Den Tamiya Ferrari F1-2000 im Maßstab 1/20 habe ich erstmals kurz nach seinem Erscheinen gebaut. Seinerzeit nur als „Standardbausatz“ ohne Photoätzteile und mit den Farben, die ich damals von Revell schon hatte. Viel zu dem Bausatz gibt es nicht zu sagen. Gewohnte Tamiya Qualität, mittelmäßig viele Teile, sehr gute Bauanleitung. Die mitgelieferten Decals sind Spitze, theoretisch bräuchte man keine weiße Farbe. Auch die Metallklebefolie (Hitzeschilde für die Hinterradaufhängung) lassen sich super verarbeiten und sind in ausreichender Menge vorhanden (Schablone für die Bamaßung in der Anleitung enthalten). Die Fahrzeugbausätze von Tamiya haben mich seither fasziniert und ich habe im Laufe der Jahre mehrere Klassiker (Mercedes C9, Mercedes CLK-GTR und diverse Formel 1 Fahrzeuge) gebaut. Beim Surfen im Internet durch diverse Modellbauforen und Zubehörshops bin ich auf Bilder des F1-2000, gebaut von A.J. gestoßen, mit welchem er 2006einen Preis von Tamiya gewonnen hat. Der Spruch „you won´t get bored looking at it for hours“ traf auf sein Meisterwerk mehr als zu. Davon angeregt habe ich entschlossen, Schumis erstes WM-Auto für Ferrari erneut zu bauen. Diesmal allerdings mit dem Super Detail Up Set und zusätzlichen Photoätzteilen, Marlboro Decals, einer kompletten Farbpalette und dem richtigen Werkzeug. Leider habe ich nirgendwo einen kostenlosen Baubericht gefunden. Nur vereinzelte Bilder.
Meine Modellbaukarriere habe ich als kleiner junge mit Revell Flugzeugen angefangen. Damals wollte ich immer den AMT/Ertl Airwolf haben, war aber noch viel zu klein, so dass mein Vater mir den bauen musste. Später kam dann auch mal ein Auto dazu und seit ich den ersten Tamiya Bausatz gebaut habe, gibt es für mich bisher nichts Vergleichbares. Ich muss gestehen, dass ich noch nicht so viele andere Marken getestet habe, aber von der Passgenauigkeit her, konnte ich bisher nichts Vergleichbares finden. Ich baue zirka einen Bausatz im Jahr.
Angefangen hat dieses Projekt mit gefühlten 1000 Stunden Research im Internet und Fotosuche. Anschließend habe ich mir eine Liste gemacht, was ich an Material noch zusätzlich benötigen würde und versucht, Preise zu vergleichen. Bei den schwankenden Portokosten hat es am Ende allerdings mehr Sinn gemacht, alles bei nur zwei Händlern zu bestellen, auch wenn diese in bestimmten Artikeln höherpreisig waren. Da ich immer neue Dinge im Netz gefunden habe, bin ich letztendlich auf sieben Onlinebestellungen gekommen und hatte am Ende Summen ausgegeben, die den Preis des Bausatzes um mehr als das zehnfache überschritten haben. Ich wollte so nah wie möglich an das Original kommen und die scheinbar unerreichbare Messlatte des Modells von A.J. hat zusätzlich den Ehrgeiz geweckt. Hätte die Firma Exoto ihr angekündigtes Modell in 1/18 nicht gestrichen, hätte ich mir die Mühe nicht gemacht.
Mein einziges konstantes Hobby der letzten 16 Jahre ist das Airbrushen. Daher weiß ich, dass es viel Arbeit, Übung und dir richtige Materialwahl ist, die ein ordentliches Lackfinish ermöglicht. Auf den Anleitungen sehen selbst die Schwarz-Weiß-Bilder des fertigen Modells so satt aus, dass ich mich immer gefragt habe, wie die das nur machen. Ich habe mich am Ende für das Tamiya Sprühdosen-System entschieden. Grundierung, Farbe und Klarlack sollten wohl gut zusammen funktionieren und grobe Überraschungen sollten ausbleiben. So der Plan… Erstmals habe ich auch mit Decals gearbeitet, die nicht dem Karton entsprungen sind. Dazu noch Mr. Mark Setter und Mr. Mark Softer. Diese beiden Helfer bedürfen ein wenig Erfahrung und Übung, da gerade der Softer mit Vorsicht zu genießen ist. Decals werden wirklich „soft“ und gehen dann sehr schnell kaputt. Nach dem Abtrocknen liegen die Decals allerdings perfekt an, man darf sie nur nicht berühren, solange der Softer noch nass ist. Nach der Versiegelung mit Klarlack gibt es auch keine Probleme, wenn man die erste Lackschicht nicht zu dick aufträgt. Ansonsten kann es passieren, dass die Abziehbilder „krisselig“ werden oder die Farbe an den Rändern ausgewaschen und verwischt wird. Mit dem Decalfix habe ich bei einem anderen Modell die Erfahrung gemacht, dass Klarlack hinterher unterschiedlich auf mit Decalfix bestrichenen Flächen reagiert als auf denen, die nur farbig lackiert wurden. Wobei man sagen muss, dass der Klarlack auf einer Schicht Decalfix sehr viel besser aussieht, wie eine Glasschicht, einfach realistischer.
Die Tamiya Acrylfarben zum Pinseln habe ich vorher auch nie benutzt. Hier handelte es sich um eine Premiere für mich. Mein Eindruck war zwiegespalten. Gut finde ich die Trockenzeit, weniger gut die Reaktionen auf den Klarlack, welcher die Farbe immer transparent werden ließ. Da die Sprühfarben und die Pinselfarben eine unterschiedliche Basis haben empfehle ich, erst zu sprühen und anschließend zu Pinseln. (Eigentlich logisch). Auf der gesprühten Farbe kann man gepinselte Patzer leicht mit dem Tamiya Verdünner und einem Wattestäbchen ausbessern. Der Sprühlack wird vom Verdünner nicht angegriffen.
Eine weitere Premiere war das Arbeiten mit dem Micromesh System. Ein wahres Wunder! Gut, die 15 Euro für die Polishing Sticks hätte ich mir sparen können, da diese so gut wie keinen Einsatz hatten. Mit den Schleifpapierbögen lassen sich absolut glatte Oberflächen schaffen, die für ein glänzendes Lackfinish unumgänglich sind. Ich habe 2000, 4000, 6000, 8000 und 12000er Körnung benutzt. Für den Ferrari habe ich 240 ml rote Farbe, gut 200ml Grundierung und 150ml Klarlack versprüht und verschliffen. Ich habe erst darüber nachgedacht, den Wagen zu airbrushen, habe aber keine Lösungsmittel für den Tamiya Sprühlack gefunden und entschieden, die Dose zu nehmen und nicht in die Airbrush umzufüllen. Dadurch brauchte ich zwar hundert Mal mehr Farbe, musste aber nie die Pistole reinigen und konnte schnelle Farbwechsel vornehmen. Die Sprühfarben von Tamiya kann ich nur empfehlen. Sie sind absolut satt und trocknen relativ zügig. Wie bei jedem Lackieren sollte allerdings auch hier mit einer hellen Grundierung und absolut fettfreiem Untergrund gearbeitet werden, um ein möglichst gutes Ergebnis zu bekommen und die Farbe nicht an Echtheit verlieren zu lassen.
Beim Spachteln konnte ich keinen unterschied zwischen dem Tamiya Putty und der Revell Spachtelmasse feststellen. Für die Auspuffrohre habe ich den Tamiya Putty verwendet, um Schweissnähte zu immitieren. Die feine Politurpaste von Tamiya habe ich am Ende nicht mehr benötigt, weil ich ordentlich geschliffen habe und die Oberfläche auch ohne zusätzliche Politur ordentlich glänzt.
Die meisten Probleme hatte ich mit dem Frontflügel. Der dünne rote Streifen ganz Vorne hat mich um den Verstand gebracht. Eigentlich eine der leichtesten Übungen, Maskierfilm drauf, sprühen, fertig… aber wenn dann doch Lack unter den Film läuft, dann hilft es nur noch, alles wieder abzuschleifen und von neuem zu beginnen, grundieren, schleifen, grundieren, schleifen, weisse Farbe, schleifen, weisse Farbe, maskieren, rote Farbe. Leider ist mir bei einem „Shell“-Decal auch ein Unfall mit dem Mr. Mark Softer passiert. Ich wollte das Decal noch minimal in der Platzierung korrigieren als der Softer schon zugeschlagen hatte. Mann kann ein Decal dann ziehen wie einen Kaugummi. Neben diesem Schönheitsfehler ist noch einer an der Lufteinlasshutze über dem Helm des Fahrers. Hier habe ich versehentlich einen schwarzen Fleck mit versiegelt. Die Airbox zeigt noch Spuren meiner ersten Erfahrungen mit Tamiya Pinselfarben und 2 K Klarlack… sieht nun leicht verwaschen aus, aber ich rede mir ein, dass es „benutzt“ aussieht. Damit kann besser ich leben. Bei der Verkabelung und den Ätzteilen stört es mich immer wieder, dass durch hinterbliebenes Fingerfett in Reaktion mit Sekundenkleber leichte weißliche Trübungen zu finden sind. Diese lassen sich zwar retuschieren, allerdings ist dann auch ganz schnell wieder ein Ätzteil ab und verloren. Die Anleitung des Super Detail Up Sets ist eher wenig hilfreich. Man hat nur Bilder des Endproduktes, keine genaue Beschreibung, so gut wie keinen Text. Gerade beim Umgang mit Resin muss beachtet werden, dass nicht alle Farben darauf halten und auch nicht jeder Kleber funktionieren wird. Wahrscheinlich ist das einfach für Profis, die das alles vorher wissen. Bei einem Preis von gut 50 Euro hätten die Hersteller meiner Meinung nach ruhig eine Anleitung spendieren können. Alleine der Zusammenbau der Gurte hat mich zwei Tage gekostet. Eine unglaubliche Frickelei war das. Man sitzt da mit Pinzetten, Skalpell, Miniklammern, Zahnstochern und Sekundenkleber, ständig auf der Suche nach umherkullenrden Miniteilchen und Stiften. Wie oft habe ich etwas gesucht, obwohl ich es in der Hand hatte oder es genau vor mir lag. Großes Kopfzerbrechen bereitete auch eine englische Anleitung, die den Ätzteilen von Scale Motorsport (?) beilag. Es geht um die winzigen Ätzteile, die auf einem Gummi aufgeklebt sind. Diese sollten mittels „laquer bath“ abgelöst werden. Ich spreche eigentlich recht gut Englisch und übersetze auch beruflich öfters englische Texte, aber darunter konnte ich mir nichts vorstellen. Auch auf Nachfrage beim Hersteller kam keine klare Antwort. Ich habe die Teile einfach vorsichtig runtergefummelt und zum Glück auch keins zerstört… Wenn einer von Euch weiß, was unter einem „Lackbad“ zu verstehen ist, kann er es mir ja verraten… Ich habe vorsichtshalber Abstand davon genommen, Teile in Lack zu baden… ;-)
Insgesamt habe ich ungefähr 200h Arbeit in das Modell gesteckt und bin das ein oder andere Mal verzweifelt, weil ich nicht annähernd an A.J.s Ferrari rankommen konnte. Dass er nicht genauso werden würde, war mir klar, aber teilweise hätte ich mir mehr Ännäherung erhofft. Nachdem ich mich nun schon zum zweiten Mal an dem Ferrari versucht habe, muß ich immer wieder sagen, wie unglaublich genial ich das Modell von A.J. finde. Bis heute habe ich nie eine bessere Arbeit gesehen. Zwar viele, die auf ihre Art immer wieder hervorstachen und tolle Einzelheiten hatten, aber kein so vollkommen geniales Modell. Was ich auch nicht wusste, ist, dass es mittlerweile fast Alles gibt, um ein Modell wirklich realistisch aussehen zu lassen. Enorm was der Markt anbietet und wie viel Geld man in so ein Modell stecken kann. Von der kleinsten Schraubenkopfimmitation bis hin zur Stahlflexleitung mit Textilgewebeummantelung. Dabei habe ich schon darauf verzichtet, Carbon-Decals zu verwenden und mit den Photoätzteilen stand ich auch des Öfteren auf Kriegsfuss. Die Gravitation scheint bei diesen Miniteilchen sehr viel stärker zu sein. Gute 12% der Bauzeit habe ich mit einer Lampe zwei Zentimeter über dem Teppich verbracht auf der Suche nach verschollenen Ätzteilen. Ätzteile finde ich wirklich ätzend. Ich kann die Diamantfeile für das Nachbearbeiten der Ätzteile nur empfehlen. Auch diese hatte ich von Tamiya und bin sehr zufrieden damit. Eine Biegehilfe habe ich nicht verwendet. Da habe ich mir mit einer Flachzange und allem, was so auf dem Tisch rumlag geholfen. Ein Handbohrer-Set für Bohrer bis 0.2mm habe ich ebenfalls von Tamiya verwendet, besser eignet sich allerdings ein PROXXON Handbohrer oder Dremel oder Ähnliches.
Es gab Momente, an denen ich gerne Alles in die die Tonne geworfen hätte. Am Ende habe ich mir einfach meinen damals gebauten Ferrari daneben gestellt und den als Maßstab genommen, den es zu schlagen gilt. Ich konnte während des Baus sehr viele Erfahrungen und Erkenntnisse sammeln, was man besser nicht machen sollte und was nicht funktioniert. Diese werden in mein nächstes Projekt einfließen (1/20 Benetton Ford B192 von Tamiya). Aber erstmal bin ich froh, dass ich wieder an meinem Esstisch essen kann, und nicht auf die Küche ausweichen muss. Des Weiteren macht dieses Hobby sehr einsam. Man geht nicht ans Telefon, der erste Weg nach Feierabend führt in die „Werkstatt“. Hätte ich keine Fernbeziehung, die mir die Arbeitstage für das Hobby lässt, dann wäre ich jetzt sicherlich wieder solo. Obwohl meine Freundin mich sehr lieb unterstützt hat und ich sogar ein paar Pinzetten von ihr bekommen habe…
Und ich kann jetzt wieder ins Bett gehen, ohne die Gedanken permanent darum kreisen zu lassen, ob sich noch was verbessern lässt, ob es jetzt gut genug aussieht und ob ich alles gegeben habe. Man kann sich wirklich in so einen Bau reinsteigern. Das artet immer ein bisschen aus bei mir…
Auf Grund einer fehlenden Digitalkamera mit ausreichend Auflösung war es mir leider nicht möglich, einen Baubericht in Tagebuchform zu liefern, deshalb poste ich hier nur das Ergebnis der letzten drei Monate mit der freundlichen Unterstützung meines befreundeten Super-Kamera-Besitzers.
Als letztes jetzt noch ein Bild von dem ersten F1-2000, welchen ich anfangs erwähnt habe...
Ich hoffe, mein Modell gefällt Euch.