerks im eingefahrenen Zustand eigentlich im rechten Winkel zur Flugzeuglängsachse zu liegen kommen, was die Ausrichtung im Modell sehr vereinfacht hätte. Leider ist es aber so, dass sowohl im Bausatz von ICM als auch dem von Revell (ex-Matchbox) diese Hauptstrebe deutlich nach hinten geneigt ist. Kann jemand da mal etwas Licht ins Dunkel bringen? Ich habe jedenfalls keine eindeutigen Belege gefunden, welche Ansicht nun historisch korrekt wäre. Egal, der vom Modell vorgegebene Neigungswinkel bedeutet, dass der erwähnte Messingdraht nicht parallel zu Flugzeuglängsachse verlaufen muss, sondern in einem ordentlichen Winkel. Zu allem Überfluss musste ich die Achse, also den Messingdraht, auch noch nach oben biegen, damit die Hauptstrebe in ausgefahrener Position nicht unnatürlich absteht. Im Ergebnis "schielen" die Drehachsen der Hauptbeine ganz schön nach außen und oben, man kann es auf den Bildern erahnen. Aber egal, das Fahrwerk schwenkt jetzt richtig!
Die zweite Hilfsstrebe, also die mit der Fahrwerksabdeckung, wollte ich auch mit der erwähnten Plastikröhrchen-Messingdraht-Technik versehen, aber ich sage Euch gleich: Lasst es sein, das wird nichts. Wenn die Drehachsen vom Hauptbein des Fahrwerks und die der Hilfsstrebe identisch wären - kein Problem. Hier sind sie aber nicht nur versetzt, sondern bilden auch noch einen Winkel. Um etwas Bewegungsfreiheit zu bekommen, habe ich schließlich keinen Messingdraht verwendet, sondern 3 Haare eines Handfegers. Ihr wisst schon, schwarze Borsten. So hat die Klappmechanik etwas Spielraum bekommen, ohne herumzuschlackern. Die andere Seite dieser Strebe habe ich dann mit der gleichen Borsten-Technik beweglich und elastisch an der Radabdeckung befestigt. Auf dem folgenden Bild kann man das schwarze Borstenbüschel in der Tragflächenwurzel erkennen. Und natürlich das bereits bemalte und mit Ölfarbe akzentuierte Cockpit. Wer sich nun wundert, das der Sitz auf der Sitzfläche nicht richtig bemalt ist: Das war Absicht. Udo, der zukünftige Pilot, hat sehr frühzeitig sein Interesse am Fliegen der Maschine bekundet. Und damit sein Hosenboden vorschriftsmäßig hält...



Nun zum drehenden Propeller. Der Motor verbirgt sich im weißen Röhrchen im Motorraum. Ist wirklich ein Winzling: 6mm Durchmesser und 15mm lang. "Saft" bekommt er über einen Buck-Regler. Das ist das schwarze rechteckige Teil, das hinten auf dem weißen Röhrchen mit dem Motor sitzt. Der Regler bekommt den Strom wiederum über das rote und schwarze Kabel, das unter der Passagierkabine...



nach hinten...



... zu vier SuperCaps läuft. Jeweils 2 Kondensatoren sind parallel, und diese Doppelkondensatoren dann in Reihe geschaltet. Geladen werden können die SuperCaps über die schwarze Buchse unterhalb des Seitenleitwerks. Was man nicht sehen kann ist, dass ich im Rumpf, direkt über dem Motorkühler, einen Reed-Schalter eingebaut habe. Im Kühler habe ich einen ganz kleinen Magnet (2x2x2mm³) versteckt, mit dem ich einerseits den Motor ganz bequem an- und ausschalten, andererseits aber auch den Kühler am Rumpf befestigen kann. Yes, it's mag(net)ic!



Bis dahin alles gut. Dann ging's mit den Problemen los. Wie auf dem vorigen Bild zu sehen, bekamen die frisch eingepassten (und bereits eingeklebten) Fenster über Nacht Risse. Hat jemand schon mal sowas erlebt?! Ist mir völlig rätselhaft, wie das passieren konnte. Hätte ich die Rumpfhälften gequetscht, gebogen, gestresst oder sonst irgendwas, dann hätte ich es noch verstehen können. Aber einfach so vom Liegen??? Auch das Tragflächenunterteil hatte ich zu dieser Zeit nur locker mit Tape an der Rumpfhälfte befestigt, nicht geklemmt oder so. Aber es half kein Jammern (obwohl ich's versucht habe :-)), Fenster ausgebaut (sie sind regelrecht zerbröselt) und neue gebaut. Habe lange nach geeignetem Material gesucht, letztlich fand ich die Klarsichtteile von CD-Hüllen am besten geeignet. Da die Fensterscheiben im zylindrischen Rumpf gewölbt sein sollen, habe ich die Plastikstücke mit einem Heißluftfön vorsichtig erwärmt und über einem alten Besenstiel (genau, der mit der verringerten Borstenpracht) gebogen. Dann v-o-r-s-i-c-h-t-i-g , denn auch dieses Material ist extrem spröde, die Fenster grob mit der Laubsäge ausgesägt, zurechtgefeilt und eingeklebt. Fertig!

Der Rest war dann relativ einfach zusammengebaut und wurde gemäß den Vorgaben lackiert. Auf die letzte versiegelnde Schicht Klarlack wollte ich dann die Decals aufbringen. Ging aber nicht, denn sie sind beim einweichen einfach zerbröselt. Kurz geärgert (aber gründlich), dann einen Revell-Bausatz bestellt und dessen Decals benutzt. Das hatte außerdem den Vorteil, dass ich die grauen Flächen auf den Tragflächen in Rumpfnähe nicht lackieren musste, sondern die Decals benutzen konnte. So erklärt sich auch, dass ich die "D-UTIM" gebaut habe und nicht die "D-UNEH" oder "D-UZUH" des ICM-Bausatzes. Dieser Austausch von Teilen ist nicht immer zu empfehlen, da sich die Bausätze, auch wenn sie die gleichen Modelle darstellen, doch unterscheiden (Position der Fenster zum Beispiel). Aber egal, mit etwas gutem Willen ist alles machbar. Als die Decals dann endlich am Modell dran waren, fiel mir auf, dass der schmale helle Seitenstreifen im breiten schwarzen Rumpfband auf den Decals nicht weiß, sondern farblos ist. So schien natürlich der Untergrund durch, den ich zwischen den Fenstern nicht lackiert hatte. Na toll. Habe die Situation schließlich damit gerettet, dass ich mir mit dem Originallack auf einem Rest Decal-Trägerpapier einfach diese dünnen silbernen Streifen selber "gedecalt" habe. Dass sie dann, nach einer dezenten Alterung, beim abschließenden Versiegeln mit Klarlack mangels Klebkraft (offenbar durch das Revell-Aqua wieder angelöst) sich wieder ablösten, will ich nur am Rand erwähnen. Ich sagte ja bereits, das Modell ist eine waschechte Diva. Mit viel Geduld habe ich die Streifen mittels Lack und Zahnstocher wieder in Position gebracht. Dafür war der Lack (Revell Aqua Color glänzend und matt, 1:1) für meinen Geschmack zu matt:

Liebe Grüße von nochsonBastler.

"Das erinnert mich an den Mann, der sich splitternackt auszog und in einen Kaktus sprang."
"Warum hat er das getan?"
"Er hielt das damals für eine blendende Idee!"

("Die glorreichen Sieben", Mirisch/Alpha, 1960)

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Sonntag, 20. Juli 2014, 20:18

(Hier Teil 2, da mein Bericht mehr als 10.000 Worte hatte...)

Also nochmal glänzend drüber, dann ging's.
Und damit Ihr seht, dass es eine wirkliche Diva ist, die da entstand, hier nur eine Liste, was danach noch so alles schief ging:
- Rad abgefallen
- Motor lief nach Endlackierung nicht mehr
- beim Ausbau ist dann auch der Regler "gestorben" - Beinchen abgegangen
- Hauptfahrwerksstrebe vom Evergreen-Röhrchen abgebrochen
- Fahrwerksrestabdeckung abgebrochen

Seufz.

Habe aber alles wieder in Ordnung gebracht und kann euch hier nun doch ein paar Bilder zeigen. Ich hoffe, sie (die Diva) gefällt bzw. sie (die Bilder) gefallen Euch:



Eine Besonderheit einiger "Blitze" war, das die Radrestabdeckungen nicht am Tragflügel, sondern an der Radhauptabdeckung angeschlagen waren. Das habe ich selbstverständlich auch so gebaut. Ein Stück Kanüle einer Spritze auf einen dünnen Messingdraht geschoben, den Draht zu einem eckigen "U" geformt und an beide Teilabdeckungen geklebt. Schon waren auch die Restabdeckungen beweglich!



Nun aber einsteigen!



Warten auf Startfreigabe.



Überflug kurz nach dem Start...



... und dann mit eingezogenem Fahrwerk...



Hier ist Flugkapitän Udo in seinem Cockpit zu erahnen:



Und noch ein paar Bilder in den Wolken:





Liebe Grüße von nochsonBastler.

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("Die glorreichen Sieben", Mirisch/Alpha, 1960)

Beiträge: 255

Realname: Erik

Wohnort: Frankfurt am Main

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3

Sonntag, 20. Juli 2014, 21:53

Hallo Dirk.

1A - Modell was Du da gebaut hast!
Allerhöchsten :respekt: !

Die eingebaute Fahrwerksmechanik und der funktionierende Propeller lassen auch erahnen wieviel Arbeit und Einfallsreichtum hier drin stecken. Die Sache mit den Fenstern ist mir so auch noch nicht passiert. Echt rätselhaft wo da die Spannungen entstanden sein könnten. Aber Deine selbst hergestellten Kabinenfenster sind auch nicht von schlechten Eltern :ok: :ok: Deine Präsentation finde ich auch gelungen.

Grüße, Erik

Zitat

"Destiny is not a matter of chance - it is a matter of choice. It is not a thing to be waited for - it is a thing to be achieved."
(William Jennings Bryan)

4

Sonntag, 20. Juli 2014, 23:10

Echt ein super Modell :ok:
Aber ich hätte noch eine Frage:
Wie hast du es geschafft das Flugzeug in der Luft zu fotografieren?
Das würde mich sehr interessieren.
Eins habe ich in Mathe gelernt,geht es zu leicht ist es falsch!

5

Montag, 21. Juli 2014, 09:31

Moin Dirk.

Tolles Modell und tolle Präsentation. :thumbsup: Besonders gut gefällt mir das Flugbild von vorne oben. Das mit den Spannungsrissen ist materialbedingt. Bei harten Kunststoffen sind geringe Beschädigungen möglich, die noch nicht einmal mit bloßem Augen zu erkennen sind. Hier treten Spannungen auf, die dann beim Erwärmen und Biegen die Struktur verändern. Nach dem Abkühlen kommt es dann zu einem Spannungsriss, den Du beim besten Willen nicht vermeiden kannst. Das was Du danach gemacht hast, nämlich Neuanfertigung, ist die einzige Möglichkeit.
Schöne Grüße,
Bernd

"Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gerne mein Problem zurück."

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Montag, 21. Juli 2014, 21:09

Erstmal vielen Dank für Eure netten Kommentare. :rot:

@ Maxim:
Das mit dem Flugfotos ist eigentlich ganz einfach. Schlüsselwort ist hier <Glasplatte>. Die habe ich aus einem Bilderrahmen, der wiederum aus einem ein-Euro-Shop kommt. Das Glas ist was ganz einfaches, also kein Anti-Reflex oder so.
Für die Fotos "von unten" habe ich die Glasplatte auf zwei gleich hohe Tische gelegt, so dass die Platte auf beiden Enden aufliegt. Dann den Flieger in die Mitte der Platte gelegt, mich direkt darunter, also zwischen beide Tische, gezwängt und gen Himmel geknipst. Übrigens kann
man den Schattenrand des Tagflügels, der durch Reflexion des Sonnenlichtes von der Glasoberfläche auf die Unterseite des Tragflügels erzeugt wird, im Bild "von unten mit dem ausgefahrenen Fahrwerk" in Höhe des Fußes des Ts des Kennzeichens sehen (es ist also kein Lackierfehler! ^^ )

Für die "Wolkenfotos" habe ich eine Holzplatte mit Grasteppich beklebt, an den Rändern zwei Pappschachteln als Abstandshalter (ca. 10 cm hoch) hingelegt und zum Schluss die Glasplatte auf die Schachteln aufgelegt. Dann habe ich meinen Spezial-Flügelhalter



- gebaut aus etwas Plastik-Sheet und einem Draht - genommen, den Draht des Halters (links sieht man ihn etwas) in ein Stück weißes Styropor gepiekst, auf die Glasplatte gelegt, Tragfläche des Fliegers in den Spalt des Halters (s. Bild) gesteckt und zum Schluss alles mit Watte dekoriert.

Das Fotografieren ist dann ein Kinderspiel. Nur sollte man bedenken, dass ohne Polfilter bei Glasoberflächen absolut nichts läuft. Ohne Filter - nur Reflexionen... Im witzigsten Falle kommt eventuell noch ein Selbstportrait heraus :rolleyes: .

Ferner muss ich gestehen, dass für meinen Geschmack nichts an natürliches Sonnenlicht herankommt. Das heißt, ich muss mein Set draußen aufbauen und bin auf Sonnenschein angewiesen. Das findet man nicht jeden Tag. Damit nicht genug, es darf auch nicht windig sein, wegen der Wattewolken. Und wenn dann alles stimmt, kommt doch sicher ein ungebetenes Insekt daher, setzt sich auf meine frisch drapierten, himmlischen Wattewolken... und versaut mir die Aufnahme. :motz:

Na egal, manchmal klappt's ja auch. Ich nutze übrigens die Blendenvorwahl, um Kontrolle über die Tiefenschärfe zu haben. Die Belichtungszeit ergibt sich dann und sollte mit der Propellerdrehzahl harmonieren, sonst sieht man den Propeller überhaupt nicht (zu lange Belichtung) oder er scheint zu stehen (zu kurze Belichtung). Hier hat der Polfilter noch eine andere Funktion: er wirkt gleichzeitig als Graufilter, so kann ich - trotz der prallen Sonne - relativ lange Belichtungszeiten wählen, so dass der Propeller auch etwas Bewegungsunschärfe zeigt.

Jo, mehr isses eigentlich nicht...
Liebe Grüße von nochsonBastler.

"Das erinnert mich an den Mann, der sich splitternackt auszog und in einen Kaktus sprang."
"Warum hat er das getan?"
"Er hielt das damals für eine blendende Idee!"

("Die glorreichen Sieben", Mirisch/Alpha, 1960)

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Dienstag, 22. Juli 2014, 10:23

Okay,danke! :ok:
Eins habe ich in Mathe gelernt,geht es zu leicht ist es falsch!

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