Hallo zusammen
Nach meinem Monster-Bike habe ich einen Zeitsprung
in die Vergangenheit unternommen: Ein seltener Weißmetallbausatz einer AJS 7R
350ccm im Maßstab 1:8. Den Kit hatte ich bereits vor einigen Jahren erworben -
in denkbar schlechtem Zustand. Neben schlechter Verarbeitung und einer
leidlichen Pinsellackierung war das Modell offensichtlich einmal abgeflogen.
Gabel und Rahmen waren verbogen, Kleinteile waren abgebrochen oder fehlten. War
die AJS überhaupt zu retten? Ok, für rund 30,-€ konnte ich das Experiment riskieren.
Original verpackte Kits liegen mittlerweile, falls überhaupt zu finden, bei
350,- bis zu 700,-€. Dafür kriegt man dann zumindest etwas fürs Auge, so hübsch
und fein säuberlich präsentiert:
Bei meinen Recherchen stieß ich auf einen
Baubericht von Peter "Plastinator", der dieses Modell schon vor über
10 Jahren akkurat vollendet hatte. Mit seinen wertvollen Tipps konnte ich mir
ein gutes Bild davon machen, worauf ich mich da einlassen würde. Um es gleich
vorwegzunehmen: Die Machart ist absolut plump im Vergleich zu modernen
Weißmetall-Kits oder auch der Norton von RAE Models, die Peter gerade begonnen
hat. Ob die Rahmengeometrie realitätskonform ist, darf zumindest bezweifelt
werden, auf Originalfotos sieht die Maschine ein wenig gestreckter aus. Also
musste ich mir schon etwas einfallen lassen, um diesem Schrotthaufen wieder
Leben einzuhauchen.
Hier zunächst die Ausgangssituation:
Auch der Rahmen hatte ziemlich gelitten. Nach
weiterer Zerlegung sah es so aus:
Hier sieht man die Krümmung der Standrohre, was
entweder auf einen Sturzschaden deutet, oder der Vorbesitzer hatte versucht,
die ursprünglich vorhandene Federung der Telegabel auszuprobieren. Dafür ist
jedoch die Legierung viel zu weich.
Hier der Motor mit dem klobigen Zylinder. Dazu später mehr.
Bis hierher konnte das Modell ohne große
Kraftanstrengung zerlegt werden. Bräunliche Klebereste weisen auf Uhu Plus oder
Ähnliches. Zunächst mussten die lackierten Teile von ihrem in die Jahre
gekommenen Kleid befreit werden. Mit dem Sandstrahler (Glasperlen /
Glanzstrahlen) konnte das recht gut und gründlich erledigt werden. Die Bilder
zeigen den Zustand vorher und nach dem Sandstrahlen.
Als Nächstes wurde der Rahmen gerichtet. Das Rückenteil ist im Bausatz plan,
auf Fotos von Originalmaschinen scheint jedoch der Heckrahmen mit seiner
Schleife einen leichten Schwung nach oben zu nehmen. Die Unterzüge wurden
begradigt und ausgerichtet, die Hälften des Gabelkopfes wurden vorsichtig
zurechtgebogen und adaptiert.
Was also tun mit dem Rahmen? Peter hatte in
seinem Bericht auf die Schwierigkeiten hingewiesen, wenn Motor, Öltank und
Schwinge - mit aufgefädelter Kette - gleichzeitig zwischen die Rahmenhälften
plaziert und fixiert werden sollen, dazu das Rückenrohr und die Querstrebe
unterhalb des Lenkkopfes. Das wollte ich mir nicht antun, ich habe nur 2 Hände.
Folglich mussten Motor und Schwinge zur nachträglichen Montage modifiziert
werden. Bei Tamiya und Co. funktioniert das ja auch nachträglich. Die Lösung
lag für mich auf der Hand: Die Rahmenhälften mit Rückenrohr und Querstrebe
wurden vorab verlötet. Das brachte wiederum eigene Herausforderungen mit sich:
Nehme ich einen zu starken Lötkolben, schmilzt der Rahmen weg. Mit dem 25W-
Kolben blieben einige Lötstellen erstmal kalt, und ich durfte nacharbeiten.
Vielleicht hätte ich das beim Kauf gesparte Geld in eine Lötstation mit
Temperatursteuerung investieren sollen
Das Lötzinn wollte auch nicht einfach in
den Lötspalt einschießen, die Lötstellen musste ich jeweils vorsichtig
anschmelzen. Am Ende hat's doch noch funktioniert. Der Lenkkopf mit seiner
dünnen Materialstärke musste natürlich besonders liebevoll behandelt werden.
Die Lösung: Niedrigschmelzendes Lot mit 138° Schmelztemperatur. So sah es vor
der Nachbearbeitung aus, Blick auf den Öltank und den Lenkkopf:
Der fertige Rahmen war jetzt stabil genug, um ihn für kleine Korrekturen z.B.
an den Motoraufnahmen zurechtzubiegen.
Damit sind wir wieder beim Thema
nachträgliche Montage des Motors. Dort waren zunächst vorne kleine Zapfen mit
angedeuteten Schrauben, die durch Löcher in den Halterungen am Rahmen gesteckt
werden. Die Löcher wurden mit Lötzinn gefüllt und verschliffen, danach kamen
neue, kleinere Bohrungen mit 2mm DM. Die Zapfen wurden entfernt. Dazu später
mehr.
Den merkwürdigen Grat am Öltank hatte ich schon bemerkt, aber auf Originalaufnahmen ist davon nichts zu sehen. Also entfernte ich ihn und glättete die Unterseite.
Der Anfang war gemacht. Als Nächstes war der Motor an der Reihe. Demnächst dann mehr.
Euer Modell-Retter Reinhard